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Ein unversoehnliches Herz

Titel: Ein unversoehnliches Herz
Autoren: Håkan Bravinger
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die ihn oft hinterrücks überfiel und ihn in einen Zustand vollkommener Arbeitsunfähigkeit versetzte. Er hätte nie geglaubt, dass er den Tag überleben würde, an dem Amelie ihn schließlich verließ.
    Seine Rettung hieß Madeleine. Ohne sie wäre er untergegangen, das wusste er genau. Sie hatte ihm die Geborgenheit gegeben, die er so dringend benötigte. Sie opferte sich für ihn auf, dessen war er sich bewusst, aber er hätte sie nie, niemals dazu gezwungen, wenn sie es nicht selbst gewollt hätte. Es war sein größter Wunsch, dass diese glückliche Phase in seinem Leben eine Versöhnung in seiner Familie herbeiführen würde. Wenn sie doch nur die schrecklichen Dinge hinter sich lassen könnten, den Verrat und die Wutanfälle, die Anschuldigungen und Kleinlichkeiten.
    Es war an der Zeit, den Blick nach vorn zu richten, in eine neue Zeit, die von Zuversicht und Zukunftsglauben geprägt war. Er wollte, dass Poul dies verstand. Deshalb war die Begegnung mit ihm so wichtig. Poul sollte einsehen, dass er ein neuer Mensch war. Er war ein hart arbeitender Mann, der gelernt hatte, Verantwortung zu übernehmen, und der willens war, um Verzeihung für seine Taten zu bitten und zu verzeihen, was andere ihm angetan hatten.
    Zum ersten Mal seit Jahren bestand die Möglichkeit, den Kontakt wieder aufzunehmen. Leicht würde es allerdings nicht werden, das wusste er. Poul und seine Frau Gunhild hatten ihn systematisch von ihrem Zuhause ferngehalten. Offensichtlich war es eher Gunhild als Poul gewesen, die sich widersetzte. Sie wirkte so zurückhaltend und sanftmütig, aber wenn jemand sie verletzte, wurde sie zu einer wahren Gorgo. Und sie fühlte sich von ihm gekränkt, seit er aus seinen Flitterwochen mit Amelie heimgekehrt war.
    Seit ihrem Verrat an ihm und Amelie.
    Er fand noch immer, dass Gunhild sich bei ihm dafür entschuldigen sollte, was sie durch ihre widerwärtige Ehe mit Poul ausgelöst hatte. Widerwärtig, weil sie seine eigene mit Amelie, ihrer eigenen Tochter, der Lächerlichkeit preisgegeben hatte. Er rief sich die zahllosen Gelegenheiten in Erinnerung, bei denen er gehört hatte, wie sich die Leute über Amelie und ihn lustig machten, wenn sie Feste und Empfänge besuchten.
    Zwar hatte man ihnen nicht offen ins Gesicht gelacht, aber hinter seinem Rücken hörte er die Verachtung und spitzfindigen Bemerkungen und erahnte das höhnische Grinsen. Der eine Bruder mit der Tochter verheiratet, der andere mit der Mutter.
    Aber wenn er Gunhild vorwarf, Amelie zu manipulieren, fand sie ihn ungerecht. Er wusste, seine aufbrausende Art hatte zur Folge, dass seine Worte giftiger ausfielen als beabsichtigt, trotzdem wollte es ihm nicht in den Kopf, dass eine kluge und erfahrene Frau tun konnte, was sie getan hatte. Poul traute er alles zu, aber dass Gunhild ihre Tochter einer solchen Situation aussetzte, ging über seinen Verstand.
    Und dann, als seine Ehe mit Amelie zu zerbrechen drohte, stellte sich Gunhild ohne Wenn und Aber auf die Seite ihrer Tochter, verstieß ihn und zwang Poul, dasselbe zu tun. Ihr Entschluss war durch nichts zu erschüttern gewesen.
    In dieser aufgeheizten Situation waren die Blicke aller auf Andreas gerichtet gewesen. Alles Schlechte, was sich ereignet hatte, war seine Schuld. Seine Versuche, sich zu verteidigen, waren völlig zwecklos gewesen, seine Sicht der Dinge wollte niemand hören. Sie hatten ihre Entscheidung getroffen.
    Mittlerweile lebte Amelie jedoch in Rom und er war in zweiter Ehe mit Madeleine verheiratet. Sollte es unter diesen Umständen wirklich keine Möglichkeit zu einer Versöhnung geben? Er stellte sich die Frage, während er die Straße überquerte, vor dem Hauptbahnhof stehen blieb und den Gruß eines älteren Mannes erwiderte, der sein »Guten Tag« regelrecht salutierte. Was sah dieser Mann, bei dem sich Andreas fast sicher war, ihm nie zuvor begegnet zu sein, in ihm? Und warum grüßte er so übertrieben?
    Wahrscheinlich hat er gesehen, was alle anderen auch sehen, dachte Andreas. Den angespannten Mund, dessen Winkel leicht hochgezogen wurden, was manch einer zeit seines Lebens als verschlagenes Lächeln fehlinterpretieren würde. Als würde sich dahinter ein Geheimnis, etwas Unbekanntes, vielleicht sogar Furchterregendes verbergen, von dem nur er etwas wusste. Ansonsten schienen die Menschen zu finden, dass sein Äußeres Ruhe ausstrahlte: der kurze Hals, die eng stehenden Augen mit ihrem durchdringenden Blick, die kräftige, aber wohlgeformte Nase, der betonte
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