Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein unmoralischer Handel

Ein unmoralischer Handel

Titel: Ein unmoralischer Handel
Autoren: Stephanie Laurens
Vom Netzwerk:
mysteriöse Gräfin, wer auch immer sie sein mochte, hatte in einfachen Worten unumwunden um dieses Treffen gebeten, damit sie ihm ihr Hilfegesuch persönlich darlegen konnte.
    Also er war jetzt hier - doch wo war sie?
    Gerade als ihm das durch den Kopf ging, begannen die Glocken der Stadt zu läuten, durchdrang der vielstimmige Widerhall die nächtliche Stille. Nicht alle Glockentürme schlugen auch zur Nachtzeit, doch es waren genug, um aus den unterschiedlichen Rhythmen von Hall und Widerhall ein seltsames Konzert in verschiedenen Tonlagen erstehen zu lassen. Dann wurden die gedämpften Laute allmählich leiser und verstummten. Stille senkte sich erneut herab.
    Gabriel setzte sich wieder in Bewegung. Ungeduldig ging er leichten Schrittes langsam den Säulengang hinunter.
    Und da trat sie aus den tiefen Schatten des Kirchenportals. Feuchter Nebel umwehte ihre Röcke, als sie sich langsam und majestätisch zu ihm umwandte. Sie trug Mantel und Schleier - so undurchdringlich, so verschwiegen und geheimnisvoll wie die Nacht.
    Gabriel kniff die Augen etwas zusammen. War sie schon die ganze Zeit hier gewesen? War er an ihr vorübergegangen, ohne sie zu sehen oder ihre Gegenwart zu spüren? Er ging auf sie zu, wobei er seine Schritte nicht verlangsamte. Sie hob den Kopf, als er näher kam, wenn auch nur leicht.
    Sie war sehr groß. Als er nur einen Schritt vor ihr stehen blieb, stellte Gabriel fest, dass er nicht über ihren Kopf hinwegsehen konnte, was ziemlich außergewöhnlich war. Er maß deutlich über eins achtzig, folglich musste die Gräfin ihrerseits diese Größe erreichen. Trotz ihres schweren Umhangs hatte ein Blick genügt, um sich zu versichern, dass diese eins achtzig perfekt proportioniert waren.
    »Guten Morgen, Mr Cynster. Danke, dass Sie gekommen sind.«
    Während er leicht den Kopf neigte, verwarf er jeglichen Gedanken, es könne sich hier um einen verrückten Streich oder um einen jungen Mann in Frauenkleidern handeln. Die wenigen Schritte, die sie vor seinen Augen gemacht, die Art und Weise, wie sie sich zu ihm umgewandt hatte - all das vermittelte seinen geübten Sinnen, dass sie eine Frau sein musste. Und ihre Stimme, sanft und tief, war Weiblichkeit in ihrer reinsten Form.
    Eine reife Frau - sie war mit Sicherheit nicht mehr jung.
    »In Ihrer Nachricht stand, dass Sie meiner Hilfe bedürfen.«
    »Ja, so ist es.« Einen Augenblick später fügte sie hinzu: »Besser gesagt: meine Familie.«
    »Ihre Familie?« In der Dämmerung war ihr Schleier undurchdringlich, nicht einmal eine Andeutung ihres Kinns oder ihrer Lippen konnte er erkennen.
    »Meine Stieffamilie, sollte ich wohl sagen.«
    Ihr Parfüm drang an seine Nase, exotisch, verlockend. »Vielleicht sollten wir erst einmal klären, worin Ihre Schwierigkeiten bestehen und weshalb Sie der Meinung sind, ich könnte Ihnen helfen.«
    »Sie können helfen. Ich hätte Sie niemals gebeten, sich mit mir zu treffen - würde niemals aussprechen, was ich Ihnen gleich entdecken werde -, wenn ich nicht wüsste, dass Sie uns helfen können.« Sie machte eine Pause und holte tief Luft. »Meine Schwierigkeiten beruhen auf einer Schuldverschreibung, unterzeichnet von meinem seligen Ehemann.«
    »Ihrem seligen Ehemann?«
    Sie nickte leicht. »Ich bin Witwe.«
    »Wann ist Ihr Ehemann verstorben?«
    »Vor über einem Jahr.«
    »Also ist sein Testament bereits eröffnet worden.«
    »Ja. Der Titel und das gesamte Erbe wurden auf meinen Stiefsohn Charles übertragen.«
    »Stiefsohn?«
    »Ich war die zweite Frau meines Mannes. Wir waren nur wenige Jahre verheiratet - für ihn war es eine sehr späte zweite Ehe. Er war schon einige Zeit vor seinem Tod leidend. Alle seine Kinder stammen aus erster Ehe.«
    Er zögerte, fragte dann aber doch: »Verstehe ich es richtig, dass Sie die Kinder Ihres verstorbenen Ehemannes unter Ihre Fittiche genommen haben?«
    »Ja. Ich fühle mich für ihr Wohlergehen verantwortlich. Sie sind auch der Grund, weshalb ich mich an Sie gewandt habe.«
    Gabriel musterte ihre verschleierte Silhouette und war sich sehr wohl bewusst, dass sie dasselbe mit ihm tat. »Sie erwähnten eine Schuldverschreibung?«
    »Ich sollte vielleicht erklären, dass mein Mann eine Schwäche für Spekulationsgeschäfte hatte. Während der letzten Jahre haben der Buchhalter unserer Familie und ich uns nach Kräften bemüht, seine Investitionen in solche Geschäfte auf ein Minimum zu beschränken; Bemühungen, mit denen wir ziemlich erfolgreich waren. Wie dem auch sei, vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher