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Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer
Autoren: Elizabeth Hoyt
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bringen wolle. Falls sie nicht ein paar Mäuse gefangen und gebraten hatte, dürfte sich in der Küche kaum etwas Essbares gefunden haben, nachdem er die letzten Würstchen gestern Abend verspeist hatte.
    Anmutig ging sie zu seinem Tisch hinüber und wollte das Tablett auf einem ziemlich wertvollen Prachtband über Insekten abstellen, den er sich aus Italien hatte kommen lassen.
    „Doch nicht da!", fuhr er sie an.
    Sein Ton ließ sie mitten in der Bewegung innehalten.
    „Moment." Hastig räumte er ein paar Papiere beiseite und stapelte sie neben seinem Stuhl auf dem Boden. „Stellen Sie es hierhin."
    Sie setzte das Tablett ab und deckte seinen Teller auf; darauf lagen zwei verbrutzelte Streifen Speck und drei winzige, steinharte Kekse. Außerdem gab es eine große Schale Porridge und eine Tasse tiefschwarzen Tee.
    „Ich hätte Ihnen ja gern eine ganze Kanne gemacht", sagte Mrs Halifax, während sie alles auf den Tisch stellte, „aber Sie scheinen keine zu haben. Eine Teekanne, meine ich. Weshalb ich mich genötigt sah, den Tee im Topf zu kochen."
    „Letzten Monat kaputtgegangen", brummelte Alistair. Was heckte sie aus? Und erwartete sie etwa, dass er diesen Fraß hier aß?
    Mit rosigen Wangen und blitzblauen Augen schaute sie auf und fragte unschuldig: „Was ist kaputtgegangen?"
    Zum Teufel mit ihr.
    „Die Teekanne", knurrte er. Wenigstens hatte er heute Morgen seine Augenklappe angelegt. „Das ist ... äh, ausgesprochen gütig von Ihnen, Mrs Halifax, aber es wäre wirklich nicht nötig gewesen."
    „Keine Ursache", log sie munter, natürlich log sie. Er wusste doch genau, in welchem Zustand die Küche war.
    Argwöhnisch sah er sie an. „Ich vermute, dass Sie bald aufbrechen möchten ..."
    „Dann kaufe ich wohl am besten eine neue, oder?", fuhr sie fort, als wäre sie plötzlich taub geworden. „Eine Teekanne, meine ich. Im Topf gekochter Tee schmeckt einfach nicht. Ich finde ja, dass Kannen aus Keramik am besten sind."
    „Ich kümmere mich gleich um eine Kutsche, damit Sie ...”
    „Manche Leute bevorzugen allerdings Kannen aus Metall ..."
    „... zurück nach London ..."
    „Silber ist vielleicht etwas zu teuer, aber eine hübsche kleine Zinnkanne ..."
    „ ... damit Sie zurück nach London fahren und mich in Frieden lassen können!"
    Die letzten Worte waren wohl etwas zu laut. Sogar Lady Grey hob den Kopf bei seinem Gebrüll. Mrs Halifax sah ihn stumm an mit großen, glockenblumenblauen Augen.
    Dann öffnete sie ihren reizenden Mund und meinte: „Eine Teekanne aus Zinn können Sie sich doch leisten, oder?"
    Mit einem tiefen Seufzer ließ Lady Grey den Kopf wieder sinken.
    „Ja, ich kann mir eine Teekanne aus Zinn leisten!" Gereizt schloss er das Auge und ärgerte sich, auf ihr Geplapper eingegangen zu sein. Dann sah er sie wieder an und holte tief Luft. „Aber sowie ich Ihnen eine Kutsche besorgt habe, werden Sie ..."
    „Unsinn!"
    „Was haben Sie gerade gesagt?", fragte er ungläubig.
    Sie reckte unverfroren ihr Kinn. „Ich habe Unsinn! gesagt. Sie brauchen mich ganz offensichtlich. Wussten Sie, dass in der Küche praktisch nichts mehr zu essen ist? Ach, was sage ich? Natürlich wissen Sie das! Aber so kann es doch nicht weitergehen. Wie halten Sie das nur aus? Die Zustände hier sind unerträglich. Wenn ich gleich ins Dorf gehe, um die Teekanne zu besorgen, werde ich erst mal ordentlich einkaufen."
    „Ich brauche keine ..."
    „Oder sollen wir auch von Haferflocken und vertrocknetem Speck leben?" Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn herausfordernd an.
    Er runzelte irritiert die Stirn. „Natürlich werde ich ..."
    „Und die Kinder brauchen frisches Gemüse. Ihnen könnte das auch nicht schaden."
    „Hören Sie ..."
    „Ich gehe heute Nachmittag ins Dorf, wenn es recht ist."
    „Mrs Halifax ..."
    „Und möchten Sie jetzt eine Kanne aus Keramik oder eine aus Zinn?"
    „Keramik, aber ..."
    Er sprach ins Leere. Schon hatte sie die Tür leise hinter sich geschlossen.
    Alistair starrte auf die Tür. So war er sein Lebtag noch nicht überrumpelt worden — und das von diesem, zugegebenermaßen hübschen, Weibsbild, dieser halben Portion, die er gestern Abend noch für schwachsinnig gehalten hatte. Wie man sich doch täuschen konnte!
    Bei Mrs Halifax' Abgang hatte Lady Grey abermals den Kopf gehoben. Nun ließ sie ihn wieder zwischen ihre Pfoten sinken und warf ihm einen, wie ihm schien, mitleidigen Blick zu.
    „Wenigstens die Teekanne konnte ich mir aussuchen", verteidigte sich
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