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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft
Autoren: Amanda Cross
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Statistiker zu Rate zu ziehen und Bill McQuire empfohlen. Professor McQuire hatte sich dann sehr bald als eine neue statistische Größe in Kates Leben entpuppt. Er war der einzige Mann, der ihr ziemlich gut gefallen hatte, mit dem sie jemals auf der Basis einer zehnstündigen Be-kanntschaft ins Bett gegangen war und dem sie dann nie wieder begegnet war.
    Natürlich hatten sie sich gelegentlich an der Universität gesehen, im Club der Fakultät zum Beispiel und einmal in einer Prüfungs-kommission, als Kate einen Studenten hatte, der sich irgendein abst-ruses Thema über den Zusammenhang von Ökonomie und Literatur ausgesucht hatte. Die beiden begrüßten sich bei solchen Gelegenheiten nicht nur mit der freundlichen Höflichkeit, die die Umgebung erforderte, sondern auch mit dem freundlichen Desinteresse, das beide füreinander fühlten.
    In Kates Wohnung angekommen, ließ sie McQuire im Wohnzimmer allein, wo er sich einen Drink mixen sollte. Es war ein Raum, dachte Kate, der Audens Zustimmung gefunden hätte: Makellose Räume,
    wo nirgends etwas herumliegt,
    lassen mich frösteln, aber auch Tassen, die als Aschenbecher dienen oder verschmiert sind von Lippenstift: Heime, für die ich mich erwärme, strahlen zwar selten Reichtum aus, aber geben einem immer das Gefühl, hier werden Rechnungen prompt bezahlt, mit Schecks, die nicht platzen.

    McQuire schien der gleichen Meinung, denn er räkelte sich woh-23

    lig in ihrem Knoll-Sessel, als sie zurückkam. »Es ist zwar außerordentlich ungalant von mir, das zu sagen«, er lachte, »aber als ich Ihre Hausbar öffnete, hatte ich ein wunderbares Déjà-vu-Erlebnis. Mir fiel ein, daß ich vor Jahren schon einmal hineingeschaut und gedacht habe: Mein Gott, Jack Daniel’s, und genau das habe ich heute wieder gedacht. Was darf ich Ihnen einschenken?«
    Kate bat um einen Scotch. Sie sah ihm zu, während er einschenk-te. Wie alt mochte er jetzt sein? Irgendwo zwischen fünfundvierzig und fünfzig? Sein gelocktes Haar war dünner und grau geworden; wenigstens färbt er es nicht, dachte Kate und war überrascht, daß sie so etwas überhaupt dachte. Bill hatte seine Locken immer länger getragen, als es der Mode entsprach – er war einwandfrei der Typ Lord Byron –, und jetzt, da die Mode ihn überholt hatte, wirkte er merkwürdig mehr aus der Mode als vorher. Sein Gesicht war zer-furcht, und die Falten sprachen dafür, daß er seit langem und heftig trank. Als er sich mit dem Glas in der Hand umdrehte, merkte er, wie sie ihn anstarrte. »Porträt eines alternden Weiberhelden«, sagte er.
    »Verbraucht, aber nett. Wenn Sie die schreckliche Wahrheit wissen wollen, ich mag sie immer jünger und jünger, ich bin in Gefahr, ein schmutziger alter Mann zu werden. Humbert Humbert, Euch gilt mein Mitgefühl. Nein, wirklich«, fügte er hinzu, als er sah, wie Kate die Augen aufriß, »achtzehn ist noch immer meine unterste Grenze.
    Prost.«
    »Ich versuche herauszubekommen«, sagte Kate, »wieso es Ihnen nicht gelingt, mich zu schockieren, obwohl ich Ihren Lebenswandel tadelnswert finde und Promiskuität mich schockiert, vor allem bei verheirateten Männern.«
    »Das glaube ich Ihnen. Tatsächlich habe ich oft festgestellt, daß eheliche Untreue diejenigen am meisten schockiert, die selbst nicht verheiratet sind. Cecilia, meine Frau, hat sich ganz gut mit ihrem Leben eingerichtet, obwohl sie mit Freude zur Kenntnis nimmt, daß keiner unserer Söhne einem wilden Weiberhelden ähnelt – und damit mir. Sie haben sich gut gehalten, Kate. Ich mag Sie und Ihr Aussehen, und es ist sehr nett von Ihnen, mit mir diesen Nachmittag zu verbringen.«
    »So gut habe ich mich gar nicht gehalten. Wahrscheinlich werde ich immer groß und dünn sein, eine schlechte Haltung haben und ein Gesicht, auf dem sich alle Sorgen dieser Welt spiegeln. Wissen Sie, was ich an Ihnen mag, Sir? Es ist mir gerade erst klargeworden, also lassen Sie es mich schnell sagen, und dann können wir uns dem 24

    widmen, was Sie und diesen Dekan Toadwell so bewegt.«
    »Sein Name ist Frogmore. Was mögen Sie an mir? Meine ewige Vergänglichkeit?«
    »Die Tatsache, daß Sie, egal wie Sie sich an Ihre Opfer heran-schleichen, Frauen nicht mit schönen Autos gleichsetzen, wenn sie hübsch sind, oder mit Schmeißfliegen, wenn sie es nicht sind.«
    »Schmeißfliegen?«
    »Ja, mit etwas Lästigem. Das war ein Zitat von Forster, der zufällig damals über Indien schrieb, und so kam er auf Schmeißfliegen.«
    »Jemand hat einmal gesagt
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