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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn
Autoren: Y Lee
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Körper, der dort unten liegen musste, zerschlagen und blutüberströmt.
    Einen Moment später schrie sie erschrocken auf. Mit grober Hand wurde sie beim Kragen gepackt, in die Luft gehoben und baumelte nun, wie Harkness zuvor, über dem schönen schrägen Dach des Uhrenturms. Der Kragen schnitt ihr in die Kehle und drohte ihr die Luft abzuschneiden; mit den Zehenspitzen streifte sie die Außenwand des Glockenstuhls. Keenan natürlich. Wie dumm war sie gewesen, ihm zu nahe zu kommen, nachdem er selbst in Sicherheit war.
    James stürzte herbei, wurde jedoch von einer gebieterischen Bewegung Keenans zurückgehalten. Er blieb bewegungslos stehen, schreckensbleich vor Entsetzen. Seine Lippen bewegten sich und formten die erste Silbe ihres Namens.
    Obwohl sie in Panik war, hatte sie ihre Geistesgegenwart nicht verloren. Mit einer winzigen Bewegung schüttelte sie den Kopf. Er sollte ihr Geschlecht jetzt nicht verraten; das würde Keenan nur noch mehr Machtgefühl verleihen, mehr Genuss, siezu verletzen. Sie konzentrierte sich auf James’ Gesicht und versuchte ihm ihre Überlegung mit Blicken klarzumachen.
    »Danke fürs Raufziehen«, sagte Keenan grinsend. »Das mit Harkness tut mir leid.«
    »Holen Sie den Jungen zurück«, sagte James, der vor Anspannung und Erschöpfung zitterte. »Keenan, Sie wissen ja gar nicht, was Sie sich für Ärger einhandeln.«
    »Ach nee? Es kommt mir so vor, als ob Sie ziemlich an diesem kleinen Hurensohn hängen. Als ob Sie alles für ihn täten.«
    »Er ist ein guter Kerl.« Sein Puls hämmerte an seiner Schlagader.
    »Ein kleiner Lustjunge, was?« Keenan machte ein verächtliches Gesicht. »Sie sehen eigentlich nicht wie ein warmer Bruder aus, aber ich würde mal sagen, dass ich mich damit nicht auskenne.«
    Sie war so nahe dran. Alle paar Sekunden stieß sie mit einer Stiefelspitze an die halbhohe Mauer. Darauf konzentrierte sie sich, es war in diesem Moment ihr einziger Hoffnungsschimmer. Besser, sich darauf zu fixieren, als auf das würgende Gefühl in ihrem Hals, das Blutrauschen in ihren Ohren, den schieren Schrecken, der ihre Knochen weich werden ließ. Wenn sie nur einen winzigen Halt finden konnte, ein bisschen Schwung   … wenn dort vielleicht irgendwo etwas zu greifen war, ein Pfeiler, irgendetwas, an dem sie sich heranziehen konnte.
    »Was wollen Sie?«
    Keenan grinste. »Das hört man gern. Was ich will, Sie feiner Sicherheitsingenieur-Pinkel, ist, dass Sie diese letzten zwei Stunden für immer vergessen. Sie waren nicht hier. Sie haben Harky nicht gesehen. Und ganz sicher auch mich nicht.«
    »Einverstanden«, sagte James sofort. »Jetzt holen Sie ihn rein.«
    »Nein«, krächzte Mary. James war ein Mann, der ganz und gar zu seinem Wort stand. Ohne seine Aussage würde man Keenan nicht verurteilen können, das wussten sie alle.
    »Hat dir noch niemand beigebracht, dass man nicht widerspricht?« Keenan hob sie etwas höher und grinste, als ihr Atmen mühsamer wurde. »Je weniger du dich wehrst, desto länger bleibst du am Leben.«
    »Ich habe Ihnen schon mein Einverständnis gegeben«, sagte James. »Holen Sie ihn rein.«
    »Ha, das ist noch nicht alles«, sagte Keenan seelenruhig. »Sie schreiben Ihren Bericht so, dass jeder, der sich dafür interessiert, merkt, dass ich und Wick nichts mit der Sache zu tun hatten. Wir sind nur zwei harmlose Maurer und Wicks Tod war ein tragischer Unfall.«
    »Sonst noch was?«
    Während James und Keenan verhandelten, drang ein neues Geräusch von außerhalb des Turms an Marys Ohren. Durch das ferne Rauschen des Stadtlebens hörte sie einen anderen Klang: der lange, schrille Pfiff aus einer Trillerpfeife, dann das Getrap pel von schweren Stiefeln auf Kopfsteinpflaster. Min destens zwei Paar. Sie rannten.
    James und Keenan schienen davon nichts mitzubekommen. Und Mary, die wie ein Fisch am Haken in der Luft baumelte, konnte sich nicht umdrehen, um genau hinzusehen. Doch sie schloss die Augen und lauschte, und die Geräusche wurden so klar in ihrem Kopf, dass sie die Szene vor sich sah. Eine Polizeipfeife. Zwei Polizisten, die rannten. Vielleicht sogar das Schlagen des Eingangstors. Die Stiefel galoppierten heran, dann änderte sich der Klang. Sie rannten nicht mehr mit großen, sondern liefen eilig mit kleineren Schritten. Was konnte der Grund dafür sein? Sie glaubte es zu wissen. Und der Gedanke ließ sie die Augen aufreißen und breit grinsen.
    »Was gibt es da zu grinsen?«, knurrte Keenan und zog sie näher heran, um sie besser zu
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