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Ein unverbindliches Ja

Ein unverbindliches Ja

Titel: Ein unverbindliches Ja
Autoren: Katja Reuter
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3:
DER PARKPLATZGOTT KANN MICH MAL
    Am nächsten Morgen will Suse alles ganz genau wissen, und das natürlich sofort, jetzt, hier und auf der Stelle – vor ihrem Termin beim Friseur. Überschwänglich erzähle ich ihr alles haarklein. Erkläre ihr das große Chaos in ihrem Zimmer. Sie lächelt, entschuldigt alles – wie könnte es auch anders sein. Wir sind nun einmal die besten Freundinnen.
    Suse und ich kennen uns sozusagen ein Leben lang. Wir sind in der gleichen Reihenhaussiedlung aufgewachsen. Unsere Mamas waren schon befreundet, als noch nicht an uns zu denken war. Als es uns gab, schuckelten sie gemeinsam mit uns im Kinderwagen durch die Straße und später sorgten sie sogar dafür, dass wir in der Schule dieselbe Klasse besuchen konnten. Aber das ist ein anderes Kapitel.
    Während ich so plaudere, breiten wir einen Stapel Zeitschriften vor uns auf dem Fußboden aus, weil Suse verzweifelt die Abbildung einer ganz bestimmten Frisur als Vorlage für ihren Friseur sucht. Sie möchte sich ihre schönen blonden Haare abschneiden lassen. Jeder Versuch, sie davon abzuhalten, scheitert. So ist es immer. Hat sie sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt, ist jede Diskussion zwecklos.
    Sie meint, vor einiger Zeit ein entsprechendes Bild in einer ihrer Zeitschriften gesehen zu haben. Nur leider hat sie vergessen, wo es war. Nun bleibt uns nichts anderes übrig, als geduldig eine Zeitschrift nach der anderen durchzublättern. Dabei stoße ich auf eine sehr erotische Werbung, die mich unwillkürlich an Hendrik erinnert. Andauernd muss ich an ihn denken. Und jetzt dieses Bild, auf dem eine junge, hübsche Frau auf dem Schoß eines Mannes sitzt und ihn küsst. Ein Hollywood-Kuss.
    »Das ist es!«, sage ich begeistert.
    »Hast du das Bild gefunden?«, fragt Suse neugierig.
    »Nein, ich habe hier etwas anderes entdeckt.«
    Suse guckt verdutzt aus der Wäsche. »Und was? Nun mach es nicht so spannend, zeig her.«
    Erwartungsvoll zeige ich Suse die aufgeschlagene Zeitschrift und frage: »Rate mal, woran mich das erinnert?«
    Anscheinend hat sie genau zugehört, oder habe ich diesen einen gewissen Kuss in letzter Zeit mehrmals erwähnt? Suse weiß sofort Bescheid.
    »Ja, ja, du willst mir jetzt sagen, dass dieses Mädchen bei Hendrik auf dem Schoß sitzt und Mareike heißt.«
    Bingo!
    »Genau. Suse, weißt du was? Ich werde es ihm schicken. Was hältst du davon?«
    Sie schmunzelt genüsslich. »Ich kenne keinen Mann, der bei diesem Bild nicht nervös werden würde. Es ist echt klasse.«
    Und sie muss es ja wissen. Suse bringt mir eine Schere. Bestätigt in meinem Vorhaben trenne ich es heraus.
    »Willst du es einscannen? Ich habe doch jetzt den neuen Scanner. Das sieht dann professioneller aus. Briefmarken müsste ich auch noch irgendwo haben, mal schauen.«
    Suse macht sich auf die Suche. Sie scheint von meiner Idee begeistert zu sein. Ich setze mich an ihren PC, scanne das Bild ein und schreibe mit Großbuchstaben darüber: WANN SEHE ICH DICH WIEDER?
    Drei Tage später bin ich mit Harry auf einer Vernissage. Ein beeindruckendes Ölgemälde mit wild aneinandergereihten roten und schwarzen Pinselstrichen fesselt meinen Blick. Es trägt den Titel Blutender Stier . Dieses schreiende Rot – mir wird heiß und kalt. In meinen Augen symbolisiert das Bild die Gefühle des leidenden Tieres. Durch die grelle Farbgebung wird bei dem Betrachter der Schmerz des Stieres geradezu fühlbar. Diese Darstellung ist einfach toll – mir fehlen die Worte. Als ich letztes Jahr mit Suse in Kapstadt war, habe ich ein ähnliches Ölbild gemalt. Auf grünem Hintergrund sind rote Farbflecken verteilt. Es trägt den Titel: Erschossene Burenschweine auf dem Golfplatz .
    Harry teilt meine Begeisterung nicht. Das war mir klar und ist auch der Grund, warum ich ihm mein Bild niemals zeigen werde. Er brabbelt den Satz der Unkreativen:
    »Und so etwas nennt sich Kunst. Wo soll denn da ein Stier sein?«
    Meine Geduld ist am Ende. »Wenn du einen Stier sehen willst, musst du schon auf einen Bauernhof fahren. Und vergiss deinen Fotoapparat nicht!«
    Hendrik hätte solch einen dummen Spruch bestimmt nicht losgelassen. Ich muss an seine beiden Jesusbilder denken. Apropos Hendrik – ich habe immer noch nichts von ihm gehört. Ob er auf meinen Brief überhaupt reagiert? Irgendwie bin ich traurig, dass er jetzt nicht da ist. Schließlich wäre er eine bessere Partie als Harry.
    Mein einziger Trost ist, dass die anderen Besucher hier recht locker sind. Ich denke,
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