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Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Titel: Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Harvey
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trösten, und dem – wie es scheint – stärkeren Bedürfnis, Richard zu trösten, der den zutiefst Verletzten mimt.
    Meine Mutter ist völlig perplex und sprachlos, eine absolute Premiere, und Dad schaut sich auf dem tragbaren Fernseher in der Küche heimlich die Höhepunkte von Wimbledon an, während er uns den x-ten Tee zubereitet.
    Aus irgendeinem Grund hat meine Mutter den bösen Zettel in die Hände bekommen und hält ihn jetzt zerknittert in der geballten Faust, als wolle sie sie im nächsten Augenblick zum Schlag erheben.
    Ich gebe mir die größte Mühe, sie alle davon zu überzeugen, dass dies kein vorübergehender Anfall geistiger Umnachtung ist und dass ich Richard wirklich nicht heiraten will. Doch wenigstens zwei Mitglieder meiner Familie, und natürlich Richard selbst, haben damit ein massives Problem.
    Ich hätte wissen müssen, dass Mutter und Sally sich auf seine Seite schlagen würden. Richard hat sich genauso leicht in ihre Herzen geschlichen wie ein Bandwurm sich in den Darm und nährt sich jetzt von ihrer beider Bewunderung. Mutter, die leider mit enttäuschender Geschwindigkeit die Sprache wiedergefunden hat, beharrt darauf, einen Arzt kommen zu lassen, weil ich offensichtlich vorübergehend unzurechnungsfähig bin. Also halte ich mich an Sally-Anne, die hoffentlich etwas zugänglicher ist.
    »Ehrlich, Sal, du musst mir glauben, ich will ihn wirklich nicht heiraten.« Ich flehe sie an, etwas zu fassen, was anscheinend unfassbar ist.
    »Aber warum denn nicht?« Ihre schmalen Brauen wirken wie Fragezeichen auf der glatten, hellen Stirn.
    »Nun, um es ganz offen zu sagen, ich liebe Richard nicht.«
    »Aber warum denn nicht?«
    »Tja …« Ich versuche, mich höflich auszudrücken. »Ich glaube einfach nicht, dass wir zueinander passen.«
    »Aber warum denn nicht?«
    Allmählich geht sie mir auf den Keks.
    »Brauchst du eine Aufzählung?«
    Sally nimmt das gefährliche Funkeln in meinen Augen wahr und tritt hastig den Rückzug an.
    »Ähm, ich glaube, ich helfe Dad ein bisschen mit dem Tee.« Sie flieht in die Küche.
    Zurück bleiben Mutter, Richard und ich.
    Wer ist als Nächstes dran?
    Sie beschließen, beide zur selben Zeit zu reden.
    »Also, ich finde das absolut krank!«, platzen sie gleichzeitig heraus.
    Wie raffiniert – synchrones Auszanken. Sie harmonieren bis aufs Wort miteinander. Sogar die Mischung aus Ungläubigkeit und Ärger auf ihren Gesichtern ist identisch. Jetzt weiß ich, warum ich Richard nicht heiraten kann: Er erinnert mich an meine Mutter. Wahrscheinlich mag sie ihn deshalb so sehr. Er ist eine zweite Miriam Blakeney. Wo sie aufgehört hat, über mich zu bestimmen und mein Leben zu ruinieren, kann er übernehmen.
    Meine Entschlossenheit wächst. Als Dad und Sally mit Tee und Keksen aus der Küche kommen, atme ich tief durch und behaupte meinen Platz.
    »Hört mal, es tut mir wirklich Leid. Ich weiß, dass ich euch eine Menge Ärger und Aufregung bereite. Ihr habt euch alle so für die Hochzeit und das ganze Drum und Dran ins Zeug gelegt. Aber ich bin wirklich davon überzeugt, dass es ein riesiger Fehler wäre, die Sache durchzuziehen.«
    Dad stellt das Teetablett auf den Wohnzimmertisch und tätschelt mir beruhigend die Schulter.
    »Das ist schon in Ordnung, Liebes, wir verstehen dich.«
    »Nein, das tun wir nicht!«, wütet Mutter. »Wir verstehen dich überhaupt nicht! Die Hochzeit ist in sieben Wochen, man kann sie nicht mehr absagen. Ich kann einfach nicht fassen, dass du auch nur an solch eine Dummheit denkst!«
    »Aber ich will ihn nicht heiraten«, wiederhole ich zum hundertsten Mal. »Eine Dummheit wäre es doch, die Sache durchzuziehen, obwohl ich gar nicht will.«
    »Aber warum denn nicht?«, fragt Sally erneut.
    Also wirklich, so sehr ich auch an meiner süßen, kleinen Schwester hänge, wenn sie nicht sofort eine andere Platte auflegt, fängt sie eine.
    »Weil ich den Mann nicht liebe, den ich heiraten soll, so Leid es mir tut.«
    »Mach dich nicht lächerlich«, sagt Richard, als wäre es unvorstellbar, ihn nicht zu lieben.
    Ich versuche, es zu erklären.
    »Bei uns gibt es keine Leidenschaft, keine Poesie, keine Romantik.«
    »Bei einer Ehe geht es um mehr als Romantik , Kind«, knurrt Mutter verächtlich.
    »Mutter hat Recht«, erklärt Sally, die erst mich und dann Richard viel zu strahlend anlächelt.
    »Das weiß ich auch, ich bin ja nicht blöd, aber …«
    »In diesem Augenblick fällt es mir schwer, das zu glauben«, faucht meine Mutter.
    Ich
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