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Eine dunkle & grimmige Geschichte

Eine dunkle & grimmige Geschichte

Titel: Eine dunkle & grimmige Geschichte
Autoren: Adam Gidwitz
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    Ihre eigenen Kinder hatten der Bäckersfrau so gut geschmeckt, dass sie beschlossen hatte, andere Kinder anzulocken, um sie zu essen. Sie mochte sie rund und dick, also mästete sie die Kinder vor dem Schlachten. Deshalb fütterte sie Hänsel und Gretel ununterbrochen.
    Warum sonst würde sie ihnen erlauben, den ganzen Tag auf der faulen Haut zu liegen, ohne einen Finger krumm zu machen, ohne etwas zu arbeiten oder zu lernen? Warum sollte sie die Kinder in einem Haus aus Schokoladenkuchen festhalten und sie essen und essen lassen, ohne sie jemals zu warnen, dass sie fett wie Schweine werden?
    Eltern sollten ihren Kindern dabei helfen, klug und gesund und stark zu werden. Die Bäckersfrau tat das Gegenteil. Sie gab Hänsel und Gretel so viel zu essen und so wenig zu tun, dass ihnen gar nichts anderes übrig blieb, als träge und fett und schwach zu werden.
    Sie wurden so träge, dass Gretel sich nicht einmal wunderte, als sie den großen, seltsamen Käfig hinter dem Haus sauber machen sollte, und die Bäckersfrau dann die Tür hinter ihr zusperrte. Schlimm genug, dass Hänsel zu fett war, um nachzusehen, wo seine Schwester geblieben war, aber Hänsel war auch so schwach, dass er nicht einmal etwas unternahm, als die Bäckersfrau ihm seinen Plan mitteilte: Sie würden Gretel noch eine Woche lang mästen und dann essen.
    Und als der Tag des Festessens gekommen war, sagte die Bäckersfrau: »Ich denke, wir sollten sie braten. Ein bisschen Rosmarin und Salz, und wir stecken sie für drei oder vier Stunden in den Ofen. Dann kann man ihr Fleisch leicht von den Knochen lösen.«
    Sie brachte Hänsel in den Keller, wo ein riesiger Ofen stand. »Schau doch bitte mal nach, ob er schon heiß genug ist, mein Süßer«, sagte die Bäckersfrau. »Ich werde mit demHeizen beginnen und du kriechst in ihn hinein. Sobald ich dein geröstetes Fleisch rieche, weiß ich, dass er bereit ist für deine Schwester. Sie schubste Hänsel in den Ofen und schloss die Tür.
    Der Ofen wurde heiß und heißer und Hänsel begann zu schwitzen. Ein wunderbarer Geruch stieg in seine Nase.
    Oh nein!, dachte er. Ich brate! Er sog die Luft tief ein. Und ich rieche fantastisch!
    Aber er briet nicht.Der Duft kam von einem übrig gebliebenen Gänsebein, das er beim letzten Abendessen in seiner Tasche versteckt und vor dem Schlafengehen vergessen hatte zu essen. In dem Ofen war es so heiß, dass die Haut des Gänsebeins sich zu runzeln begann. Die Bäckersfrau bemerkte den Geruch auch. Sie ging zum Ofen und öffnete die Ofentür. »Brätst du schon?«, fragte sie. Aber Hänsel schüttelte den Kopf und biss von seinem Gänsebein ab. Die Bäckersfrau runzelte die Stirn und schloss die Ofentür.
    Ich hätte wahrscheinlich Ja sagen sollen , dachte Hänsel. Aber was soll’s.
    Er aß das Gänsebein und schwitzte. Bald stieg ein weiterer fantastischer Geruch in seine Nase.
    Oh nein!, dachte er. Dieses Mal muss ich es sein! Er sog die Luft ein und dachte: Ich rieche fantastisch.
    Aber der Geruch kam nicht von ihm. Es waren die drei Streifen Speck, die er sich nach dem Frühstück in seine Socken gesteckt hatte. Das Fett brutzelte, so heiß war es in dem Ofen. Die Bäckersfrau roch es. Sie ging in den Keller und öffnete die Ofentür. »Brätst du schon?«, fragte sie.
    Aber Hänsel schüttelte abermals den Kopf und aß das zweite Stück Speck. Die Bäckersfrau runzelte die Stirn und schloss die Ofentür.
    Ich hätte wahrscheinlich Ja sagen sollen, dachte er. Aber was soll’s.
    Hänsel aß den letzten Speck und schwitzte weiter. Und dann stieg wieder ein wunderbarer Geruch in seine Nasenlöcher.
    Oh nein!, dachte Hänsel. Jetzt bin ich es wirklich! Und ich rieche fantastisch. Wie Schokoladenkuchen!
    Dieses Mal hatte er recht. Er garte. Und er roch nach Schokoladenkuchen. Denn seit er zu dem Haus der Bäckersfrau gekommen war, hatte er unglaubliche Mengen davon verspeist. Die Bäckersfrau roch es auch, kam herunter und öffnete die Tür zum Ofen. »Brätst du schon?«, fragte sie.
    Aber Hänsel schüttelte den Kopf. »Ich glaube, hier drinnen ist es nicht heiß genug«, sagte er und zuckte mit den Schultern. »Es riecht genau wie der Schokoladenkuchen, den ich mir in meine Unterwäsche gesteckt habe.«
    »Nicht heiß genug!«, erwiderte die Bäckersfrau verärgert. »Lass mich mal nachsehen!« Sie kroch in den Ofen und schubste Hänsel aus dem Weg. »Fühlt sich heiß genug an!«, sagte sie.
    Hänsel war aus dem Ofen geklettert, während die Bäckersfrau
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