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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen
Autoren: Berte Bratt
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dein eigenes Geld, und ich verstehe dich natürlich.“
    Am Sonntag morgen saß Gerd klopfenden Herzens im Flugzeug, das Kurs auf Kopenhagen nahm.
    Ach, wie sie sich freute, wie sehr sie sich freute! Was Trygve wohl für Augen machen würde?! Wenn es ihm so vor einem langen, langweiligen Sonntag graute und nun plötzlich „sein Häschen“ überraschend auftauchte!
    Jetzt nur noch eine Stunde, nun nur eine halbe. Und – da lag Kopenhagen unter ihr in glitzernder Sonne! „Bitte festschnallen, nicht rauchen!“
    Mit zitternden Händen befestigte Gerd den Gurt. Dalag der Flugplatz. Nun gingen sie hinunter in einer eleganten Kurve. Nein, wie komisch, der ganze Flugplatz erhob sich und stand plötzlich schräg. Aber nun richtete er sich wieder auf, und sie rollten über die glatte Zementbahn.
    Sie nahm sich keine Zeit, auf den Bus zu warten. Sie sprang in ein Taxi und fuhr direkt zum Hotel. Es mußte rasch, sehr rasch gehen, sie mußte möglichst schnell hinkommen, bevor Trygve ausging.
    Genau um zehn Uhrstand ein junges Mädchen mit glänzenden Augen und roten Wangen an dem Office des großen Hotels.
    „Der Abteilungsleiter Brink Larsen aus Oslo? Wir werden nachsehen. Trygve Brink Larsen aus Oslo?“ Gerd nickte eifrig.
    „Jawohl, wohnen hier, aber weder der Herr Abteilungsleiter noch seine Gattin sind bisher heruntergekommen.“
    Gerd öffnete den Mund, aber es kam kein Laut. Ihre Stimme versagte plötzlich.
    Der Portier, ein rundlicher, gemütlicher Kopenhagener, plauderte indessen weiter: „Sie verstehen, Samstagabend wird es leicht etwas spät in unserem munteren Kopenhagen, nicht wahr? Feuerwerk im Tivoli und so weiter.“
    Jetzt hörte Gerd sich selbst etwas sagen, mit einer dünnen fremden Stimme. „Gewiß, ich habe nur einen Auftrag für sie, ich meine – für Frau Larsen. Aber ich möchte nicht stören. Es ist ja noch früh.“
    „Soll ich vielleicht hinauftelefonieren?“
    „Nein, ach nein! Ich möchte nicht stören. Ich kann etwas warten.“
    „Vielleicht nimmt das gnädige Fräulein solange eine Tasse Kaffee im Speisesaal? Oder in der Halle?“
    Kaffee? Jetzt Kaffee? Und essen?
    Gerd wandte sich steif ab und peilte einen Stuhl in der Halle an. Wie eine aufgezogene Puppe ging sie auf ihn zu und setzte sich. Sie hörte sich selbst Kaffee bestellen und ein Päckchen Zigaretten. Ob die Dame etwas zu speisen wünsche? Nein, danke. Bloß Kaffee.
    Von ihrem Platz aus konnte sie die Treppe sehen. Dort waren ihre Augen über die Kaffeetasse hinweg wie festgeklebt.
    Sie wußte nicht, wie lange sie so dagesessen hatte. Es war, als habe sie einen betäubenden Schlag auf den Kopf gekommen. Es konnte nicht wahr sein. Sie träumte, träumte schrecklich lebendig. Es war gerade, als säße sie in einer Kopenhagener Hotelhalle und tränke Kaffee, und jemand hatte gesagt, daß Trygve hier mit seiner Frau wohne. Seiner Frau! Was man doch für Unsinn träumen konnte! Wenn sie nur bald aus diesem schrecklichen Traum erwachen würde!
    Jemand kam die Treppe herunter. Eine Stimme sagte etwas auf englisch, gab Bescheid über ein Gepäckstück. Ein Mann erschien mit einem Koffer, einem großen Koffer mit vielen Hotelzetteln. Ein Telefon klingelte. Ein Kellner ging durch die Halle. Eine Drehtür kam in Bewegung.
    Gerd sah dies alles. Und da wußte sie, daß es Wirklichkeit war und kein Traum.
    Ein paar rassige Beine auf der Treppe – eine schlanke junge Dame in einem blauen Kostüm. Rasche Schritte auf hohen Absätzen. Eine Stimme an dem Office beim Portier.
    „Glauben Sie, daß Sie uns für heute abend noch Karten fürs königliche Theater verschaffen können?“
    „Ich werde gleich anrufen, gnädige Frau.“
    „Danke. Sie wissen ja den Namen: Brink Larsen.“
    Gerds Herz setzte für einige Schläge aus.
    „Gewiß, gnädige Frau. Und es ist nach Ihnen gefragt worden. Da sitzt eine junge Dame, die auf Sie wartet.“
    „Auf mich?“ Die Dame im blauen Kostüm wandte sich unsicher um.
    Im selben Augenblick erklangen erneut Schritte auf der Treppe.
    Gerd stand auf. Und da fing sie seinen Blick.
    Erblieb auf der untersten Stufe stehen. Soeben war sein Gesicht noch bleich gewesen, nun schoß die Röte in dunklen Wellen bis zu den Schläfen empor.
    „Du – bist du…“
    Gerd blieb stehen. Sie stützte sich auf den Tischrand. Er kam ganz zu ihr hin und sprach leise.
    „Ich – laß mich nachher erklären…“
    „Du bist also verheiratet“, sagte Gerd, und ihre Stimme war ein sonderbares trockenes Flüstern.
    „Nein.
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