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Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Titel: Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Harvey
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kann Dad im Garten arthritisch vor einem Beet knien sehen, wo er den Rittersporn mit einer professionellen Routine kappt, die selbst Tante Vera in Erstaunen versetzen würde. Noch nie habe ich ihn so zufrieden und glücklich erlebt, insbesondere nicht bei der Gartenarbeit. Zu Hause hat er den Garten immer als Fluchtmöglichkeit vor Mutter genutzt, hier dient er dem Vergnügen.
    Erleichtert stelle ich fest, dass es in diesem Garten keinen Schuppen gibt.
    Ergeben und faul liegt Roger an Dads Seite. Eric jagt Rogers Schwanz, der träge ausschlägt wie ein Pendel. Er springt unermüdlich hin und zurück, und es sieht aus, als würde er dieser fruchtlosen, monotonen Jagd niemals überdrüssig werden. Hätte ich doch ebenso viel Energie.
    Und wieder ist es ein schöner Tag. Die Sonne scheint durch die hauchdünnen Vorhänge auf die alten, dunklen Eichenmöbel, die nach Jahren liebevollen Polierens warm schimmern. Oben auf dem Klavier, das den Blickfang am anderen Ende des Zimmers bildet und so majestätisch aussieht wie eine Königin, die Hof hält, stehen mehrere gerahmte Fotografien.
    Ich schlendere hinüber und greife nach einem alten, sepiafarbenen Bild, das einen gut aussehenden, lachenden jungen Mann zeigt, der an der Motorhaube eines Morgan aus der Vorkriegszeit lehnt.
    »Das ist mein Mann Alan. Er ist vor langer Zeit gestorben.«
    Ich drehe mich um. Florrie steht hinter mir und blickt über meine Schulter auf das Foto in meiner Hand.
    »Ein gut aussehender Mann«, sage ich und blicke erneut auf die lachenden Augen und das charmante Lächeln.
    »Oh, sehr sogar.« Sie lächelt.
    Sie greift nach einem anderen Bild.
    »Das ist meine Tochter Helen. Meine entzückende, erwachsene Tochter. Findest du nicht, dass sie ganz nach ihrem Vater kommt? Es stammt von ihrem dreißigsten Geburtstag letztes Jahr. Ihr Mann Peter, der schlaksige, dunkelhaarige Bursche hinter ihr, ist Amerikaner. Sie leben in Florida, also sehe ich sie nicht besonders häufig.« Ihre Stimme klingt wehmütig, doch gleichzeitig sehr stolz, als sie mir das nächste Foto von einem ausgesprochen hübschen Kind zeigt.
    »Und diese zauberhafte kleine Dame ist meine Enkelin, Abbie. Sie ist jetzt vier.«
    »Sie müssen dir fehlen.«
    »O ja, und wie. Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit dieses Bild entstanden ist. Aber Helen schreibt mir häufig. Wir haben einen ziemlich lebhaften Briefwechsel! Ich sollte Anteile an der Post haben, so viele Briefmarken kaufe ich jeden Monat …«
    Ich nehme ein Foto von einem braunäugigen kleinen Mädchen mit goldener Haut und goldenem Haar in die Hand. Ich brauche einen Moment, um zu erkennen, dass ich ein Bild von mir selbst betrachte. Daneben steht in einem schweren Silberrahmen ein Bild von Dad, Sally-Anne und mir. Ich glaube, es stammt aus einem Sommerurlaub in Frankreich. Ich war siebzehn, braun gebrannt, hatte eine Löwenmähne und lange, schlaksige Beine, die in abgeschnittenen Jeans steckten. Wow, wie schlank ich damals war! Sally war gerade mal zehn, klein und dünn, mit großen, dunklen Augen in dem blassen Gesichtchen, aber dennoch reizend und hübsch. Dad steht zwischen uns. Er hat die Arme um unsere Schultern gelegt und grinst breit. Sein bereits damals ergrauendes blondes Haar fällt ihm ins Gesicht, er sieht jung, braun gebrannt und sehr gut aus.
    Dahinter finden sich ein Foto von mir beim Schulabschluss und eines von Sally als Kind, wie sie einen Engel im Weihnachtsmärchen spielt. Dann Dad, wie er am Flussufer in der Umgebung stolz einen preisgekrönten Karpfen in die Kamera hält, und schließlich eines mit uns dreien, wie wir auf einem Löwen zu Füßen der Nelson-Säule in London hocken.
    Das alles sind vertraute Szenen, doch keine vertrauten Bilder. Das einzige Foto, das jemals zu Hause aufgestellt wurde, ist das Hochzeitsfoto von Sally und Richard, das inzwischen in einem neuen und sehr teuren Rahmen über dem Kaminsims thront. Richard in seinem Smoking ist sehr gut getroffen, Sally hingegen weniger, da ihr hübsches Gesicht zum Teil von ihrem Schleier verdeckt wird. Mutter entstaubt es jeden Tag. Sie wird die Vergoldung des Rahmens in Rekordzeit abgerieben haben.
    »Wie du siehst, kenne ich euch indirekt alle.«
    Florrie beobachtet mich ängstlich, als ich mich ungläubig durch eine Familiengeschichte in Bildern arbeite. Sie lächelt sanft und unsicher, und plötzlich wird mir klar, dass sie genauso ängstlich darauf hofft, von mir gemocht zu werden, wie ich von ihr.
    »Ihr wart fast so etwas wie eine
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