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Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Titel: Eine dunkle Geschichte (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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damals Minister des Auswärtigen; Fouché war Polizeiminister. Siéyès hatte auf das Konsulat verzichtet. Ein kleiner, kalter und strenger Mann verließ seinen Platz und trat zu den drei anderen, wobei er in Gegenwart eines, von dem ich diese Äußerung habe, mit lauter Stimme sagte: ›Ich fürchte das Glücksspiel der Priester.‹ Es war der Kriegsminister. Carnots Wort beunruhigte die beiden Konsuln nicht, die in dem Salon spielten. Cambacérès und Lebrun waren damals in der Gewalt ihrer Minister, die ungleich stärker waren als sie. Fast alle diese Staatsmänner sind tot; man ist ihnen nichts mehr schuldig. Sie gehören der Geschichte an, und die Geschichte jener Nacht war furchtbar. Ich erzähle sie Ihnen, denn ich kenne sie allein, weil Ludwig XVIII. sie der armen Frau von Cinq-Cygne nicht erzählt hat und es der jetzigen Regierung einerlei ist, ob sie sie erfährt. Alle vier setzten sich. Der Hinkende mußte die Tür schließen, bevor ein Wort fiel; er soll sogar den Riegel vorgeschoben haben. Nur wohlerzogene Leute nehmen solche kleine Rücksichten. Die drei Priester hatten die bleichen und unbeweglichen Gesichter, die Sie bei ihnen kannten. Nur Carnot hatte frische Farben. Und der Soldat sprach auch zuerst:
    ›Um was handelt es sich?‹
    ›Um Frankreich‹, dürfte der Fürst gesagt haben, den ich als einen der außerordentlichsten Männer unserer Zeit bewundere.
    ›Um die Republik‹, hat sicherlich Fouché gesagt, ›Um die Macht‹, war wahrscheinlich Siéyès' Wort.«
    Alle Anwesenden blickten sich an. De Marsay hatte die drei Männer mit Stimme, Blick und Gebärde ausgezeichnet geschildert.
    »Die drei Priester verstanden sich wundervoll«, fuhr er fort. »Carnot blickte zweifellos seine Kollegen und den Exkonsul mit würdiger Miene an. Ich glaube, er muß innerlich verdutzt gewesen sein.
    ›Glauben Sie an den Erfolg?‹ fragte Siéyès.
    ›Von Bonaparte kann man alles erwarten‹, entgegnete der Kriegsminister. ›Er hat glücklich die Alpen überschritten.‹
    ›In diesem Augenblick‹, sagte der Diplomat mit berechneter Langsamkeit, ›spielt er ums Ganze.‹
    ›Nun, sagen wir es offen,‹ versetzte Fouché, ›was werden wir tun, wenn der Erste Konsul besiegt wird? Ist es möglich, noch ein Heer auf die Beine zu bringen? Sollen wir seine ergebenen Diener bleiben?‹
    ›In diesem Augenblick‹, bemerkte Siéyès, ›gibt es keine Republik mehr; er ist für zehn Jahre Konsul.‹
    ›Er hat mehr Macht, als Cromwell hatte,‹ setzte der Bischof hinzu, ›und er hat nicht für den Tod des Königs gestimmt.‹
    ›Wir haben einen Herrn‹, sagte Fouché. ›Sollen wir ihn behalten, wenn er die Schlacht verliert, oder sollen wir zur reinen Republik zurückkehren?‹
    ›Frankreich‹, versetzte Carnot sentenziös, ›kann nur dann Widerstand leisten, wenn es zur Tatkraft des Konvents zurückkehrt.‹
    ›Ich teile Carnots Meinung‹, sagte Siéyès. ›Kehrt Bonaparte geschlagen zurück, so muß man ihm den Rest geben. Wir haben seit sieben Monaten zuviel von ihm zu hören gekriegt.‹
    ›Er hat das Heer!‹ fuhr Carnot nachdenklich fort.
    ›Wir werden das Volk haben!‹ rief Fouche aus.
    ›Sie sind rasch, Herr!‹ erwiderte der Grandseigneur mit der Baßstimme, die er behalten hat, und die den Oratorianer nachdenklich machte.
    ›Seien wir offen,‹sagte ein altes Konventsmitglied, das seinen Kopf zeigte; ›wenn Bonaparte siegt, werden wir ihn anbeten; unterliegt er, so werden wir ihn begraben.‹
    ›Sie waren da, Malin!‹ sagte der Hausherr, ohne sich aufzuregen. ›Sie werden einer der Unseren sein.‹
    Er winkte ihm, Platz zu nehmen. Diesem Umstand verdankte jener Mann, ein ziemlich obskures Konventsmitglied, daß er das ist, was wir noch eben gesehen haben. Malin war verschwiegen, und die beiden Minister hielten ihm die Treue, aber er wurde auch zum Drehpunkt der Maschine und zur Seele der ganzen Machenschaft.
    ›Dieser Mann ist noch nie besiegt worden!‹ rief Carnot mit dem Ausdruck der Überzeugung, ›und eben hat er Hannibal übertroffen.‹
    ›Im Fall eines Unglücks ist hier das Direktorium‹, fuhr Sieyes sehr listig fort, indem er jeden darauf hinwies, daß sie fünf waren.
    ›Und‹, sagte der Minister des Auswärtigen, ›wir alle haben an der Erhaltung der französischen Revolution ein Interesse. Wir drei sind aus der Kutte gesprungen; der General hat für den Tod des Königs gestimmt. Was Sie betrifft,‹ sagte er zu Malin, ›Sie haben Güter von Emigranten.‹
    ›Wir
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