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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Autoren: Charles Chadwick
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mürrisch, humorlos, wenig einnehmend — auch wenn mir die genauen Wörter nicht mehr einfielen, die er damals benutzt hatte. In einer Pause sagte Mrs.
Brown: »Ich würde gern mehr hören, Darling, aber du mußt mich entschuldigen, ich muß mich ums Essen kümmern.«
    Sie berührte Simon am Arm und verließ uns mit einem schnellen Blick zu ihrem Mann. Irgendwo machte das schlichte, braune Kleid, das sie trug, ihr Humpeln noch deutlicher sichtbar. Wieder tauschten die beiden dieses vorsichtige Lächeln aus. Ihr Sohn schien von alldem nichts zu bemerken, nichts von der Unsicherheit, der Dankbarkeit und dem Glück. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie er seinen Freunden und Kollegen, seiner Freundin erzählte, daß er seine Eltern hätte besuchen müssen, daß er sich mit ihnen nicht gut verstehe, daß es langweilig und eine Qual gewesen sei, daß man aber seine Pflicht tun müsse. Was für einen Grund hatte er, dankbar zu sein für etwas, das eine schreckliche Kindheit gewesen sein mußte, die ihn unter anderem zu dem gemacht hatte, was er jetzt war? Ich hörte ihm zu und dachte mir, was für ein Glück ich mit meinen Kindern hatte, obwohl auch ich bei ihnen einige große Fehler gemacht hatte. Er schwadronierte immer weiter, fragte nur einmal Brown nach seinem neuen Job und benutzte das sofort, um weiter über den seinen reden zu können, in diesem langsamen, besserwisserischen Ton, den er an sich hatte. Es war eine Inszenierung, die ihm zur Natur geworden war. Das dachte ich eben, als Mrs. Brown uns sagte, das Essen sei fertig.
     
    Sie hatte sich große Mühe gegeben. Vier rote Kerzen standen in zwei Kerzenhaltern auf dem Tisch, der für vier Gänge eingedeckt war. Glas und Silber glänzten, und die Platzdeckchen mit Abbildungen alter Jagdszenen waren auf Hochglanz poliert. Auf dem meinen war das Preisschild noch nicht ganz weggekratzt. Das weiße Tischtuch, echte Spitze offensichtlich, war ebenfalls neu, denn die Knicke vom gefalteten Verpacktsein waren noch nicht ausgebügelt. In der Tischmitte stand eine Glasvase mit gelben Rosen, umgeben von irgendwas Flaumigem.
    Wir setzten uns schweigend, ich Simon gegenüber. So wie Mrs. Brown den Kopf senkte, vermutete ich, daß sie ein Tischgebet sprach. Dann stand Brown auf und ging mit Flaschen roten und
weißen Weins um den Tisch. Zuerst ging er zu seiner Frau, doch sie lächelte nur zu ihm hoch und schüttelte den Kopf. Noch immer fiel kein Wort, bis er sich wieder setzte und sein Glas erhob.
    »Ein Willkommen für Tom, aber, ich bin mir sicher, er hat nichts dagegen, vor allem ein herzliches Willkommen zu Hause für Simon.«
    »Absolut«, sagte ich.
    Mrs. Brown hatte ihren Orangensaft mitgebracht, und wir alle erhoben unsere Gläser, murmelten etwas und schauten uns an. Das Schweigen dauerte an, während wir das winzige, aber raffinierte Potpourri vor uns aßen, das aus Stücken von Tomate und Käse bestand, irgendeiner Pate und Avocadowürfeln, umgeben von einem geflochtenen Kranz aus Salatstreifen. Es gab auch Streifen von Rotkohl. Unsere Eßgeräusche füllten das Schweigen. Ein Zug ließ die Kerzen flackern, so daß der Schein über unsere Gesichter zuckte und man nichts darin lesen konnte. Ich sagte: »Absolut köstlich! »Von wegen Cordon bleu!« fügte Brown hinzu. Simon aß einfach.
    Simon half seiner Mutter, die Teller in die Küche zu bringen und den nächsten Gang aufzutragen: ein dunkle Suppe mit Toastwürfeln darin und etwas Grünzeug, das fast aussah, als stammte es aus dem Flaumigen zwischen den Rosen.
    »Gute alte Brown-Windsor-Suppe«, sagte Brown. »Unübertroffen.«
    Ich wartete, daß Simon etwas Ähnliches sagte, aber er hatte bereits seinen ersten Gang mit drei oder vier Mundvoll verputzt, und jetzt schlürfte er seine Suppe, als hätte er es eilig, mit irgendeiner Effizienzuntersuchung fortzufahren oder weiter darüber zu erzählen. Er hätte in irgendeiner Bürokantine essen können. So in der Richtung dachte ich in diesem Augenblick über ihn. Wenn er nicht gerade auf sein Essen hinunterschaute, wanderte sein Blick irgendwo über unseren Köpfen herum.
    »Gut genug fürs Königshaus«, fügte ich hinzu und streckte den Daumen in die Höhe.
    »Bist ’ne richtige kleine Köchin, was, meine Liebe?« sagte Brown und lächelte zu ihr hinüber.

    Sie lächelte schüchtern zurück, aber zuerst in meine Richtung, und dann, etwas länger, in die ihres Sohns. Sie hatte ihre Suppe noch nicht angerührt, hatte nur den Löffel hineingesteckt und saß
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