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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen
Autoren: Berte Bratt
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muß. Für die Fluggäste wird im Restaurant Kaffee serviert.“
    Helge Jerven sah sie teilnahmsvoll an. Er machte sich vielleicht seine eigenen Gedanken. Wenn ein hübsches junges Mädchen so offensichtlich verzweifelt über eine Reiseverzögerung ist, kann es sich nicht nur um trockene Geschäfte handeln. Aber natürlich sagte er nichts.
    Es wurde neun, und es wurde halb zehn, halb elf. Gerd hatte sich nach einer anderen Verbindung erkundigt und mußte erfahren, daß heute abend nichts mehr zu machen sei. Das Hamburgflugzeug war schließlich von Stockholm ohne Zwischenlandung abgeflogen und schon längst am Ziel.
    Gerd war nahe daran loszuheulen.
    „Aber morgen ganz früh startet ja wieder ein Flugzeug“, tröstete der Chefpilot.
    Gerd blätterte fieberhaft im Flugplan. Das erste Flugzeug verließ um 9 Uhr früh Kopenhagen und war vor 10 Uhr nicht in Hamburg. Aber wenn sie an Busch telegrafierte, daß sie hier im Nebel festsaß?
    Halt – was hatte Myrseth gesagt? „Nehmen Sie ein Taxiflugzeug?“
    Sie fragte den Piloten danach. Ob er glaube - ?
    Doch ja, meinte er, das könne schon gehen. Er wolle gern Anweisung nach Kopenhagen durchgeben, daß man dort ein Taxiflugzeug bereitstellen solle. Natürlich würde das teuer sein.
    „Macht nichts“, sagte Gerd. „Ich bezahle jeden Preis.“
    Sie wurde nun ruhiger. Einmal im Laufe der Nacht oder in den zeitigen Morgenstunden würden sie ja wohl in Kopenhagen landen. Es war herrlich zu wissen, daß dort ein leichter, rascher Silbervogel bereitstehen würde, sie über die Grenze zu fliegen, um sie an einem Ort niederzusetzen, von dem aus sie in wenigen Minuten Taxifahrt zu dem Büro gelangen könnte, in dem sie um 9 Uhr sein mußte, absolut sein mußte!
    Helge Jerven holte aus einem Lederetui ein Taschenschachspiel hervor. Spielte Fräulein Elstö Schach?
    „Na ja – so zum Hausgebrauch.“
    „Also kommen Sie, spielen wir“, beschloß Jerven. „Sie müssen etwas zur Gedankenablenkung haben, sonst zerspringen Sie noch vor Nervosität.“
    Gerd versuchte sich zu konzentrieren, aber leicht war das nicht. Der Lautsprecher hatte mit seinen Bekanntmachungen zwar Schluß gemacht, aber nun war der Chefpilot nicht mehr eine ferne uniformierte Gestalt, von den Passagieren getrennt durch zwei Schilder: „Crew only“ und „Eintritt verboten“, nein, er war ein netter, hilfsbereiter Mensch, wie er so unter den Fahrgästen herumging und mit unveränderlicher Freundlichkeit Fragen beantwortete. Was gesagt werden mußte, wurde nun nicht kühl und unpersönlich bekanntgegeben, sondern direkt, persönlich und ansprechend.
    Jetzt tauchte er erneut in der Tür zum Restaurant auf.
    „Wir haben Starterlaubnis bekommen“, verkündete er. „Das Wetter ist zwar nicht besonders gut, aber in Kopenhagen erwartet man jeden Augenblick so viel Aufklärung, daß wir landen können.“
    Ach, wie dieser Bescheid half! Es wurde wieder gelächelt, und die müden, verdrückten Gestalten erhoben sich hastig.
    Der kleine sechsjährige Junge war eingeschlafen. Helge Jerven hob ihn behutsam empor, trug ihn über den Platz ins Flugzeug und setzte ihn in einen Sessel, ohne daß der Junge erwachte. Gerd lächelte. Sie griff ihr richtig ans Herz, diese zärtliche Behutsamkeit einem fremden Kinde gegenüber.
    Helge nahm ganz selbstverständlich den freien Sitz neben Gerds Fensterplatz ein.
    Die Nacht war dunkel, die Luft klamm und neblig, aber es war herrlich, das zuverlässige Geräusch der Triebwerke wieder zu hören, zu merken, wie sich die Fahrt über der Startbahn beschleunigte, die Lichter Aalborgs verschwinden zu sehen und zu wissen, daß sie nun bald, bald in Kopenhagen sein würden.
    Und konnten sie dort landen, dann war auch der Start des Taxiflugzeugs gesichert.
    „Ich würde mich ja gern an Ihrem Taxiflugzeug beteiligen“, meinte Jerven. „aber das kann ich mir nicht leisten.“
    „Können Sie Ihren Flug bis Hamburg nicht ersetzt bekommen?“ schlug Gerd vor. „Dann fliegen Sie im Taxiflugzeug mit und bezahlen nur, was ein gewöhnlicher Flug kostet. Das ist ja auch eine Hilfe für mich, denn sonst muß ich die vollen Kosten allein tragen. Der Preis ist sicher derselbe, ob nun ein oder zwei Passagiere fliegen.“
    „Klar, daß ich das gerne will“, stimmte Jerven erfreut zu. „Tausend Dank!“
    Das Flugzeug brummte indessen davon, durch Nacht und Nebel.
    Nach einer Weile kam die jetzt wohlbekannte Stimme im Lautsprecher: „Wir sind über Kopenhagen, müssen aber eine Weile kreisen
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