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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I
Autoren: Y.S. Lee
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herausfordernd.
    »Ich würde gerne als Ihre Gesellschafterin anfangen, wenn es Ihre Mutter für passend hält«, erwiderte Mary.
    »Ich will niemand zur Gesellschafterin.« Das Mädchen ließ den kalten Blick aus blauen Augen über Marys bescheidene Haltung und das unschmeichelhafte Kleid gleiten. »Und schon gar keine Ausländerin. Woher sind Sie?«
    »London.«
    Angelica schnaubte verächtlich. »Mit den Augen und dem Haar?«
    Zu ihrem Unwillen errötete Mary vor Ärger. »Meine Mutter war Irin. Einige Iren haben dunkle Augen und dunkles Haar.«
    »Nur halb englisch   …« Angewidert verzog Angelica den Mund. »Wie alt sind Sie denn?«
    »Zwanzig.« Die Lüge ging ihr nicht leicht über die Lippen. Mary wusste, dass sie nicht annähernd wie zwanzig aussah, aber keiner würde ein siebzehnjähriges Mädchen einstellen.
    Angelicas Mutter kam ihrer Tochter, die das offensichtlich nicht glaubte, mit besorgt zitternder Stimme zuvor. »Mein süßes Mädchen, wo bleiben deine Manieren? Miss Treleaven muss dich ja für ganz unerzogen halten.«
    Das süße Mädchen sah zu Boden und murmelte kaum hörbar: »Guten Tag.«
    »Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen, Miss Thorold«, murmelte Anne Treleaven. »Wie ich höre, sind Sie sehr musikalisch.«
    Mary reagierte auf das Stichwort und plauderte ein wenig über Musik. Schmeichelnd zogen sie und Anne Treleaven Angelica in eine fast normale Unterhaltung und überredeten sie schließlich, ihnen etwas vorzuspielen. Mary machte sich auf eine süßliche populäre Ballade gefasst, die gekünstelt vorgetragen wurde; stattdessen bot ihnen Angelica ein Bach-Präludium, das sie sehr rasch und stürmisch hinlegte, und tat zum Schluss so, als würde sie ihreüberraschten und bewundernden Gesichter nicht bemerken.
    Als das Tablett mit dem Tee gebracht wurde, übernahm Angelica automatisch die Regie. Mit Geklirre teilte sie die Tassen aus, rührte absichtlich zu viel Zucker in Anne Treleavens Tee und konnte sich gerade noch beherrschen, den Gästen den Teller mit den Keksen nicht auf den Schoß zu werfen. Ein oder zwei rutschten dennoch auf den Teppich, aber Mrs Thorold schien es nicht zu bemerken.
    Trotz der Anstrengungen von Mary und Anne Treleaven wurde der Tee unter fast völligem Schweigen eingenommen. Mrs Thorold ließ sich schläfrig in ihren Sessel zurücksinken und lächelte von Zeit zu Zeit abwesend, während sich Angelica bei jeder Frage, die an sie gerichtet wurde, einen Keks in den Mund schob und mit den Schultern zuckte. Durch ihre Beharrlichkeit erfuhren die beiden jedoch schließlich, dass Angelica achtzehn war; ihr Mädchenpensionat in Surrey hatte sie im Jahr zuvor verlassen; ihre Schulfreundinnen vermisste sie gar nicht, sie seien alle langweilig und dumm gewesen; in London habe sie keine speziellen Freundinnen; Klavierunterricht bekam sie zweimal pro Woche an der Königlichen Musikakademie; darüber hinaus verbrachte sie die Zeit mit langweiligen Gesellschaften. Es war schwierig festzustellen, ob sie etwas gegen Anne Treleaven und Mary im Besonderen hatte oder ob sie die ganze Welt hasste.
    Nachdem das Teegeschirr abgeräumt worden war, schien Mrs Thorold wieder aufzuwachen. Sie versuchtesich in ihrem Sessel aufzurichten und seufzte. »Nun, mein süßes Kind?«
    Angelica warf Mary nur einen kurzen Blick zu. »Nein.«
    Mary erstarrte. Sie war durchgefallen, so kurz und bündig? Sie widerstand dem Impuls, Anne Treleaven anzusehen.
    Mrs Thorold blinzelte zweimal, dann seufzte sie erneut. »Ach, mein Liebes. Wir können nicht ewig so weitermachen, weißt du.«
    »Doch. Bis du begreifst, dass ich keine dämliche Gesellschafterin haben will.«
    Mrs Thorold wurde blass. »Deine Sprache, mein Liebling!«
    »Mama, ich möchte keine professionelle Gesellschafterin. Hast du das verstanden?«
    Einige Sekunden herrschte Schweigen und alle vier Frauen saßen wie erstarrt auf ihren Stühlen. Schließlich durchbrach Anne Treleaven die verfahrene Situation. »Mrs Thorold, es wäre mir nicht recht, Miss Thorold die Gesellschaft von Miss Quinn aufzudrängen; das würde sich höchst ungünstig auf beide auswirken.«
    Angelica zeigte ein unverhohlenes Grinsen.
    Mary sackte innerlich in sich zusammen.
    »Möglicherweise«, fuhr Anne Treleaven fort, »hätte Miss Thorold jedoch gerne eine andere Art von Gesellschaft? Eine ältere Person vielleicht, die einen steten Einfluss auf sie ausübte? Ich habe da eine ältere Lehrerin des Instituts vor Augen, die   –«
    »Auf keinen Fall«,
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