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Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman
Autoren: Simon Lelic
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ich mich selbst darum, als dass ich sie Bürokraten überlasse, die keinerlei Gespür für das Funktionieren einer Schule haben.
    Es gab einige Aspekte an Szajkowskis Bewerbung, die es schwergemacht hätten, ihn nicht einzustellen: Er hatte glänzende Referenzen; sein Lebenslauf war ausgesprochen geradlinig. In seiner Vergangenheit gab es weder einen Hinweis auf Kriminalität noch den geringsten Anhalt dafür, wozu er fähig sein würde. Jede Schule in unserer Lage hätte so gehandelt wie wir, Detective, und wer Ihnen etwas anderes erzählt, ist entweder ein Narr oder ein ausgemachter Lügner.
    Aber Sie fragten, was an ihm anders war. Sie fragten, woher mein Zweifel rührte.
    Also, sein Händedruck und sein Verhalten. Sein Versuch, Humor zu zeigen, auch wenn er es bei dem einen Mal beließ. Er wirkte nicht nervös, und das bin ich nicht gewohnt, denn ich bin mir bewusst, dass ich die meisten Menschen nervös mache. Er war eher reserviert – und etwas arrogant. In vielerlei Hinsicht war er genau so, wie ich gehofft hatte, dass er nicht wäre.
    Alles sehr subjektiv, ich weiß. Alles sehr schwammig. Aber ich sagte ja bereits, Detective, ich rede in erster Linie über intuitives Wissen. Nichts besonders Handfestes, das Sie weiterbrächte, und nichts, was die Entscheidung, ihn nicht einzustellen, gerechtfertigt hätte. Aber das ist ja das Problem mit dem Bauchgefühl, nicht wahr? Es kann sehr stark sein, übermächtig sogar, und doch jeder Grundlage entbehren. Es ist nicht logisch, wissenschaftlich nicht erklärbar und diffus. Und doch behält es so oft recht.
    Was für eine Vergeudung. Was für eine Vergeudung von jungem Leben. Sarah Kingsley, wir hatten so große Hoffnungen in sie gesetzt. Felix hatte seine Probleme, und mit Donovan gab es nichts als Scherereien. Ein unheimlich kluges Köpfchen, doch er machte nur Scherereien. Aber Sarah. Sarah hätte vielleicht das Zeug für Oxford gehabt, Detective. Es sind Schüler von genau diesem Format, die wir an unsere Schule zu holen versuchen. Ganz genau von diesem Format.
    Wohlan. Noch einen Tee? Soll ich Janet noch ein paar Kekse bringen lassen?

D er Fall zieht sich, Lucia.«
    »Ich bin jetzt seit einer Woche dran.«
    Cole nickte. Er saß an seinem Schreibtisch, die Ellbogen aufgestützt, die Fingerspitzen zusammengepresst und die Finger leicht gebogen. »Ja, seit einer Woche.«
    »Ich weiß nicht, was Sie jetzt von mir hören wollen, Sir, aber …«
    »Ich bekomme Ihretwegen schon Herpes, Detective.«
    »Herpes?«
    »Da, schauen Sie mal«, sagte Cole, beugte sich vor und zeigte auf sein Kinn. »Und da auch. Das kommt immer, wenn ich Stress habe. Meine Frau sagt, ich sehe damit aus wie ein Teenager. Ein pickliger Teenager oder ein Drogenabhängiger oder so.«
    »Ich finde nicht, dass Sie aussehen wie ein Teenager, Sir.« Der Chief Inspector war fast kahl, und wo er nicht kahl war, war er grau. Er keuchte beim Gehen, und er schwitzte, selbst wenn es kalt war. Genau wie Lucias Großvater damals trug er kurzärmlige Hemden mit festgeknöpften Kragenecken. Auch jetzt.
    »Hatten Sie schon mal Herpes, Lucia?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Es tut weh. Es juckt eine Weile, dann brennt es, und schließlich sticht es wie Gott weiß was. Ich mag es nicht.«
    »Das kann ich verstehen. Ich würde es wohl auch nicht mögen.«
    »Wo liegt das Problem? Warum dauert es so lange?«
    Lucia scharrte mit den Füßen. Sie öffnete ihr Notizbuch in ihrem Schoß.
    »Sehen Sie nicht da rein. Sehen Sie mich an.«
    »Fünf Menschen sind gestorben. Vier Morde und ein Selbstmord. Was wollen Sie denn von mir hören?«
    Der Chief Inspector verdrehte die Augen. Mühsam erhob er sich aus seinem Sessel. Er nahm einen Becher von dem Stapel neben dem Wasserspender und füllte ihn. Er nippte daran, zuckte zusammen, als die Kälte seine Zähne erreichte, und setzte sich dann auf die Kante seines Schreibtischs.
    »Fünf Menschen sind gestorben. Also gut. Wo sind sie gestorben?« Er sah Lucia an, ließ ihr aber keine Zeit zum Antworten. »Im selben Raum. Und wie? Durch dieselbe Waffe, abgefeuert von demselben Schützen. Sie haben die Tatwaffe, ein Motiv und einen Saal voller Zeugen.« Der Chief Inspector sah auf die Uhr. »In einer Stunde habe ich Feierabend. Ich könnte Ihren Bericht aufnehmen und immer noch zwanzig Minuten früher Schluss machen.«
    Lucia sah jetzt zu ihm hoch. Sie versuchte, mit dem Stuhl ein Stück abzurücken, aber es hoben sich nur die Vorderbeine vom Boden. »Ich habe also ein Motiv.
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