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Ein unmoralischer Handel

Ein unmoralischer Handel

Titel: Ein unmoralischer Handel
Autoren: Stephanie Laurens
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bekannt für seine umfangreiche Bibliothek. Seit Jahrhunderten lebten Morwellans auf diesem Land, lange vor der Gründung der Grafschaft im 15. Jahrhundert. Das derzeitige elegante Haus hatte ihr Großvater erbaut, die Gärten waren unter seinem gestrengen Auge fachkundig angelegt worden.
    Als sie den mit Schnitzereien verzierten Schreibtisch erreichte, der in den letzten elf Jahren der ihre geworden war, betrachtete Alathea den in der Mappe liegenden Brief. Sie würde nicht zusammenbrechen angesichts des drohenden Unheils, das der Brief ankündigte. Nichts - und niemand - würde den schlichten Frieden ihrer Familie stören, dessen Sicherung sie die vergangenen elf Jahre ihres Lebens gewidmet hatte.
    Während sie erneut Wiggs’ Brief überflog, wurde ihr die Ungeheuerlichkeit dessen bewusst, was ihr bevorstand. Sie war zu praktisch veranlagt, um die Schwierigkeiten und Gefahren zu verkennen. Außerdem war es nicht das erste Mal, dass sie am Rande eines Abgrundes stand, den finanziellen und gesellschaftlichen Ruin vor Augen.
    Sie nahm den Brief, setzte sich und las ihn noch einmal durch. Er war die Antwort auf ihr dringliches Schreiben, das sie vor drei Tagen per Eilpost nach London gesandt hatte. Vor drei Tagen, als ihre Welt zum zweiten Mal in ihrem Leben in ihren Grundfesten erschüttert worden war.
    Beim Staubwischen im Schlafzimmer ihres Vaters hatte ein Dienstmädchen das Dokument in einer Vase entdeckt. Zum Glück war das Mädchen so klug gewesen, das Papier Mrs Figgs, der Haushälterin und Köchin, auszuhändigen, die damit unverzüglich in die Bibliothek geeilt war, um es ihr vorzulegen.
    Nachdem sie sich vergewissert hatte, nichts in Wiggs’ Schreiben übersehen zu haben, legte Alathea den Brief beiseite. Ihr Blick wanderte zur linken Schreibtischschublade, in der sich das unheilvolle Dokument befand. Ein Schuldschein. Sie musste ihn nicht noch einmal lesen - jedes noch so kleine Detail hatte sich ihr ins Gedächtnis eingebrannt. Der Wechsel verpflichtete den Grafen von Meredith, auf Abruf eine Summe zu bezahlen, die den gegenwärtigen Wert der Grafschaft bei weitem überstieg. Im Gegenzug sollte der Earl einen hübschen Anteil an den von der Central East Africa Gold Company erzielten Gewinnen erhalten.
    Selbstverständlich wurde keinerlei Garantie gewährt, dass die Gesellschaft jemals solche Gewinne erzielen würde, und weder sie noch Wiggs noch irgendeiner seiner Kollegen hatte je von der Existenz einer Central East Africa Gold Company gehört.
    Hätte es etwas genutzt, die Note zu verbrennen, sie hätte mit Freuden ein Feuer auf dem kostbaren Aubusson-Teppich entzündet, doch es war nur eine Kopie. Ihr gutmütiger, weichherziger, hoffnungslos lebensuntüchtiger Vater hatte, ohne auch nur zu ahnen, was er da tat, mit seiner Unterschrift die Zukunft seiner Familie aufs Spiel gesetzt. Wiggs hatte bestätigt, dass der Wechsel geltendem Recht entsprach und jederzeit eingelöst werden konnte, was den Bankrott der Familie bedeutete, sobald die festgesetzte Summe eingefordert wurde. Sie würden nicht nur die kleineren Ländereien und Morwellan House in London verlieren - es war ohnehin noch bis unters Dach mit Hypotheken belastet -, sondern auch Morwellan Park und alles, was dazugehörte.
    Wenn sie dafür sorgen wollte, dass die Morwellans in Morwellan Park blieben, dass Charlie und seine Söhne das Heim ihrer Vorfahren unangetastet erbten, dass ihre Stiefschwestern ihre Einführung in die feine Gesellschaft feierten und Gelegenheit zu einer standesgemäßen Heirat bekämen, dann musste sie irgendeinen Ausweg aus dieser Katastrophe finden.
    Wie sie es ja schon einmal getan hatte.
    Während sie geistesabwesend den Stift immer wieder auf die Schreibunterlage tippte, starrte Alathea mit leerem Blick zum Porträt ihres Großvaters hinauf, der von der anderen Seite des Raumes auf sie herabsah.
    Es war nicht das erste Mal, dass ihr Vater die Grafschaft an den Rand des Ruins gebracht hatte; schon einmal hatte sie sich von bitterster Armut bedroht gesehen. Für eine Dame von Stand, die sich zeit ihres Lebens nur in den feinsten Kreisen bewegt hatte, war diese Aussicht einfach grauenvoll gewesen - und hatte auch heute nichts von ihrem Schrecken verloren, schließlich lag dergleichen für sie eigentlich jenseits aller Vorstellungskraft. Bittere Armut war etwas, wovon sie nicht die leiseste Ahnung hatte - und sie verspürte auch nicht das geringste Bedürfnis, sich oder - was noch viel wichtiger war - ihre
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