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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle
Autoren: Richard Gordon
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Sir?»
    «So heißt doch der Fachausdruck, nicht? Aber wir müssen uns kurz fassen. Ihr Cousin Miles und meine Kollegen im Spital drängen mich, meine Memoiren zu schreiben. Es liegt kein uninteressantes Leben hinter mir, und sie bilden sich ein, eine derartige Veröffentlichung wäre in einem gewissen Maß geeignet, den gegenwärtigen, beklagenswert schlechten Ruf, den der britische Ärztestand in der Öffentlichkeit genießt, etwas zu bessern. Wir sind leider Gottes keine Götzen mehr. Und wir sind weit davon entfernt, die vergoldeten Götzen unserer amerikanischen Kollegen zu sein. Sei dem, wie ihm wolle. Ich könnte natürlich dieses Buch tadellos selbst schreiben, wenn ich die Zeit dazu hätte. Aber ich habe derzeit nicht einmal mehr Gelegenheit, meine Fälle der Lancet einzusenden, weil ich kürzlich zum ärztlichen Beirat des Polizei-Wohlfahrtsklubs ernannt worden bin.»
    «Herzlichste Glückwünsche, Sir.»
    «Danke, Grimsdyke. Meine dortigen Aufgaben sind einerseits nicht leicht, andererseits nicht sehr interessant - Polizisten neigen aus unerfindlichen Gründen im allgemeinen zu Krampfadern und Leistenbruch -, aber sie bringen mir ergiebige Zusammenarbeit mit unserem berühmtesten Pathologen. Dr. McFiggie ist selbstverständlich Klubpräsident. Er erlaubte mir zum Beispiel heute morgen liebenswürdigerweise, das Opfer von Bayswater in der Leichenkammer zu betrachten. Ich muß gestehen», setzte Sir Lancelot fort, nachdem er meinen broschierten Kriminalroman aus der Spitalsbibliothek ins Auge gefaßt, «daß ich das Studium der Mordarten äußerst faszinierend Ende. Ich sollte auch darüber ein Buch schreiben, wenn ich Zeit hätte.» Er seufzte kurz auf: « Sie kennen doch sicher die Schriften des Ecclesiasticus? Kurz, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sich der Aufgabe unterzögen, meine Biographie zu schreiben. Sie erhalten dafür selbstverständlich ein kleines Honorar - sagen wir fünfzig Guineas?»
    Das war eine knifflige Sache. Wenn ich mich um bloße fünfzig Pfund durch Sir Lancelots Memoiren durchackerte, würde die Welt darauf verzichten müssen, meinen Roman vorgelegt zu bekommen, aber auch dem Verleiher meines Hausboots würde es mit der Miete nicht anders ergehen. Ich starrte einen Augenblick durch die Fenster des Krankensaals auf die letzten Blätter der staubigen Ahorne auf dem Friedhof, die sich in der herbstlichen Nachmittagssonne vergoldeten. Bald würde es bunte Lämpchen und Mistelzweige geben, dann Narzissen und die Ruderregatta und Spargel und Kricket, und im Handumdrehen war wieder der Sommer da mit dem Rennen von Ascot und Erdbeeren mit Sahne, und wenn das Leben dann halbwegs erfreulich war, würde ich es, so erinnerte ich mich, Sir Lancelots Honorar zu verdanken haben.
    «Es wird mir eine Ehre sein, Sir», sagte ich.
    «Ausgezeichnet. Ich schlage Ihnen vor, zu Weihnachten mit der Arbeit zu beginnen, wo ich Sie in meinem Haus mit sämtlichen nötigen Unterlagen versehen kann. Verzeihen Sie bitte», wandte er sich an die herbeieilende Schwester, «ich habe mein Notizbuch die ganze Zeit in der Tasche herumgetragen.»
    Als ich zum erstenmal die Haltbarkeit von Sir Lancelots Nähten ausprobierte, lief ich Razzy über den Weg, durch ihn lernte ich Ophelia kennen, und Weihnachten verbrachte ich in Muße inmitten der allgemeinen Lustbarkeit von Miles’ Haus, wobei ich weniger Sir Lancelots Leben als der weichen blonden Härchen gedachte, die sich am Ansatz ihres Nackens kräuselten.
    «Ich verleihe der aufrichtigen Hoffnung Ausdruck, daß deine Affäre mit dieser Dame nicht schimpflich enden möge», bemerkte Miles über den Tisch hinweg, nachdem er ein Weilchen über die Memoiren geplaudert hatte, wohl zu dem Zweck, mir einen kleinen Wink zu geben, ich möge auch ihn mit ein paar Worten streifen.
    «Es haben sich selbstverständlich schon vor mir junge Männer in derselben Situation befunden», erwähnte ich. «Romeo, zum Beispiel.»
    «Na, hoffentlich endet die Geschichte bei dir nicht so verhängnisvoll.» Miles sah geradezu verstört aus. «Vielleicht», fügte er mit einem mir nicht unbekannten ermunternden Blick hinzu, «wirst du mir auf Grund meiner langjährigen Erfahrung auf dem Gebiet der Wohlfahrtsarbeit in zerrütteten Heimen gestatten, dir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen -»
    Aber in diesem Augenblick trat Connie ein, und wir beide
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