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Ein zahnharter Auftrag

Ein zahnharter Auftrag

Titel: Ein zahnharter Auftrag
Autoren: Franziska Gehm
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kreischte ununterbrochen. Jemand lachte wie eine Hexe. Jemand brüllte. Jemand rülpste. Etwas fiel zu Boden. »DAS IST DAS ENDE!«, kam ein Schrei. »AUFHÖREN, RAPEDADI!«, rief eine tiefe Stimme. Etwas klirrte.
    Rauschen. Dieses Mal war es wieder eine Störung vom Vampire-Best-Buy-Bug. »Sssccchhh...weineschande!«, fluchte Dirk van Kombast. Er wackelte am Kabel, riss sich zwei Blatt Toilettenpapier ab und schnäuzte sich.
    Was ging im Nachbarhaus vor sich? Gerade an den spannendsten Stellen versagte das Vampire-Best-Buy-Bug. Das Rauschen war so ärgerlich wie eine Werbeunterbrechung bei einem Krimi im Fernsehen. Viel ärgerlicher. Hier ging es womöglich tatsächlich um Leben und Tod. Diese Schreie. Dieses Brüllen.
    Dirk van Kombast schüttelte sich. Er tupfte sich mit dem Toilettenpapier das Gesicht ab. Ein paar Schweißperlen hatten sich angesammelt. Allein vom Zuhören. Waren die Nachbarn in Gefahr? Stand ein Menschenleben auf dem Spiel? Ein Halbvampirleben? Oder ein Vampirleben?
    Dirk van Kombast atmete tief durch. So, wie er es im Yogakurs bei seinem letzten Urlaub auf Fuerteventura gelernt hatte. Nur nicht das innere Gleichgewicht verlieren. Er rückte die Kopfhörer gerade und drückte den Rücken durch. Er würde seinen Posten nicht verlassen. Notfalls konnte er immer noch die Polizei rufen.
    Das Vampire-Best-Buy-Bug hatte aufgehört zu rauschen. Dirk van Kombast lauschte. Was er zu hören bekam, übertraf all seine Fantasien. Und Fantasien hatte er einige.

Blutige
Begierde
    E r hatte sich vom lilafarbenen Polster erhoben und mit den spitzen Lackschuhen den Sargdeckel aufgestoßen. Er sah nach links, dann nach rechts. Die anderen waren ebenfalls erwacht. Die gelben und violetten Augen blitzten in der Finsternis auf, unruhig und begierig.
    Geräuschlos erhob er sich, strich seinen Anzug glatt und rückte das Monokel zurecht. Er gab den anderen das Zeichen. Sie erhoben sich. Nicht geräuschlos, sondern mit Geschrei und Grollen. Er schielte zur Kellerdecke. Jetzt war es auch schon egal. In weniger als einer Minute würde es keine Fragen mehr geben. Er ging voran zur Tür.
    Sie kamen aus dem Keller ans Licht. Schritt für Schritt. Flügelschlag für Flügelschlag. Sie hatten sich ausgeruht. In der Dunkelheit Kräfte gesammelt. Doch sie hatten seit Stunden nichts gegessen. Jetzt waren sie hungrig. Sie rochen Blut. Menschenblut. Frisch, warm, pulsierend. Nur ein paar Flügelschläge entfernt. Zum Beißen nahe. Er wusste, dass hier nicht der richtige Ort für eine Jagd war. Sie durften kein Risiko eingehen. Sie mussten die Zähne zusammenbeißen. Doch wie sollten sie sich beherrschen? Ihm würde es vielleicht gelingen. Aber den anderen? Es war unmöglich. Der Geruch war zu betörend. Sie waren im Blutrausch, er konnte es sehen. Ihre Augen brannten vor Begierde. Ihre Münder waren wässrig. Die Hände zitterten. Er wusste, dass ihnen heiße Schauer über den Rücken liefen. In ihnen Köpfen brodelte es. Sie konnten keinen klaren Gedanken mehr fassen. Der Instinkt gewann die Überhand. Und der Instinkt war bestialisch.

Im Hexenkessel
    D as Wohnzimmer der Tepes war ein Hexenkessel. Dabei waren gar keine Hexen dort. Nur Vampire. Waschecht und lichtbeständig. Es herrschte Chaos, Geschrei und ... Todesangst.
    Helene stand starr wie ein Rettich im Raum. Ihr Gesicht war weiß, als hätte jemand eine Flasche Tipp-Ex darüber geschüttet. Sie schrie ununterbrochen, während sie einen kleinen, pausbäckigen, etwa zehnjährigen Vampir mit den Augen verfolgte. Er flog um sie herum und versuchte, sie in die Arme zu beißen.
    »Bemaltes Menschenfleisch. Ultimo lecker!«, rief er. Einer der oberen Schneidezähne fehlte. Dafür hatte er zwei Eckzähne. Zwei sehr spitze Eckzähne. Sein pummeliger Körper steckte in einem Superman-Kostüm, auf dessen Brust statt eines ›S‹ ein ›W‹ stand.
    Am Kragen des Kostüms hing ein roter Umhang. An seinen Zipfeln hingen Silvania und Frau Tepes.
    »NEIN!«, schrie Frau Tepes.
    »Hau ab, du kleiner Popelrotzi!«, rief Silvania.
    Helene schrie. Der kleine Vampirsuperman lachte.
    In der anderen Zimmerhälfte langweilte sich auch niemand. Ludo rannte von panischer Angst getrieben um den Wohnzimmertisch herum. Er keuchte, japste und wagte es kaum, sich umzudrehen. Ludo floh vor einer großen, wohlgenährten Vampirdame. Sie lief ihm juchzend und mit offenem Mund nach. Ihre Eckzähne blitzten. Sie sabberte ein wenig.
    »HILFE!«, schrie Ludo. Er hatte die ockerfarbenen Augen weit
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