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Ein zahnharter Auftrag

Ein zahnharter Auftrag

Titel: Ein zahnharter Auftrag
Autoren: Franziska Gehm
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sie ihn grüßte. Das andere Mädchen sah aus, als hätte es den Kopf in ein rußschwarzes Ofenrohr gesteckt und nach der Explosion wieder herausgezogen. Das wäre eine mögliche Erklärung dafür, dass ihre Haare in alle Richtungen abstanden. Beide Mädchen waren leichenblass. Dirk van Kombast fand auch, sie rochen etwas muffig. Aber oft war er noch nicht in ihre Nähe geraten. Das war sicher auch besser so.
    Vermutlich waren die Zwillinge gerade aus der Schule nach Hause gekommen. Familie Tepes war vollständig. Dirk van Kombast riss ein Stück vom fünflagigen Klopapier ab, putzte sich die Nase und atmete tief durch. Von jetzt an wollte er kein Wort mehr verpassen.

In der
Finsternis
    I m Keller des Reihenhauses Nummer 23 war es finster wie im Schlund eines Wals. Bis auf ein unregelmäßiges Atmen links neben ihm und ein leises Aufstoßen rechts neben ihm war es totenstill. Der Raum war kalt. Das lilafarbene Polster im Sarg war weich und roch modrig. Die Heimaterde war feucht und klebrig.
    Der Sarg war etwas zu klein für ihn. Seine spitzen Lackschuhe stießen ans Sargende. Seine Lockenpracht wurde vom oberen Sargende zusammengedrückt. Wer in fremden Särgen schlief, durfte nicht wählerisch sein. Das war nur eins der kleineren Opfer. Weit größere Qualen standen bevor.
    Er starrte in die Finsternis. Das Monokel klemmte wie immer vor dem grünen Auge. Seit er einen Spritzer Tzaziki ins Auge bekommen hatte, musste er es tragen. Es machte ihm nichts aus. Seiner Frau auch nicht. Sie fand ihn mit Monokel noch attraktiver. Sie hatte Geschmack.
    Sein Magen knurrte. Wie gut, dass er immer etwas Trockengetier zum Knabbern dabei hatte. Geschickt fingerte er aus der Westentasche eine Spinne. Sie war schwarz, behaart und platt gedrückt. Er steckte sie in den Mund. Es knackte, als er zubiss. Sie schmeckte köstlich.
    Er fuhr sich mit der langen, spitzen Zunge über die Lippen und die beiden Eckzähne. Dann atmete er tief ein. Es roch ungewohnt, fremd, aber nicht unangenehm. Ein Hauch von Mensch lag in der Luft. Er schloss die Augen. Er musste Kräfte sammeln. Übermenschliche Kräfte. Was ihnen bevorstand, würde jeden Schweiß- und Blutstropfen fordern. Um sein Ziel zu erreichen, würde er bis ans Äußerste gehen. Er war ein Kämpfer.
    Er war nicht allein. Sie waren zu dritt. Noch schlummerten sie im Dunkeln. Bald würden sie hervorkommen. Aus den Tiefen des Kellers vom Reihenhaus Nummer 23. Dann würden sie handeln müssen. Sofort. Rückhaltlos. Es ging um Leben und Tod.

Virus im
Wohnzimmer
    E lvira und Mihai Tepes saßen auf der blutroten Couch im Wohnzimmer. Mihai Tepes hatte die Strümpfe ausgezogen. Seine Füße steckten in einem Katzenklo, das mit transsilvanischer Heimaterde gefüllt war. Er wackelte mit den Zehen, zwischen die ein paar Erdkrümel gerutscht waren. Er schüttelte sich vor Wohlbefinden. Herrlich! Am liebsten würde er sich jetzt noch ein Gläschen Karpovka einschenken und ›Transsilvania, rodna inima moi‹ singen. Aber das wäre wohl zu viel für seine Töchter und ihre neuen Freunde. Und für seine Frau.
    Elvira Tepes trank Kaffee aus ihrer Lieblingstasse, die wie ein Klo mit Deckel geformt war. Ihr Vermieter hatte ihr die Tasse zur Ladeneröffnung geschenkt. Herr Tepes stellte die Tasse nach dem Abwaschen immer ganz hinten in den Schrank. Frau Tepes holte sie immer wieder hervor.
    Elvira Tepes lächelte ihren Töchtern zu. Wie schön, dass sie so schnell Freunde gefunden hatten. Sie musterte den neuen Besucher. Dieser Ludo sah wirklich nett aus. Nur einen etwas merkwürdigen Blick hatte er. Vielleicht saß er zu lange vor dem Computer.
    »Und, wie sieht's aus, Lumbo? Irgendwelche spannenden Hobbys? Schon mal mit Rennzecken versucht?«, fragte Herr Tepes. Mihai Tepes hatte im Keller eine Rennzeckenzucht. Er war sehr stolz darauf. Leider hatte er bis jetzt in Bindburg trotz intensiver Suche noch keine Interessenten für Rennzeckenwetten gefunden. In Bistrien waren Rennzeckenwetten das Freizeitvergnügen überhaupt. Herr Tepes konnte sich nicht vorstellen, dass Fußball spannender sein konnte. Das behauptete sein Schwiegervater hartnäckig.
    »Ähm ... ich heiße Ludo. Was soll ich mit Zecken versucht haben?«
    »Rennzecken. Feinste Zucht! Wir lassen sie gegeneinander antreten. Magst du wetten?« Herr Tepes hatte sich aufgerichtet und sah Ludo hoffnungsvoll an.
    Ludo schüttelte schnell den Kopf.
    Herr Tepes ließ sich zurück auf die Couch fallen.
    Daka und Silvania standen neben Ludo und Helene.
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