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Ein skandaloeser Kuss

Ein skandaloeser Kuss

Titel: Ein skandaloeser Kuss
Autoren: Margaret Moore
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Abend des Jägerballs erstrahlte Granshire Hall im Lichterglanz von annähernd tausend Kerzen. Die Orchestermusik drang aus dem Ballsaal, und in der Auffahrt reihten sich die Kutschen in einer langen Schlange aneinander. Fackelträger, Lakaien und Kutscher standen in kleinen Gruppen zusammen, schlürften Glühwein und Bier, das man ihnen aus der Küche herbeibrachte.
    Im Haus flanierten die elegant gekleideten Ballgäste umher und warteten auf die Eröffnung des Tanzes. Im Garten hatte Lord Granshire Fackeln aufstellen lassen, und die Nacht war so mild, dass etliche Paare sich auf die Terrasse begaben, um frische Luft zu schnappen oder für einen Moment unter sich zu sein.
    Im Ballsaal hatte sich eine Gruppe von drei Paaren bei einer der hohen Fenstertüren zusammengefunden und beobachtete, wie der Earl, seine Gattin, sein Sohn und dessen Verlobte die eintreffenden Gäste begrüßten.
    Lady Francesca Smythe-Medway trug eine blassrosa Taftrobe mit aufwendigem Spitzenbesatz an Mieder und Saum, dazu ein Diamantcollier und passende Ohrgehänge. Neben ihr stand in mitternachtsblauem Satin und silbergefassten Saphiren Diana, die Gattin Viscount Adderleys, und neben ihr in einer selbst geschneiderten, in modischem Nilgrün gehaltenen Kreation Juliette. Die Ehemänner der drei Damen waren weit unauffälliger gekleidet in ihren schwarzen Frackröcken, dennoch heftete sich manch bewundernder Blick weiblicher Gäste auf die attraktiven Gentlemen.
    Die dies indes schlicht ignorierten.
    Wie üblich, hatte sich das strohblonde Haar des Ehrenwerten Brixton Smythe-Medway auch heute von keiner Bürste, keinem Kamm, keinem Kammerdiener glätten lassen. „Ich habe Buggy noch nie so … so …“ Er furchte die Stirn und wandte sich zu seiner Gattin. „Wie heißt das Wort, das ich suche?“
    „Du hast ihn noch nie so … glücklich erlebt?“, schlug Fanny vor.
    „So heroisch“, steuerte Diana hilfsbereit bei.
    „Triumphierend“, befand Viscount Adderley.
    „Vom Leben und der Liebe verwöhnt“, erklärte Drury bestimmt.
    „Du hast recht.“ Brix nickte grinsend. „Der gute alte Buggy. Ich habe ja immer gesagt, eines Tages findet er die Richtige. Dass es in einer Postkutsche sein würde, hätte ich allerdings nicht erwartet.“
    „Er garantiert auch nicht.“ Viscount Adderley lachte. „Was nur wieder zeigt, dass wir nie wissen können, wo wir uns gerade befinden, wenn Amors Pfeil uns trifft.“
    „Komm mir bloß nicht mit Poesie“, warnte Brix. „Aber ich bin heilfroh, dass der Earl nun endlich Bromwells Fähigkeiten anzuerkennen scheint. Und seine Mutter wirkt auch hochzufrieden.“
    „Wer könnte mit Nell nicht hochzufrieden sein?“, mischte Juliette sich ein. „Sie ist zauberhaft. Seht euch nur an, wie sie Buggy anhimmelt. Das ist Liebe!“
    „Und seht euch erst an, wie die anderen jungen Damen Bromwell anschmachten.“ Brix grinste. „Er sah immer gut aus, aber jetzt ist er ein richtiger Adonis. Gut, dass Miss Springley ihn sich rechtzeitig geschnappt hat.“
    Seine Gattin gab ihm einen Klaps mit ihrem Fächer. „An deiner Stelle würde ich nicht von verpassten Gelegenheiten anfangen“, sagte sie warnend.
    Brix rieb sich übertrieben den Arm und setzte ein leidendes Gesicht auf. „Ja, aber vielleicht werde ich deinen Rat nicht befolgen. Wie denn auch – ich hätte es ja beinahe verpasst, dich für mich zu gewinnen.“
    Seine Gattin lächelte und strich ihm zärtlich mit dem Fächer über den Arm.
    „Wenn ich es euch doch sage, meine Lieben …!“ Eine aufgeregt flüsternde Dame, umringt von kichernden Freundinnen, schwebte an ihnen vorbei. „Nicht von erstklassiger Herkunft, nicht einmal aus akzeptablen Verhältnissen, ihr Vater soll sogar …“
    Wie auf Kommando drehten Bromwells Freunde sich um und musterten die Sprecherin verächtlich. Die Frau wurde glühend rot und verstummte. Dann suchte sie eilig das Weite, gefolgt von ihren gleichermaßen beschämten Gefährtinnen.
    Edmond seufzte. „Das war dann wohl der Auftakt.“
    Für einen Moment machte jeder von ihnen eine ernste Miene. Sie alle waren bestens vertraut damit, Gegenstand von Gerüchten, Getuschel und Verleumdungen zu sein.
    „Jedenfalls ist es faszinierend zu beobachten, dass Klatschweiber stets die gleichen einfältigen Gesichtszüge haben.“ Brix bemühte sich, Buggys gelehrsame Miene aufzusetzen. „Für jemanden mit einer halbwegs ausgeprägten Einbildungskraft ist es leicht, sie sich als wiederkäuende Kühe auf der Weide
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