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Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer
Autoren: Elizabeth Hoyt
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ihre Kinder zu belästigen. „Raus, aber sofort!"
    Der kleine Mann fuhr zusammen und wirbelte herum. Er trug eine speckige Weste, unförmige Hosen und geflickte Strümpfe. Sein ehemals rotes, doch inzwischen fast ergrautes Haar stand ihm zu beiden Seiten des Kopfes struppig ab.
    Mit seinen Glubschaugen, die er nun schmal zusammenkniff, musterte er Helen argwöhnisch. „Wer sin' denn Sie?"
    Helen straffte die Schultern. „Helen Halifax, Sir Alistairs Haushälterin. Wenn Sie nicht sofort diese Küche verlassen, werde ich Sir Alistair rufen müssen."
    Der kleine Mann starrte sie entgeistert an. „Red doch kein'n Blödsinn, Weib! Sir Alistair hat keine Haushälterin. Ich bin sein Diener. Würd' ich wohl wiss'n, wenn er eine hätt!"
    Nun war es an Helen, diesen abstoßenden Wicht ungläubig anzustarren. Und da hatte sie gedacht, Sir Alistair hätte keine Bediensteten! Was keine erfreuliche Vorstellung gewesen, aber dem widerlichen Diener fast noch vorzuziehen war.
    „Wie heißen Sie?", fragte sie schließlich.
    Das Männchen blähte die Brust. „Wiggins."
    Helen nickte und verschränkte die Arme. Eines hatte sie während ihrer Jahre in London gelernt: sich nicht von unverschämten Dienstboten einschüchtern zu lassen. „Nun, Mr Wiggins. Sir Alistair mag bislang keine Haushälterin gehabt haben, aber jetzt hat er eine, und zwar mich."
    „Ach, nee!"
    „Ich versichere Ihnen, dass es so ist. Sie sollten sich also besser mit dem Gedanken anfreunden."
    Nachdenklich kratzte Wiggins sich am Hintern. „Na, und wenn schon. Da dürft'n Sie ja allerhand zu tun hab'n."
    „So ist es." Helen bemühte sich um einen sanfteren Ton. Wahrscheinlich hatte der arme Mann sich fast zu Tode erschreckt, auf einmal fremde Leute in der Burgküche vorzufinden. „Ich hoffe, auf Ihre Unterstützung zählen zu können, Mr Wiggins."
    „Pah!", grunzte er.
    Sie ließ es ihm vorerst durchgehen. „Möchten Sie ein Frühstück?"
    „Nee." Wiggins schlurfte hinaus. „Könnt' ja jeder komm'n und mir sagen, was ich mach'n soll."
    Und weg war er.
    Abigail stellte die Pfanne vorsichtig auf dem Tisch ab. „Puh, hat der gestunken!"
    „Allerdings", pflichtete Helen ihr bei und fügte eilig hinzu: „Aber deswegen sollten wir ihn nicht verurteilen. Dennoch: Haltet euch bitte von ihm fern, wenn ich nicht dabei bin.”
    Jamie nickte heftig, während Abigail nur besorgt aussah.
    „Gut, vergessen wir das jetzt!", meinte Helen munter. „Ab an die Arbeit. Erst machen wir den Abwasch, dann fangen wir mit der Küche an."
    „Sollen wir etwa die Küche putzen?" Jamie starrte zu den Spinnweben hinauf, die unter der Decke hingen.
    „Aber natürlich", sagte Helen, als sei es das Selbstverständlichste der Welt. Dabei wusste sie kaum, wo sie anfangen sollte. Die Küche war nicht nur schmutzig, sie war wirklich dreckig! „Also", machte sie sich Mut, „dann wollen wir zuerst mal wieder Wasser holen."
    Heute früh hatte sie eine alte Wasserpumpe im Hof entdeckt und einen ganzen Eimer Wasser gepumpt, aber das war bei der Zubereitung des Frühstücks alles verbraucht worden. Jamie trug den Blecheimer, als sie jetzt alle zusammen in den Hof traten. Helen lächelte die Kinder aufmunternd an, griff dann beherzt nach dem Schwengel und zog ihn mit beiden Armen nach oben. Leider war die Pumpe ziemlich eingerostet, was die Arbeit nicht gerade leichter machte.
    Zehn Minuten später strich Helen sich das schweißnasse Haar aus der Stirn und warf einen missmutigen Blick in den Eimer — nicht einmal halb voll.
    „Das ist aber nicht viel", meinte Abigail und runzelte die Stirn.
    „Stimmt, aber es reicht erst mal", stieß Helen atemlos hervor, nahm den Eimer und kehrte in die Küche zurück. Die Kinder trotteten hinterher.
    Sie stellte den Eimer ab und stand schon vor dem nächsten Problem. Um den Abwasch zu machen, brauchten sie heißes Wasser, aber sie hatte das Feuer nach dem Frühstück ausgehen lassen. Nur eine schwache Glut schwelte noch unter der Asche.
    Wie sie da so stand und in die Feuerstelle starrte, kam Mr Wiggins wieder in die Küche. Er warf einen Blick in den Wassereimer und schnaubte verächtlich. „Alles im Griff, was? Und oh! ist das sauber hier! Da is' man ja glatt geblendet. Keine Sorge, is' eh bald vorbei. Der Herr hat mich grade losgeschickt, im Dorf 'ne Kutsche zu hol'n."
    Entrüstet richtete Helen sich auf. „Das wird nicht nötig sein, Mr Wiggins."
    Der schnaubte noch einmal und war schon verschwunden.
    „Aber Mama", sagte Abigail eindringlich,
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