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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle
Autoren: Richard Gordon
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schildern», fuhr sie etwas sprunghaft fort.
    «Eine Arbeit, die eines Boswell würdig wäre», versicherte ich.
    «Aber vor allem -» Lady Spratt warf einen schnellen Blick zur Türe. «Darf ich Sie um einen besonderen Gefallen bitten?» Sie schaltete eine Pause ein. «Ja, ich muß Sie sogar um Ihre Hilfe in einer äußerst delikaten Angelegenheit bitten, Gaston.»
    Ich war verwirrt. Der liebe Grimsdyke schien, zumindest was die Spratts betraf, zu einem richtigen Spucknapf der Gefühle zu werden.
    «Um was handelt sich’s denn, du lieber Gott?»
    «Um diese scheußliche Kriminalsache.»
    Um eine Kriminalsache? Hatte sie am Ende die Scheibenschießen-Preise veruntreut?
    «Es geht um meinen Mann», erklärte sie. «Ist Ihnen nicht aufgefallen, wie seltsam er sich in letzter Zeit benimmt?»
    Nun, Sir Lancelot hatte sich seit Jahren seltsam benommen. Aber etliche unserer großen Chirurgen benahmen sich haarsträubend exzentrisch, und konnte er sich auch nicht mit denen des achtzehnten Jahrhunderts messen, jenen Gesellen mit goldbeschlagenen Spazierstöcken, so war Sir Lancelot doch unter den Londoner Spezialisten eine so ungewöhnliche Erscheinung wie eine Champagnerflasche beim Frühstück.
    «Seit er diesem Polizeiklub beigetreten ist», fuhr Lady Spratt fort, «ist er außerstande, über etwas anderes zu reden als über plötzliche Todesfälle, und das finde ich wirklich sehr unhygienisch, ganz zu schweigen davon, wie langweilig jetzt die Abende geworden sind.»
    «Er bringt eben allem, was ihm unterkommt, leidenschaftliches Interesse entgegen», murmelte ich. Die Männer müssen schließlich Zusammenhalten, wurst, wer sie sind.
    «Als ob ich das nicht wüßte!» Sie ließ sich auf der Kante seines Schreibtisches nieder. «Vergangenes Jahr war’s das Ballett, und ich war gezwungen, alle diese eigenartigen jungen Männer und Frauen in meinem Hause zu bewirten. Das Jahr vorher waren’s Rennpferde, die sich gottlob als zu teuer erwiesen, um sich zu halten. Nun ist er wie ein Laufjunge hinter allen Morden her und macht sich zum Gelächter vom ganzen St. Swithin - so bemühte es sich zumindest die Frau des Professors mir mit schallender Stimme mitten im Warenhaus darzustellen. Und das geht nicht an, wenn er der nächste Präsident des Chirurgenkollegiums werden will. Und was das Schlimmste ist, er ist zum Busenfreund dieses Lümmels geworden, dieses Kerls mit den dreckigen Fingernägeln, McFiggie.»
    Dem mußte ich beistimmen: Dr. Angus McFiggie war ein Lümmel. Die meisten Pathologen sind’s, wahrscheinlich deshalb, weil sie nie gezwungen sind, mit ihren Patienten leichte Konversation zu führen. Er war ein kleines Männchen mit rotem Gesicht, gebürtig aus Aberdeen, mit Augenbrauen, die an Hochlandfarn zu Ende eines heißen Sommers erinnerten; oft hatte ich ihn, angetan mit seiner langen roten Gummischürze, im neuen Leichenhaus des St. Swithin emsig hantieren gesehen. Dieses war übrigens die komfortabelste Örtlichkeit des ganzen Spitals, mit Klimaanlage, Röhrenlampen und weißgekachelten Wänden - wenn man von dem übergroßen Karteikasten am anderen Ende absah.
    «Davon, daß er mich die halbe Nacht nicht schlafen läßt, weil er Detektivgeschichten liest, will ich schweigen», schloß Lady Spratt ihre Ausführungen. «Deshalb meinte ich, Gaston, im Hinblick darauf, daß Sie ihn noch vom Spital her kennen, ob Sie nicht irgend etwas vorschlagen könnten, was seine Energie in andere Bahnen lenkt?»
    Ein unfruchtbarer Auftrag. Ich erwog gewissenhaft der Reihe nach verschiedene Möglichkeiten: Markensammeln, ländliche Streifzüge, eine kleine Freundin, als sich die Tür plötzlich öffnete und der Chirurg in höchsteigener Person erschien.
    «Maud! Was, zum Teufel, hast du mit meiner Nachttischlampe angefangen?» fragte er, mich übersehend.
    «Deine Nachttischlampe? Die hab ich in einen der leerstehenden Räume getan.»
    Sir Lancelot sah verblüfft drein. «Aber wozu, um alles in der Welt? Du weißt doch, wie gern ich im Bett lese. Noch dazu war ich mitten in einer überaus unterhaltsamen Geschichte: über die systematischen Raubmorde der Thags.»
    «Hab ich’s dir noch nicht gesagt?» Lady Spratt steckte eine Zigarette in den Halter. «Dieses Wochenende trifft mein Bruder ein.»
    «Maud, das ist doch nicht dein Ernst!» Der Chirurg stampfte mit dem Fuß auf. «Du weißt nur zu gut, wie sehr mir Leute im Haus zuwider sind. Das Leben wird mir unerträglich, wenn dieser Kerl ununterbrochen meinen Lieblingsfauteuil
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