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Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman
Autoren: Simon Lelic
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darum gebeten hat. Ich kann auch gehen, wenn Ihnen das lieber ist. Glauben Sie mir, ich wüsste Besseres mit meiner Zeit anzufangen.« Er stand auf. Lucia ebenfalls.
    »Bitte«, sagte sie. »David, bitte setz dich. Mr. Samson, Mrs. Samson: Es war meine Idee, nicht Davids. Er ist aus reiner Gefälligkeit mitgekommen. Es ist keineswegs sicher, ob er dabei etwas zu gewinnen hätte.«
    Elliots Vater verzog spöttisch das Gesicht.
    »Meine Kanzlei weiß nicht einmal, dass ich hier bin«, sagte David, der immer noch stand. »Die Kollegen würden den Fall wahrscheinlich gar nicht übernehmen wollen. Ich weiß es nicht. Wenn Sie sich zu weiteren Schritten entschließen würden, müsste ich erst mit ihnen reden. Vielleicht würden sie einen Vorteil in der Werbewirkung sehen. Es schadet nie, auf der Opferseite zu stehen. Selbst wenn es die Verliererseite ist.«
    Lucia senkte den Kopf. Sie konnte nicht mit ansehen, wie die Samsons reagieren würden.
    »Die Verliererseite?«, fragte Elliots Vater. »Sie meinen, wir würden noch nicht einmal gewinnen? Selbst wenn wir dieser Sache hier zustimmen würden, würden wir nicht gewinnen?«
    »Es ist eher unwahrscheinlich«, gab Lucia zu.
    »Ich fürchte, es ist so gut wie sicher, dass Sie verlieren würden.«
    Lucia sah hoch. »Jetzt setz dich doch endlich, David.« Sie sah zu Elliots Vater hinüber. Er lächelte ungläubig.
    »Dieser Junge«, sagte er. »Dieser Junge, dessen Eltern geklagt haben, der hat also verloren. Er hat verloren, und die Schule hat gewonnen.«
    Schließlich setzte sich David wieder, so weit vorn auf die Sofakante, dass er fast hinunterrutschte. Er sah Samson einen Moment lang an, dann nickte er.
    »Die Geschworenen waren also …«
    »Der Richter.«
    »Dann eben der Richter. Egal. Der Richter war also unserer Meinung. Er hat argumentiert wie wir.«
    David antwortete nicht. Er blickte hilfesuchend zu Lucia.
    »Ganz so einfach war es nicht«, sagte Lucia. »Die Vernehmung ergab noch ein paar neue Aspekte. Nicht in Bezug auf den Jungen, auch nicht auf die Schule – unseres Wissens hat sich alles genau so abgespielt, wie David berichtet hat. Es gab da ein paar offene Fragen. Was die Eltern anging. Sie hatten einige Zeit in den Staaten gelebt und von dort eine gewisse Neigung mitgebracht … nun ja, eine Neigung zum …«
    »Sie klagten gern«, sagte David. »Das wirkte sich zu ihrem Nachteil aus.«
    »Und wozu soll das Ganze dann gut sein? Wozu der Aufwand? Meine Frau und ich, meine Familie, wir … Unser Leben geht weiter.« Samson merkte, wie Lucias Blick zu den aufgestapelten Kisten wanderte, und seine Miene erstarrte. »Wir bemühen uns. In Ordnung? Wir tun unser Bestes. Warum sollten wir das aufs Spiel setzen?«
    »Mr. Samson«, erwiderte Lucia. »Dass Sie das Wohl Ihrer Familie aufs Spiel setzen, ist das Letzte, worum ich Sie bitten würde. Im Gegenteil, ich bitte Sie, Ihre Tochter zu schützen, Ihre Tochter und deren Freunde. Ich bitte Sie, so viel Stunk zu machen, dass die Schule gezwungen ist, etwas zu unternehmen. Die Schule muss Verantwortung übernehmen und sicherstellen, dass sich das, was mit Elliot passiert ist, mit keinem anderen Kind wiederholt.«
    Jetzt stand Samson auf. »Jetzt hören Sie mir mal zu, Detective. Wir haben es zwar schon einmal gesagt, aber einmal reicht bei Ihnen offenbar nicht. Was Elliot, was unserem Sohn zugestoßen ist, war nicht die Schuld der Schule. Was hätten sie denn bitte tun können? Wenn Sie irgendeinen Plan haben, wie wir diese Idioten – diese Bestien – bestrafen können, die für Elliots Tod verantwortlich sind, dann hören wir Ihnen vielleicht zu. Aber wenn nicht, wenn Sie mit Ihrem Latein schon am Ende sind, nun ja. Dann schlage ich vor, Sie und Ihr Freund verabschieden sich jetzt.«
    Samson ging einen Schritt auf das Sofa zu. Obwohl er nicht besonders groß war, baute er sich drohend vor Lucia auf. Sie bewegte sich jedoch nicht. »Sagen Sie mir noch einmal, Mr. Samson, warum wurde nach dem Angriff auf Elliot nichts unternommen? Diese Jungen, die ihn geschlagen haben – die ihn gebissen und ihm Schnittwunden zugefügt haben –, warum kamen die ungestraft davon?«
    »Weil niemand etwas gesehen hat, Detective. Niemand hat sie dabei beobachtet. Das haben uns Ihre Kollegen doch gesagt.«
    »Stimmt. Das haben wir gesagt. Wir haben alle möglichen Leute befragt, und alle haben uns dasselbe erzählt. Elliots Freunde. Elliots Lehrer. Sogar der Direktor. Alle haben gesagt, es hätte niemand etwas gesehen.«
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