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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)
Autoren: Ben Aaronovitch
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ihre Brennöfen mit Schweinefürzen befeuern? Sehr zeitgemäß, aber hallo, wir haben es hier mit einem geheimen unterirdischen Volk zu tun. Da erwarte ich doch ein bisschen mehr als Schweinefürze.« Er zeigte mit dem Finger auf mich. »Ich weiß, dass Sie wissen, was jetzt kommt, weil ich gesehen habe, wie Sie auf meiner Ausstellung reagiert haben.« Er verschränkte die Arme. »Ah, das Publikum, das hat es vage geahnt. Aber Sie, Sie haben es erkannt.«
    »Magie«, sagte ich.
    »Echte, wahre Magie«, sagte Ryan. Und wie ich warer, nachdem er sie einmal erlebt hatte, nicht mehr zu halten gewesen – er hatte sie erlernen müssen. Also machte Stephen sich daran, ihm beizubringen, wie man einen unzerbrechlichen Topf herstellte und dabei so viel Vestigia mit einfließen ließ, dass interessierte Kunstliebhaber von einer »Ahnung des Ewigen« getroffen wurden, wie Ryan es nannte. Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass es Monate dauerte, das zu lernen. »Aber ich wette, das wissen Sie schon, nicht?«
    Stephen beschrieb Ryan den Prozess als »ein Lied im Kopf singen, während man arbeitet«. Man formte sein Objekt, sang im Kopf ein Lied und irgendwie wurde es dadurch magisch.
    »Monat um Monat war ich dort unten, trank Tee, machte mit dem Ton rum und sang im Kopf dazu«, sagte er. »Aber ein Künstler ist wie ein Hai – man muss in Bewegung bleiben, sonst ertrinkt man. Also habe ich Stephen gebeten, nach meinen Vorgaben die Gesichter zu machen, die Sie in der Tate Modern gesehen haben, und das tat er.«
    »Wie haben Sie diesen emotionalen Gehalt hineingekriegt?«, fragte ich. »Und was hat Stephen im Gegenzug dafür bekommen?«
    »Ich habe ihm nur gesagt, er soll sich auf seine Gefühle bei jedem Gesicht konzentrieren.« Er schüttelte den Kopf. »Stellen Sie sich meine Überraschung vor, als sie aus dem Ofen kamen und mehr Ausstrahlung hatten als die besten Schauspieler. Stephen habe ich dafür bezahlt.«
    Ich fragte ihn, ob das nicht Betrug war. Er seufzte übertrieben und meinte, ich solle nicht so spießig sein. »Die Schaufensterpuppen und die anderen objets trouvés habe ich auch nicht selbst hergestellt. Ich habe sie mir nur angeeignet.Kunst bedeutet, etwas zu erschaffen, was mehr ist als die Summe der Teile.« Er wedelte verächtlich mit der Hand.
    Das glaubst du ja wohl selber nicht, dachte ich.
    »Und etwa um diese Zeit erschien James Gallagher?«, fragte ich.
    »Wie ein penetranter Gestank. Sind Amerikaner nicht fürchterlich? Nicht, dass James ein schlechter Kerl war. Das würde ich nie behaupten. Aber da kommt er an mit seinem Geld und seinem Daddy, und na ja, als Maler war er ganz okay, wenn man auf altmodisches Zeug steht. Hätte man ihn zurück in die Belle Époque schicken können, hätten ihm innerhalb einer Woche alle Muschis von Paris zu Füßen gelegen.«
    Und dann musste er auch noch anfangen, sich mit Keramik zu beschäftigen, in Ryans bis dahin geheime kleine Welt einzudringen. Aber damit hätte Ryan leben können, wenn James nicht auch noch besser darin gewesen wäre, im Kopf ein Lied zu singen.
    »Er hat sich natürlich nicht einfach hingesetzt und es beim ersten Mal draufgehabt. Ich habe es ihm gezeigt, ihm geholfen.«
    »Wie lange hat er gebraucht?«
    »Ungefähr drei Wochen. Ich hab’s gespürt, als er so weit war, aber wissen Sie was? Als er das Lied gesungen hat, konnte ich’s plötzlich auch. Im Kopf. Plötzlich war es so einfach. Und da sangen wir zusammen, jeder vor seiner Drehscheibe, den Ton unter den Händen, und einen Moment lang war ich im Einklang mit dem Stoff, aus dem das Universum gemacht ist. Ich hab tatsächlich Sphärenmusik gesungen.«
    Aber ob der Kuchen gelungen ist, zeigt sich erst nach dem Backen. Also kamen am nächsten Tag beide zurück in den Untergrund zur zeremoniellen Öffnung des Brennofens.
    »Für Stephen war das einfach ein Fertigungsprozess. Ein ganz normaler Arbeitstag. Wir mussten also warten, bis er das sonstige Zeug ausgeräumt hatte, bevor er endlich nach hinten zu unseren Tellern kam.« Er lächelte bei der Erinnerung. »Und da waren sie – beide wunderschön gebrannt. Als Stephen mir meinen noch warm in die Hand legte, wusste ich sofort, dass es meiner war. Ich konnte es durch meine Haut hindurch spüren. James und ich sahen uns einfach nur an und lachten wie kleine Kinder.« Ryan verstummte und sah auf seine Hände hinunter. Er rieb einen Augenblick lang geistesabwesend an dem Verband an der rechten.
    »Sie prüfen ihre Ware, indem sie sie gegen
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