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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz
Autoren: Jessica Thompson
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hatte. Sie hatten sich entschieden, die Tür ganz auszuhängen, weil ständig jemand fragte, was damit passiert war, und nicht ganz glauben wollte, dass Bryony betrunken in die Tür gefallen war, während sie Common People von Pulp in einen Mopp sang. Noch lange nach dem Zwischenfall trieb jede Erwähnung ihres Ex Eliza ins Bad; zehn Minuten später kam sie dann mit verschmiertem Make-up wieder heraus und roch nach Gras und Tequila. »Ich weiß echt nicht, wieso du dich mit den Typen hier abgibst«, rief sie aus dem Kühlschrank, in dem sie nach etwas wühlte, das sie sich auf den Toast streichen konnte.
    Bryony hatte sich vom Bett gleiten lassen und suchte in dem Abfalleimer leise nach dem misslungenen Ring, bis sie ihn unter einem zusammengeknüllten Kontoauszug ertastete. Sie nahm ihn heraus und steckte sich ihn an. Er passte perfekt auf ihren Finger. Er ist wunderbar, dachte sie. Sie würde ihn in die Schachtel legen, die sie in ihrer obersten Kommodenschubladeversteckt hatte und die gefüllt war mit Elizas Schmuck-»Abfall«, den sie mochte und heimlich trug.
    »Ich meine, die sind hier alle so schlunzig. Und alle haben sie den gleichen großen Traum, der nächste große Künstler zu sein und nie erwachsen werden zu müssen. Sich niemals wirklich der Realität stellen zu brauchen mit ihren Rechnungen und der gesellschaftlichen Verantwortung. Verstehst du, was ich meine?« Eliza zog den Kopf aus dem Kühlschrank. Eine Lage Scheibenkäse fiel heraus und klatschte auf den Küchenboden.
    »Das verstehe ich gut«, sagte Bryony und verbarg ihre Hand unter der Bettdecke, damit Eliza nicht sah, dass sie den Ring adoptiert hatte, »aber manche Menschen brauchen einfach einen großen Traum, oder? Und wenn niemand Risiken eingeht und nicht hart an sich arbeitet, dann gibt es eben keine großen Künstler oder Sportler oder Musiker, stimmt’s?« Die schlanke Eliza häufte sich Erdnussbutter auf ihre Toastscheibe. »Ich meine, was ist mit deinem Traum, Schmuck zu designen? Du willst doch auch die nächste große Sensation sein, oder?«
    Kurz herrschte Schweigen. Ein wunder Punkt.
    »Das ist wahr«, gab Eliza schließlich mürrisch zu. »Da hast du natürlich recht. Aber was deinen Typen betrifft, Bryony, dann weiß ich einfach nicht, was ich sagen soll, außer, dass er ja wohl kaum aufgesprungen und einfach so verschwunden wäre, wenn er die Mühe wert wäre, oder?« Sie stand im offenen Durchgang, in der einen Hand ihren kleinen Teller, und krauste leicht die Nase. Ihre lockige Mähne aus dichtem blonden Haar fiel fast von selbst in Dreadlocks. Im schwachen Licht funkelte ihr Nasenpiercing.
    Manchmal war sie einfach entsetzlich ehrlich.
    In diesem Moment hatte Bryony ihn fast schon aufgegeben. Sie erinnerte sich noch an ihre tiefe Enttäuschung, mit einem Buch schlafen zu gehen statt mit dem Mann, in den sie sich während einer beschwipsten zweiminütigen Unterhaltung verguckt hatte. Sie hatte sich gefragt, ob es jemals einfach sein konnte.
    Doch jetzt war es einfach.
    Sie war endlich erwachsen. Achtundzwanzig. Sie hatte einen festen, gut bezahlten Job in der PR -Branche, stand nicht in der Verkehrssünderkartei und konnte etwas Besseres zum Abendbrot essen als einen Toast mit Käse und einer Dose Bier. Und sie hatte einen wunderbaren Lebensgefährten.
    Max Tooley.
    Er hatte aufgehört, ihr unerreichbarer Schwarm zu sein, und war in ihren Alltag eingetreten, nachdem er ihr an einem Sommernachmittag versehentlich ein großes Glas Foster’s auf ihr weißes Kleid geschüttet hatte, nur wenige Wochen nach ihrer ersten Begegnung.
    Bryony hatte geglaubt, sie würde ihn niemals wiedersehen, und war völlig überrascht, sein entsetztes Gesicht vor sich zu sehen, in der Hand ein leeres Bierglas, schräg gehalten, während die beinahe eiskalte Flüssigkeit durch den weichen Stoff ihres Kleides sickerte und zu ihrer Haut vordrang. Er hatte über ihren gepunkteten BH gelacht, und sie hatte ihn geohrfeigt.
    Den ganzen Sommer lang hatte er ihr persönlich Rosen in die Secondhand-Boutique gebracht, in der sie arbeitete und die sie hasste, und den Sommer 2002 zum besten Sommer ihres Lebens gemacht. Noch besser als den Sommer 1999, den sie als Rucksacktouristin in Australien verbracht hatte. Besser als den Sommer 2000, in dem sie entdeckt hatte, wie toll es war, bis sieben Uhr morgens durchzufeiern. Sogar besser als den Sommer von 1996, in dem sie nach zig erfolgreichen Versuchen und einem gebrochenen Arm das Radschlagen meisterte.
    Bryony
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