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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz
Autoren: Jessica Thompson
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hatte zuerst gezögert, ihn an sich heranzulassen. Die Blumen hatten ihr natürlich gefallen, und die Aufmerksamkeit auch. Sie hatte es gemocht, wie die Mädchen, die außer ihr inder Boutique arbeiteten, mit ihrem Pony spielten, wann immer er hereinkam, und ihn über die Theke hinweg anschmachteten. Sie fand die verzweifelte Liebe entzückend, die ihm ins Gesicht geschrieben stand   …
    Lächelnd schlug Bryony das Buch auf und schaltete die Nachttischlampe ab, sodass nur noch das Licht von fünf Kerzen das Schlafzimmer erhellte. Ihr Schein reichte gerade aus, um dabei zu lesen. Dennoch, sie war ein wenig abgelenkt. Sie fühlte sich unruhig, aufgeregt und merkwürdig lebendig.
    Sie drehte den Kopf nach rechts und blickte aus dem offenen Fenster auf die Straße in Finsbury Park, an der das Haus lag. Unter dem Fenster stand eine große lederne Reisetasche und wartete darauf, für den Trip nach Amsterdam gepackt zu werden, den Max und sie am Wochenende unternehmen wollten.
    Sie konnte es nicht abwarten, aber gleichzeitig machte sie misstrauisch, wie Max sich in letzter Zeit benahm. Der Wochenendtrip   … der Kuchen   … das gesteigerte Verlangen nach Sex   … Es war, als verliebte er sich wieder neu in sie, und sie konnte nicht anders, sie musste sich fragen, woher das kam.
    Ihre Wohnung war im zweiten Stock, und durch das Fenster konnte Bryony mehrere Reihen von Dächern sehen. Hinter Vorhängen brannten viele behagliche Lichter, und Bryony fragte sich, was in den Zimmern vorging. Sie hoffte, dass die Menschen dort genauso glücklich wären wie sie.
    Einige Vorhänge waren modern und bunt, pink, grün und rot.
    Einige waren hässliche altmodische Katastrophen aus Spitze, die sie an die weißen Häkelkleider von Klorollenpuppen erinnerten.
    Sie wandte sich wieder ihrem Buch zu, doch gerade, als sie den Faden aufnahm, hörte sie einen Knall. Er war so laut, dass er in der Straße widerhallte, von Haus zu Wohnung und Ladenund wieder zurück geworfen wurde. Trotzdem merkte sie, dass sein Ursprung ein paar hundert Meter entfernt war.
    Sie zuckte in ihrem Bett leicht zusammen und legte das Buch auf die Bettdecke. Ihr Herz klopfte ein wenig.
    Die Stadt war voller unerklärlicher Geräusche; die Einwohner von Finsbury Park beachteten sie kaum. Ständig hörte man Mülltonnen klappern und Katzen schreien, die manchmal klangen wie ein Mädchen in Todesnot. Füchse rasselten mit leeren Konservendosen, Automotoren hatten Fehlzündungen, Krankenwagen heulten hysterisch. Der Knall jedoch hatte etwas an sich, das Bryony veranlasste, sich einen Augenblick lang aufzusetzen und die Hand an die Brust zu heben, unbewusst den Zeigefinger in die weiche Kuhle an ihrer Kehle zu legen. Sie schluckte mühsam.
    Stille.
    Und dann, etwas später, Sirenen.

4
    »Ein kleiner Schaufensterbummel kann ja nicht schaden.«

    Donnerstag, 12. März 2009
    Crouch End, Nord-London
    16.55 Uhr
    »Mach Feierabend. Ich brauche Wein und Zigaretten. Dringend.
    Tanya x.«
    Die SMS war kurz und brachte es auf den Punkt. Sara konnte jedoch nur dann rechtzeitig von der Arbeit weg, wenn sie jemanden fand, der mit ihr die Schicht tauschte.
    Sie schob das weiße iPhone wieder in die Tasche und atmete tief ein, während sie um sich blickte. Sie schaute auf das schöne, saubere, stilvolle und   – sie wagte es zu denken   – trendige Restaurant White Rope in Crouch End.
    Ihr Restaurant.
    Na ja, nicht so ganz ihr Restaurant   … aber sie hatte die erhabene Stellung der Managerin inne. Für Sara war damit ein Traum Wirklichkeit geworden. Endlich, im Alter von achtundzwanzig Jahren, stand sie dort, wohin sie immer gewollt hatte.
    Träume. Werden. Wirklich. Wahr.
Diesen Satz hatte sie ihrem Ehemann in vier SMS gesendet, sofort nachdem sie von Mauro Dellati die Neuigkeit erfahren hatte.
    Mauro, ein alternder Italiener und Inhaber des White Rope, trug auf seinen Schultern die schwere Last unverwirklichter lebenslanger Träume. Als Kind hatte er sich ausgemalt, die ganze Welt seinem köstlich-dekadenten Delikatessen-Imperium zu unterwerfen, während er in der engen Küche seiner Mutter komplizierte »Dinge auf Ciabatta« anrichtete; damals hatte er auf einem Stapel Telefonbücher stehen müssen, um an die Arbeitsplatte heranzukommen.
    Mauro, acht Jahre alt, mit Mehl bestäubt.
    Mauro, neun Jahre alt, der erfolgreich seine erste Paella kreierte.
    Mit zehn konnte Mauro frische Nudeln herstellen, und seine Mutter beobachtete ihn gebannt, während sie sich knallroten
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