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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman
Autoren: Jessica Thompson
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nahm meine Autoschlüssel. Nein, verdammt, zum Teufel mit dem Auto. Bei meinem Glück blieb ich damit wahrscheinlich liegen und schlitterte auf den paar Metern zwischen meinem Haus und ihrer Wohnung in eine schlecht beleuchtete Baustelle. Ich hätte wetten können, dass mir – sollte ich in den Wagen steigen – eine störrische Viehherde, völlig unwillig, sich zu bewegen, die Straße versperren würde. Mitten in der Stadt. Meilenweit entfernt von der nächsten Weide.
    Wo ist nur meine verdammte Jacke?, fragte ich mich, als ich in dem Kleiderhaufen auf dem Küchenstuhl wühlte. Ich gab es auf, spähte durch die Terrassentür und verzog angesichts des Regens gequält das Gesicht. Zum Teufel damit. Mir war es egal. Meinetwegen konnte es Büromöbel regnen. Vulkanasche. Zehntonnengewichte. Kugellager. Egal. Ich würde es damit aufnehmen. Ich würde jetzt zu ihr gehen – egal, was passierte.
    Das Blut pulsierte in meinen Adern. Nichts würde mich jetzt noch aufhalten. Ich würde aufhören, ein Weichei zu sein, und ihr sagen, dass ich sie liebte.
    »Sienna Walker, ich liebe dich. Okay?«, sagte ich leise zu mir und merkte, dass es mehr nach einer Drohung klang als nach einer umwerfenden romantischen Offenbarung eines modernen Romeo.
    Hastig wühlte ich in dem Schrank unter der Treppe und fand endlich meine Regenjacke, die allerdings nicht besonders wasserdicht war. Das hatte ich erst vor Kurzem gemerkt, als ich sie während der Mittagspause getragen hatte und mir danach trockene Unterwäsche und eine Hose hatte kaufen müssen, weil ich so nass geworden war. Niemand möchte mit einem feuchten Hintern im Büro sitzen. Niemand.
    Zu guter Letzt schob ich mein Handy in die Hosentasche, schaltete das Licht aus und öffnete die Tür. Große Regentropfen klatschten mir ins Gesicht und fielen auf meine Haare. Blitze zuckten über den Himmel. Ich knallte die Tür hinter mir zu und stapfte in die Sommernacht hinaus. Unterwegs fragte ich mich, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit war, dass mich ein Blitz traf. Wenn das passiert wäre, hätte mich das wirklich sehr wütend gemacht.
    Der Regen war von der Sorte, bei der man glaubte, man könne schon beim Hindurchgehen ertrinken. Er knallte mir ins Gesicht, als stände ich mitten in einem katastrophalen Sturm an Deck eines Schiffes. Das Wasser lief mir in den Nacken. Er dauerte nur eine Minute, und ich war nass bis auf die Haut. Also riss ich mir die Regenjacke herunter und stopfte sie in die nächste Mülltonne. Sie war vollkommen nutzlos, und warm war es auch ohne sie. Dann ging ich zielstrebig die glänzenden Gehsteige entlang. Neben mir rauschte das Wasser durch die Rinnsteine und floss in die Kanalisation. Bäume wiegten sich hektisch hin und her, Äste knarrten, Blätter regneten zu Boden. In meinem Kopf spielte ein Orchester dramatische Musik; Violinen und Celli erzeugten einen Klang, der einem einen Schauder nach dem anderen den Rücken hinunterjagte. Liebe pulsierte durch meine Adern. Ich war so nah dran, und doch so weit davon entfernt.
    Sienna
    Ich lief hin und her. Vor und zurück. Hoch und runter. Nach links und nach rechts. Wie ein verzweifeltes kleines Molekül. All die Möglichkeiten, die sich plötzlich auftaten – und ich wusste nicht, was zum Teufel ich mit mir anstellen sollte.
    Ruf ihn an, Sienna. Nimm einfach das Telefon, verdammt! Jetzt weiß ich’s – ich rufe El an. Sie weiß immer, was zu tun ist. Mit zitternder Hand hielt ich mir das Handy ans Ohr. Ich war so erschüttert, dass ich mich fragte, wie ich überhaupt reden sollte.
    Elouise nahm sofort ab. »O Gott, Sienna, was ist passiert? Okay, das genügt. Ich komme sofort zu dir«, erklärte sie entschlossen.
    »Nein, nein. Mir geht es gut. Das ist es nicht«, sagte ich mit wackliger Stimme. Dann fuhr ich mir mit einer Hand durchs Haar und hoffte, ich würde mich beruhigen.
    »Ich fahre sofort los. Mensch, wo sind denn die Schlüssel? Ich lasse Luke im Auto, er schläft sowieso wie ein Murmeltier.«
    »Nein. Nein, El, hör mir bitte nur zu.«
    Sie schwieg, und in der kurzen Gesprächspause war nichts außer meinem heftigem Atem zu hören.
    »Was denn? Was ist denn los?«, schrie sie. Sie war offensichtlich regelrecht in Panik vor lauter Sorge.
    »Ich habe gerade etwas in Dads Notizbüchern gefunden, El. Es geht um Nick – er hat meinem Vater schon vor Jahren gesagt, dass er mich liebt. Er hat mich geliebt, El. Was mache ich denn jetzt?«
    Wieder entstand eine Pause, in der Elouise offenbar überlegte,
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