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Eine Art von Zorn

Eine Art von Zorn

Titel: Eine Art von Zorn
Autoren: Ambler
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für weitere Befragungen zur Verfügung stehen müssen, scheint kein Grund vorhanden zu sein, warum Sie Ihr Versprechen brechen sollten.«
    Er war unnachgiebig; Lucia hatte ihn tief beeindruckt.
    Ich versuchte, unschlüssig dreinzusehen. »Nun …«
    »Ich brauche Sie wohl nicht daran zu erinnern«, sagte er sehr formell, »daß Sie in Anbetracht der Anspielungen, die die Presse über Ihre Beziehungen zu der Dame gemacht hat, in einem seltsamen Licht stünden, wenn Sie sie ausgerechnet jetzt verließen. Sie ist Französin. Und schließlich ist es eine amerikanische Zeitschrift, die Sie repräsentieren.«
    Bob grinste hämisch. » L’Amérique perfide! Er hat ihr die Story abgeknöpft und sie dann den Wölfen zum Fraß vorgeworfen.«
    Wir sahen einander an; es war mir nicht gelungen, ihn lange zu täuschen. Er zweifelte nicht mehr daran, daß Lucia und ich miteinander geschlafen hatten.
    Ich wandte mich an Maître Casier. »Einverstanden«, sagte ich tapfer. »Wenn sie es wirklich möchte, so soll es sein. Ich habe aber keinen Wagen. Wenn wir uns täglich bei der Polizei melden müssen, brauche ich einen.«
    »Sie können meinen nehmen«, sagte Bob schnell. »Ihr Gepäck ist schon im Kofferraum. Ich werde morgen nach Rom zurückfahren. Mit den Leuten von der Mietwagenfirma können wir alles in der Frühe regeln, bevor ich abreise.«
    Er grinste über das ganze Gesicht. Er amüsierte sich königlich. Mir war ähnlich zumute, bloß aus einem anderen Grund. Wenn Maître Casier nicht dabeigewesen wäre, hätte ich auch gegrinst.
II
    Es wurde sieben Uhr, bevor es uns gelang, vom Kommissariat und den Fotografen loszukommen. Wir waren beide ziemlich aufgelöst. Ein paar Fotografen folgten uns in Autos und auf Motorrollern. Als wir die Rue Carponière erreichten, wartete dort schon eine andere Gruppe auf uns. Wieder wurden wir fotografiert. Nach etwa zwanzig Minuten lichtete sich jedoch die Menge, und es gelang mir, mit dem Wagen hineinzufahren.
    Um neun Uhr fuhr ich wieder hinaus und machte die Türen hinter mir zu. Jetzt waren nur noch zwei Fotografen und ein Reporter übriggeblieben. Ich sagte ihnen, daß Mademoiselle Bernardi erschöpft sei und sich schlafen gelegt habe. Schon im Verlauf des Tages, fügte ich hinzu, sei eine Krankenschwester gekommen, um sich um sie zu kümmern. Niemand machte sich die Mühe, mich nach meinen Plänen für den Abend zu fragen. Jetzt war ich nur noch ein lästiger Konkurrent.
    Ich fuhr den Hügel hinunter zur Straße nach Vence und bog dann in den Weg ein, der zur Gärtnerei führte.
    Lucia wartete am Fuße des Olivenhains, wo wir vor zwei Nächten geparkt hatten. Sie trug noch einmal ihre Perücke und den Schal, ich meinen Hut. Wir hatten eine Flasche Champagner getrunken zur Feier des Tages, und Lucia war in überschwenglicher Stimmung. Es war eine lustige Fahrt über die Nebenstraßen nach La Sourisette.
    Sanger empfing uns mit der zuversichtlichen Freund­lichkeit eines Spezialisten, der die Röntgenaufnahme studiert hat und zum Schluß gekommen ist, daß die Krankheit weniger schwer ist, als es anfänglich ausgesehen hatte.
    »Muß ein ganz schön anstrengender Tag für euch gewesen sein, Kinder«, sagte er, »ganz schön anstrengend. Ich habe das Radio gehört.« Er ging zur Hausbar.
    Lucia warf mir einen Blick zu.
    »Wirklich, ein ganz schön anstrengender Tag«, sagte ich. »Wie wäre es, wenn Sie uns von Ihrem Tagesablauf erzählten, da Sie über unseren bereits eingehend informiert sind? Sind Sie bei Farisi gewesen?«
    »Selbstverständlich.« Er kam mit einem Kognak für Lucia zurück.
    »Und?«
    »Das Treffen war kurz, aber interessant. Ein sehr fähiger Mann. Sehr fähig.«
    Gespannt warteten wir, während er meinen Scotch und seinen Campari-Soda einschenkte. Dann kam er wieder zu uns.
    »Und?«
    Traurig schüttelte er den Kopf. »Kinder, wir haben uns leider verrechnet.«
    »Hast du das Geld bekommen?« fragte Lucia.
    »Ich habe etwas Geld bekommen.« Er atmete schwer.
    »Wieviel?«
    »Wie ich schon gesagt habe, haben wir uns verrechnet.« Er trank langsam von seinem Campari. »Ihr hättet später zur Polizei gehen sollen. Sein Adjutant, dieser … wie hieß er doch gleich?«
    »Dawali.«
    »Ja, Dawali. Er hatte die Geschichte im Radio gehört. ›Geheimdokumente der Polizei übergeben‹! Farisi mußte glauben, ihr hättet ihn übers Ohr gehauen. Also hat er seinerseits euch beschwindelt. Es war ganz schön schwierig, gegen ihn anzukommen.«
    Ich erhob mich. »Was für ein
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