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Ein unerhörtes Angebot

Ein unerhörtes Angebot

Titel: Ein unerhörtes Angebot
Autoren: MARY BRENDAN
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entschädigten.
    „Bitte, begleite mich doch in den Laden, Jason. Wie soll ich denn sonst wissen, ob ich dir besser in blauem Satin gefalle oder in hellgelber Seide?“
    Jason war nahe daran, seiner hübschen Mätresse zu gestehen, dass ihn nichts weniger beschäftigte als die Frage, wie sie sich zu kleiden beliebte. Der einzige Grund, weswegen er für den Putz einer Frau aufkam, war, ihn zerknittert auf dem Boden liegen zu sehen. „Wenn du dich nicht entscheiden kannst, kauf beides.“
    Diana zeigte ihre Freude über seine Großzügigkeit, indem sie auf dem Sitz des Phaetons näher zu ihm heranrutschte und ihre Hüfte herausfordernd an seiner rieb.
    Jason lächelte nachsichtig und nickte einem Gentleman zu, der ihm von der anderen Straßenseite aus zuwinkte. „Ich werde gleich nachkommen. Dort drüben steht Peter Wenham, und ich habe etwas mit ihm zu besprechen.“
    Diana verbarg ihren Ärger hinter einem hübschen Schmollen. Einer der Vorteile, wenn man sich einen so angesehenen und wohlhabenden Beschützer geangelt hatte, war die Möglichkeit, ihn stolz den neidischen Geschlechtsgenossinnen vorzuführen. Und der Ort, an dem Diana ihren Fang am besten zur Schau stellen konnte, war Baldwin’s Emporium, wo von morgens bis abends Frauen jeden gesellschaftlichen Ranges damit beschäftigt waren, die Unmengen kostspieliger Waren zu durchstöbern.
    Dianas trotzige Miene erhellte sich umgehend, als sie eine Bekannte entdeckte. Mrs. Bertram kam in ihre Richtung, eine unscheinbare Zofe im Schlepptau. Offensichtlich war sie schon seit geraumer Zeit unterwegs, denn das arme Mädchen trug eine Unzahl von Einkäufen.
    Georgina Bertram war die Mätresse Lord Frobishers, eines ehemaligen Geliebten von Diana. Die beiden jungen Frauen waren im gleichen Alter und zerlumpt im Schatten der Hafendocks im ärmlichen Osten Londons aufgewachsen. Beide waren überreich mit weiblichen Reizen gesegnet und dem schlauen Gespür, diese Reize geschickt zu nutzen. Es war ihnen gelungen, der Plackerei und dem Elend zu entfliehen, die ihre Mütter hatten ertragen müssen, und seitdem gaben sie sich einem gutmütigen Wettbewerb hin, wer von beiden den reichsten Gentleman für sich gewinnen konnte. Diana drückte Jasons Arm und ließ sich von seinem Reitknecht beim Aussteigen helfen. „Lass mich nicht zu lange warten“, hauchte sie Jason mit einem koketten Blick über die Schulter zu. Gleich darauf betrat sie das Geschäft, Arm in Arm mit Mrs. Bertram.
    Jason sprang vom Phaeton, wies den Reitknecht an, die Pferde in Bewegung zu halten, und wollte eben die Straße überqueren, als eine schäbige Mietkutsche viel zu dicht an ihm vorbeiraste. Er wich schnell zurück und bedachte den Fahrer mit einer Reihe saftiger Flüche.
    Der Droschkenkutscher setzte seine Fahrt unbeeindruckt fort und schenkte seinem Opfer nicht mehr als einen flüchtigen Blick. Undeutlich nahm Jason eine Frau im Innern der Chaise wahr, die ihm seltsam vertraut vorkam. Sie saß nahe am Fenster und sah ihn unter dem breiten Rand ihrer Schute hervor mit großen goldbraunen Augen an.
    Helen sank mit wild klopfendem Herzen in die Polster der Kutsche zurück. Sie hatte Sir Jason seit Jahren nicht mehr gesehen, ihn aber sofort wiedererkannt. Vor weniger als einer Stunde war sie in seinem Haus auf empörende Weise beleidigt worden. Der Butler hatte sie eingelassen und dann in einem Garderobenraum auf eine Audienz warten lassen, die zu gewähren der Hausherr offenbar nie die Absicht gehabt hatte.
    Als ihre Bestürzung über die kurze Begegnung, aus der fast ein Unfall geworden wäre, nachließ, musste sie lachen. Da hatte Jason Hunter die verdiente Strafe für seine Unverschämtheit! Gott sei Dank war er den Rädern der Droschke entkommen, aber er sah aus, als hätte seine Würde einen ziemlichen Kratzer davongetragen.
    Früher hatte sie Jason Hunter bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen man sich traf, kurz zugenickt. Zwar waren er und ihr Bruder zerstritten, und er hatte es zu Reichtum und Ansehen gebracht, doch er war Gentleman genug, um Höflichkeit walten zu lassen. Zumindest hatte sie das bis vor Kurzem geglaubt. Nun wusste sie, dass er ein arroganter Flegel geworden war. Leider ließ seine Erscheinung das nicht vermuten. Helen hatte nur einen flüchtigen Blick auf ihn werfen können, aber er war zweifellos ein stattlicher Mann. Plötzlich ging ihr ein Gedanke durch den Kopf, der ihr die Röte in die Wangen trieb: Sie konnte verstehen, dass ihre Schwägerin sich seinetwegen zum
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