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Ein Versprechen aus Afrika

Ein Versprechen aus Afrika

Titel: Ein Versprechen aus Afrika
Autoren: Pierre Bellemare
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sympathisch, ein Allerweltstyp mit einem Gesicht, das man, wenn er außer Reichweite war, sofort wieder vergaß. Zu Recht baute er auf diese »Qualität«. Unser durchtriebener Fuchs gab in verschiedenen Wochenzeitungen seiner Gegend Kleinanzeigen auf, die in diesen Krisenzeiten verlockende Jobs in Aussicht stellten. Die Antworten mussten an ein Postfach gerichtet werden. Trotz dieser Tatsache hegten die Jobsuchenden, die häufig am Rand der Verzweiflung waren und in großer Zahl antworteten, keinerlei Zweifel.
    Manfreron öffnete dann ungeduldig die Briefe. Ihn interessierte bei dieser Flut von Bewerbungen nur das eine: die Identität des Arbeitslosen. Wie durch Zufall erforderten diese Jobs ein Profil, das dem von Jacques selbst sehr ähnelte.
    Die Briefe häuften sich auf seinem Schreibtisch. Doch er griff lediglich die Lebensläufe heraus, die jeder seinem Antrag hatte beifügen müssen. Dann begann die zweite Phase des Geschäfts. Er wandte sich an das jeweilige Arbeitsamt, das für die Zahlung des Arbeitslosengelds für den unglückseligen Bewerber zuständig war. Dabei gab er sich mit gefälschten Unterlagen als der entsprechende Arbeitslose aus und beantragte das Arbeitslosengeld, das ihm dann auch anstandslos überwiesen wurde. Die armen Geprellten, die ängstlich abwarteten, erhielten lediglich eine abschlägige Antwort oder den Beleg für eine Zahlung, die sie nicht erhalten hatten. Sie erstatteten Anzeige und es wurde eine Untersuchung angestellt.
    Jacques, ein typischer Vertreter der modernen Zeit, der sich die Identität der armen Arbeitslosen angeeignet hatte, hoffte, dass er nicht zufällig im Arbeitsamt auf einen von ihnen stieß. Doch er hatte Glück und kassierte das Geld, das eigentlich ihnen zustand.
    Dann trieb er die Verwegenheit so weit, dass er eines seiner Opfer zu Hause aufsuchte. Dabei schlüpfte er in die Rolle eines Inspektors vom Arbeitsamt, bei dem er häufig vorsprach, und wirkte sehr überzeugend. Er hatte nämlich, wie er sagte, einen »Entschädigten« identifiziert, dem die Versicherung aus Versehen eine Zahnbehandlung erstattet hatte, die in Wirklichkeit an Jacques’ Kiefer vorgenommen worden war. Mit teuflischer Geschicklichkeit gelang es ihm, sich in klingender Münze das Geld »erstatten« zu lassen, das der Unglückliche einkassiert hatte, auch wenn dieser nicht verstand, weshalb man ihm eine Zahnbehandlung erstattet hatte, an die er sich nicht erinnern konnte.
    Und so ging es weiter, vierundzwanzig Monate lang. Jacques, der sich immer sicherer fühlte und wie eine kleine, aber emsige Maus sein Loch in den riesigen Käse der öffentlichen Gelder grub, wurde noch dreister und spezialisierte sich auf die Herstellung falscher Ausweise. Dazu gehörte auch ein Polizeiausweis, den er kaltblütig echten Polizisten, die ihn auf der Straße anhielten, unter die Nase hielt. »Ich bin einer von euch«, versicherte er ihnen, ohne mit der Wimper zu zucken. Doch die Polizisten waren misstrauisch. Sie stellten Nachforschungen an und nahmen ihren angeblichen Kollegen wegen Betrugs fest. Dieser musste dann vier Jahre hinter Gitter. Hoffentlich bewahrten sie in der Zwischenzeit seine Akte fürs Arbeitsamt auf.
     

Die Geschichte von den Truthähnen
     
    2. September 1950. In Lübeck, dem großen norddeutschen Hafen an der Ostsee, war Feiertag. Man beging die Siebenhundertjahrfeier der Marienkirche, die Ende des 13., Anfang des 14. Jahrhunderts erbaut worden war. Und zu diesem Anlass sollte eine der noch sichtbaren Spuren des noch nicht allzu lange zurückliegenden Krieges beseitigt worden sein...
    In der Nacht vom 28. auf den 29. März 1942 hatte nämlich ein Luftangriff das Gotteshaus getroffen. Vor allem die Wandfresken über der Apsis des Chors und an den Seiten waren stark beschädigt worden. Die Fresken waren ungefähr im Jahr 1300 angefertigt worden und stellten Meisterwerke der frühen Malerei in Deutschland dar. Als der Krieg beendet war, hatte man beschlossen, sie zu restaurieren. Damit wurde der große Fachmann auf diesem Gebiet, der Maler Dietrich Fey, betraut, und die Restauration sollte unter der Aufsicht von Bruno Fendrich, dem Kirchenverwalter, durchgeführt werden. Da es sich jedoch um ziemlich umfangreiche Restaurationsarbeiten handelte, engagierte Dietrich Fey einen jungen Künstler, der gleichfalls auf diesem Gebiet Erfahrung hatte: Lothar Malskat.
    Alles verlief nach Plan und am 2. September, dem vorgesehenen Datum, wurden die restaurierten Fresken von den Vertretern der
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