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Eine dunkle & grimmige Geschichte

Eine dunkle & grimmige Geschichte

Titel: Eine dunkle & grimmige Geschichte
Autoren: Adam Gidwitz
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habt ihr ihnen erzählt?«, fragte der König.
    Wilhelm kratzte sich nervös am Kopf. Er sah Jakob und die anderen Diener an. Sie blickten alle zu Boden. Er sagte: »Wir haben ihnen alles gesagt, was Hänsel und Gretel Euch über ihre Abenteuer erzählt haben.«
    Die Königin hob ihre Augenbrauen.
    »Und lasst mich der Erste sein, der den Kindern gratuliert«, fügte er schnell hinzu. »Dafür, dass sie den Drachen besiegt haben. Wir sind dankbarer, als es sich in Worte fassen lässt.« Und genauso meinte er es auch.
    Die Königin sah den König an, aber der lächelte nur. »Schön«, sagte er. »Gut gemacht.« Auch er meinte es so. Dann folgte die königliche Familie der Reihe der Diener bis zum Balkon.
    Die Untertanen des Königreichs Grimm saßen zu Tausenden auf dem Boden im Schlosshof, aßen das Essen aus der königlichen Küche und lauschten verzückt der Geschichte.
    »Ich verstehe«, sagte der königliche Ausrufer gerade, als der König und die Königin und Hänsel und Gretel hinter ihm auftauchten. »Ich verstehe, meine Kinder.«
    Die Menge brach in Jubelschreie aus. Der königliche Ausrufer, der dachte, dass die Menge ihn bejubelte, verbeugte sich. Aber dann sah er die königliche Familie und trat schnell zurück.
    Das Getöse war ohrenbetäubend. Hänsel und Gretel standen vor ihnen, winkten und lächelten.
    Dann hob der König seine Hände. Die Untertanen verstummten.
    »Ich muss euch etwas sagen«, verkündete er. »Diese beiden Kinder haben den Drachen getötet. Sie haben geschafft, was keinem anderen gelang.«
    Die Untertanen jubelten. Der König hob wieder die Hände.
    »Der Drache hätte das Königreich vollkommen zerstört«, fuhr er fort. »Er hätte es dem Erdboden gleichgemacht.« Er machte eine Pause und versuchte, den Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken. »Ich hätte es dem Erdboden gleichgemacht. Ich wusste nicht, was ich tat. Ich hatte keine Ahnung, dass ich der Drache war. Aber der Drache, also ich, hätte das Königreich zerstört, wenn Hänsel und Gretel mich nicht aufgehalten hätten.«
    Die Bewohner von Grimm starrten ihn an.
    »Ich kann nicht mehr euer König sein. Wie könnte ich? Nach allem, was ich getan habe.«
    Im gesamten Königreich von Grimm gab niemand auch nur einen Laut von sich.
    »Ich gebe meine Krone ab, und ich bitte meine Frau, dasselbe zu tun. Wir werden unsere Kronen an unsere Kinder weitergeben.«
    Ein Murmeln ging durch die Menge. »An Hänsel und Gretel? An Kinder?«
    »Ja!«, erklärte der König. »Sie sind Kinder. Aber sie sind die weisesten, tapfersten Kinder, die ich je gesehen habe. Meine Frau und ich werden ihnen zur Seite stehen, solange sie uns brauchen. Aber«, und er hob seine Hand und das Gemurmel verstummte, »die Kinder besitzen eine Weisheit und ein Wissen und einen Glauben, den wir als Erwachsene nicht haben. Es gibt eine Zeit, in der ein Königreich seine Kinder braucht. Diese Kinder. König Hänsel und Königin Gretel.«
    Vollkommende Stille.
    »Natürlich werden sie irgendwann heiraten«, fügte die Königin hinzu.
    Immer noch vollkommene Stille.
    Und dann rief ein großer Mann aus Wachsend, ein Glatzköpfiger mit einer Boxernase, in der Menge: Aber sie sind doch nur kleine Ki…«
    Aber bevor er seinen Satz beenden konnte, begann ein anderer zu reden. Es war ein junger Mann mit langen Haaren und einer frischen, blutigen Narbe quer über dem Gesicht. Es war der Mann aus dem Wirtshaus, der auf die Schultern eines Freundes geklettert war. Hänsel und Gretel erkannten ihn. Er strahlte über das ganze Gesicht. »Sie haben uns vor dem Drachen gerettet!«, rief er. »Lang lebe König Hänsel! Lang lebe Königin Gretel!«
    Die Menschen von Grimm starrten Hänsel und Gretel an. Irgendetwas war wahr an dem, was der König gesagt hatte. Über Kinder. Über diese Kinder.
    »Lang lebe König Hänsel!«, rief der junge Mann wieder. Und dann stimmte ein weiterer ein. »Lang lebe Königin Gretel!« Noch einer fiel ein. Und noch einer. Und mehr und mehr und mehr. »Lang lebe der König Hänsel! Lang lebe die Königin Gretel!«
    Als die beiden zu den Bürgern von Grimm hinabsahen, beugte sich ihr Vater zu ihnen und sagte: »Diese Untertanen sind jetzt eure Kinder.«
    Und ihre Mutter ergänzte: »Ihr müsst auf sie aufpassen.«
    »Und zwar besser, als wir das getan haben«, sagte der Vater.
    Hänsel drehte sich zu seinem Vater, lächelte und zeigte auf die Menge. »Es sieht so aus, als hättest du es ganz gut gemacht.« Und Gretel ergriff die Hand ihres Vaters
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