Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein verruchter Lord

Ein verruchter Lord

Titel: Ein verruchter Lord
Autoren: Celeste Bradley
Vom Netzwerk:
verändert. Jedes Zeichen friedlicher Ruhe war dahin. Sein ganzer Körper bewegte sich in unruhigen, unkontrollierten Zuckungen – die Muskeln spannten sich an, und ein leiderfüllter Schrei des Protests drang über seine Lippen. Aller Schmerz, alle Verlusterfahrungen und -ängste kamen darin zum Ausdruck.
    Erneut näherte sie sich dem Bett. Es war kein bewusster Entschluss. Ihre Füße trugen sie automatisch dorthin – sie reagierte bloß auf den Entsetzensschrei, dessen Zeuge sie wurde.
    Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. » Jack? « Ihr Flüstern ging unter in dem gestammelten Schrecken seines Albtraums. Mittlerweile glänzte seine Haut schweißfeucht, und die Hände ballten sich zu Fäusten. Seine Finger krallten sich ins Bettlaken und zerrissen es.
    Sollte sie jemanden holen? Aber wen? Ihre Eltern? Undenkbar! Wie sollte sie ihnen ihre Anwesenheit im Schlafzimmer eines Mannes erklären? Einen Dienstboten? Die konnten auch nicht mehr tun als sie selbst.
    » Jack! «
    Sie beschloss, ihn aufzuwecken, doch er war zu tief gefangen in diesem wiedererlebten Horror, um sie zu hören. Energisch begann sie ihn zu schütteln. Sie musste es tun, konnte ihn nicht seinem Albtraum überlassen. Was aber würde sie sagen, wenn er erwachte? Dass sie seine Schreie gehört habe? Möglich. Allerdings durfte er dann nicht wissen, dass ihr Zimmer in einem ganz anderen Gebäudetrakt lag.
    Während sie sich noch Erklärungen zurechtlegte, streckte sie eine zitternde Hand nach ihm aus. Nackter Mann, bloße Haut … Wo sollte sie ihn berühren? Zögernd legte sie ihre Finger auf seine Schulter, versuchte nicht an die Hitze seines Körpers zu denken, nicht an die Intimität des Gefühls von Haut an Haut. Kurz und heftig rüttelte sie ihn. » Jack! Wach auf! «
    Eine Hand schlug um sich, schob ihre beiseite. Sie biss sich auf die Unterlippe und rückte näher, raffte ihren Hausmantel und kniete sich auf die Matratze. Beugte sich vor und griff erneut nach seiner Schulter. » Jack! «
    Er bäumte sich auf und schrie, brachte sie aus dem Gleichgewicht, sodass sie auf seiner nackten Brust landete und seine Hitze durch ihren Körper zu schießen schien. Dennoch blieb er in seinem Traum gefangen.
    » Blakely « , keuchte er.
    Mein Gott, dachte sie. Er rief nach seinem gefallenen Cousin und engstem Vertrauten. Vorbei alles Zaudern und alle Verlegenheit, alle Rücksichtnahme auf Anstand und gesellschaftliche Normen. Entschlossen drückte sie seinen zitternden Körper mit ihrem auf die Matratze und streichelte sein Gesicht. » Schsch, Jack, es ist vorbei. Du bist zurück. Schsch. Du bist in Sicherheit. «
    Seine konvulsivischen Zuckungen ließen ein wenig nach. Dadurch ermutigt, fuhr sie fort, die Spuren des Schmerzes und des Entsetzens von seinem Gesicht zu streicheln. Wolken schoben sich vor den Mond und verdrängten das Licht. Die Dunkelheit machte sie noch mutiger, und sie übersäte sein Gesicht mit eiligen Küssen. » Schsch. Komm zu mir zurück, Jack! Komm zurück nach England! «
    Mit jeder Minute, die verstrich, löste sich seine Anspannung ein wenig mehr. Das atemlose Keuchen verlor an Heftigkeit, und sie spürte, wie sein Herzschlag sich verlangsamte. Sie umklammerte ihn, fuhr mit den Händen durch sein feuchtes Haar, rief nach ihm, flüsterte seinen Namen, küsste seine Wangen, seine Stirn, seine zusammengepressten Lippen.
    Zunächst bemerkte sie es nicht einmal, wie ihr Mund immer länger auf seinem verweilte. Es fühlte sich so richtig an, auf ihm zu liegen, die Finger in seinem Haar und ihre Lippen auf seinen. Plötzlich hoben sich seine Hände, legten sich um ihr Gesicht – jetzt küsste er sie, und zwar auf eine ungewohnte Art: leidenschaftlich und fordernd. Und sie? Zu lange lag sie bereits auf seinem großen, festen, nackten Körper, zu lange massierten ihre Hände seinen Nacken und seine Schultern, zu lange sog sie seinen Duft ein, spürte seinen Atem – zu lange schon berührte und küsste und presste sie sich an ihn …
    Als er sich auf sie rollte und den Kuss vertiefte, war sie so benommen, dass ihr gar nicht in den Sinn kam, dass irgendetwas daran falsch sein könnte.
    John Redgrave, durch den Tod seines Cousins Blakely zum Erben des Marquis of Strickland geworden, fühlte sich beim Aufwachen zum ersten Mal seit Wochen ausgeruht und frisch. Es war die erste Nacht ohne erneutes Durchleben all der Schrecken und Gräuel gewesen. Stattdessen war die Frau, der sein Herz gehörte, zu ihm gekommen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher