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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft
Autoren: Amanda Cross
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erzählen, und niemand, niemand auf Gottes schöner Erde, wird mir das jemals glauben. Das ist also die Welt der Gelehrten, zu der ich so gern gehören will!«
    Kate lachte. »Nun, laut T. S. Eliot ist Auden kein Gelehrter, wissen Sie.«
    »Eliot liebte seine Gedichte.«
    »Selbstverständlich. Trotzdem bestand er aber darauf, daß Auden kein Gelehrter sei. Jemand hat ihn einmal gefragt, warum, und Eliot hat geantwortet: ›Ich habe die Einleitung zu einer Auswahl von Tennysons Gedichten gelesen, die er geschrieben hat, und dort stand, Tennyson sei der stumpfsinnigste Dichter im englischen Sprach-raum. Wenn Auden ein Gelehrter wäre, wären ihm bestimmt noch stumpfsinnigere Dichter eingefallen‹. Und wenn Sie, Mr. Cornford, so lange an dieser Universität wären wie ich, dann wüßten Sie, daß es besser ist, wenn eine erstklassige Arbeit hinter einer Prüfungsfarce steckt, und das ist bei Ihnen der Fall, als daß, wie ich es oft genug erlebt habe, einer ein brillantes Examen hinlegt, aber die Doktorar-beit eine Farce ist.«
    »Dann hat Auden also recht«, sagte Mr. Cornford. »›Auch trockener Weizen bringt, gegen alle Erfahrung, Körner hervor.‹ Aber, mein Gott – ›Hat Ihr Mr. Auden in China Kalkstein gefunden?‹«
    machte er Mr. Chang nach.
    Kate verabschiedete sich am Haupteingang von Mr.
    Cornford; er mußte noch die Maschine um Mitternacht erreichen.
    Was für ein Tag, dachte sie. Aber er hatte seine lustigen Momente gehabt, sagte sie sich und kicherte leise bei dem Gedanken an Pro-21

    fessor Chang. Gott schütze ihn.
    »Haben wir denselben Weg, meine Dame?« hörte sie eine Stimme. »Oder, genauer gesagt, darf ich mich anschließen?« Ein Mann, der offensichtlich auf sie gewartet hatte, zog schwungvoll die Bas-kenmütze und verbeugte sich. »Bill McQuire ist mein Name«, sagte er. »Erinnern Sie sich an mich? Institut für Wirtschaftswissenschaft.
    Statistik ist mein Spezialfach. Ich habe Ihnen einmal gesagt, daß ein paar Daten, mit denen Sie arbeiten wollten, für sich genommen nichts Bedeutendes enthüllen würden.«
    »Ich will mir gerade ein Taxi nehmen«, sagte Kate. »Kann ich Sie irgendwo absetzen?«
    »Ich würde gern mit Ihnen reden«, sagte McQuire, »und zwar über eine ganz persönliche Angelegenheit. Darf ich Sie zu einem Drink einladen?«
    »Ist es wirklich so wichtig? Ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir.«
    »Sehr wichtig. Dekan Frogmore hat den ganzen Tag über versucht, Sie zu erreichen, aber Ihr Telefon wurde nie abgehoben. Also wurde ich bestimmt, mich hier aufzustellen und Sie abzufangen, wenn Sie mit der Prüfung fertig sind. Ich hoffe, der Kandidat hat gut abgeschnitten.«
    »Er übertraf meine kühnsten Hoffnungen«, antwortete Kate.
    »Worum geht es denn?«
    »Mir ist klar«, sagte McQuire, »daß ich vielleicht nicht der ideale Mann bin, um Ihnen diese Angelegenheit zu erklären. Aber ich muß-
    te zugeben, daß ich Sie kenne. Haben Sie schon mal von Boulding gehört?«
    »Das ist nicht zufällig eine Figur aus einem Roman von Bulwer-Lytton oder ein Bürger eines afrikanischen Entwicklungslandes?«
    »Er ist ein Wirtschaftswissenschaftler, und er hat eines der gro-
    ßen Gesetze der heutigen Zeit formuliert: Wenn etwas existiert, muß es auch möglich sein. Genau deswegen wollte ich mit Ihnen sprechen: Es gibt nämlich etwas, das tatsächlich existiert, aber von dem alle Welt behauptet, es sei unmöglich.«
    »Ich habe immer gedacht«, sagte Kate, »daß ihr Sozial- und sons-tigen Wissenschaftler euch ein Zitat von J. B. S. Haidane an die Wand hängen solltet: ›Woher weißt du, daß der Planet Mars nicht von einem Engel herumgeschleppt wird?‹ Drückt es mein abgrund-tiefes Vertrauen in Ihre ritterlichen Qualitäten aus, wenn ich Sie zu einem Drink bei mir einlade?«
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    »Aber gewiß«, sagte Bill McQuire und hielt ein Taxi an. »Noch dieselbe Adresse?«
    »Dieselbe Adresse«, sagte Kate. »Und wer, zum Teufel, ist Dekan Frogmore?«
    Kate hatte Bill McQuire vor etwa fünf Jahren um Rat gefragt, als die Zulassungsstelle für das Graduiertenstudium sie in einen Ausschuß geschickt hatte, der die alten Regeln für die Zulassung überprü-
    fen und neue entwickeln sollte. Zum erstenmal in ihrem Leben war Kate damals mit Statistiken konfrontiert und wußte nicht, was sie mit ihnen anfangen sollte. Sie hatte aber das ausgeprägte Gefühl, daß entweder die Zahlen oder die Schlüsse, die daraus gezogen wurden, fehlerhaft waren. Jemand hatte ihr vorgeschlagen, einen
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