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Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Titel: Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance
Autoren: Gaby Köster
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Imbissbudenwagen, der draußen stand und durch das Vordach zwischen zwei Studios nur notdürftig gegen Regen geschützt war. Wenn der Wind aus der falschen Richtung blies, war der Schutz noch nicht mal notdürftig. Gut, jetzt könnte man natürlich befreit aufatmen und sagen: »Wie gut, dass wir immer im Hochsommer gedreht haben!« Blöd nur, dass der deutsche Hochsommer in den letzten Jahren eher an einen milden arktischen Frühwinter erinnert hat und wir meistens Probleme hatten, »Wann wird’s mal wieder richtig Sommer« zu pfeifen, weil die Lippen wegen der Kälte zu spröde waren. Die Krönung des ganzen Desasters übernahmen dann zwischendurch die Tauben, die in unser Essen schissen. Sie können sich also vorstellen, dass sich schon alleine aus dieser Catering-Situation genügend Munition für permanenten Ärger ergeben hat. Die Produktionsleitung wurde obendrein noch von ganz oben angehalten, wegen des straffen Drehplans für die 16 Folgen den vorgegebenen Zeitplan rigoros einzuhalten. Etwaige Einflussnahme auf die Texte wurde nicht mehr geduldet, und folgende Devise wurde ausgegeben: »Die Köster soll gefälligst sprechen, was da steht!« Leider gab es alle Nase lang Textstellen, die zwar im Schriftdeutsch schön zu lesen waren, aber gesprochen – und zwar aus meinem vorlauten Mund – nicht unbedingt Sinn machten. Aber je rüder meine Verbesserungsvorschläge abgeblockt wurden, desto penetranter wurde ich, und so wurde von der Produktion langsam aber immer häufiger die Mär verbreitet, ich würde nur rumzicken, Diva-Theater spielen und somit völlig egoverzogen einen reibungslosen Ablauf der Dreharbeiten sabotieren. So, so.
    Nach ein paar Wochen passierte während der Dreharbeiten zur letzten Staffel dann Folgendes: Es häuften sich unerklärliche Krankheitsfälle am Set. Wir kämpften mit Reizhusten, Schnupfen, geröteten und brennenden Augen, Unwohlsein und Erkältungssymptomen. Natürlich dachten wir zuerst mal alle an einen normalen Ringelpietz-Schnupfen – will sagen: Einer schleppt eine Erkältung an und verteilt sie großzügig und ungefragt an alle anderen Mitarbeiter. Aber irgendwie dauerte das alles zu lang für eine normale Erkältung. Vielleicht waren das ja eher allergische Reaktionen? Und so wurden endlich nach langem Drängeln irgendwann mal Fachmänner bestellt, die den Drehort auf eventuelle »Substanzen« checken sollten, die solche körperlichen Reaktionen hätten auslösen können. Alleine, dass so lange damit gewartet wurde, ist schon diskussionswürdig. Weil die ganze Sache ja heruntergespielt wurde nach dem Motto »Frau Diva Köster hat Star-Husten und muss wieder gepampert werden, weil sie sonst nicht richtig arbeiten kann«. Pustekuchen! Die Wahrheit war: Die ganzen Lebensmittel in unserem Studio-Supermarkt waren abgelaufen und fingen munter an, sich blau zu vermehren. Schimmel, Sporen und Pilze überall – in den Dosen, unterm Fußboden, et cetera, et cetera, et cetera! Aber natürlich, Frau Köster hat Star-Husten! Puste-Huste-Kuchen! Der verseuchte »Supermarkt« hat uns die Pestilenzsporen angedreht, so war es und nicht anders!
    Sie können sich vorstellen, dass das gesamte Ensemble angesichts dieser schimmeligen Nummer etwas angefressen war und es auch nur eine Frage der Zeit war, bis unter dem Topfdeckel die Suppe langsam durch zu viel Druck explodieren sollte.
    Eines Tages geschah dann das wohl unvermeidliche Drama. Es regnete mal wieder aus der falschen Windrichtung, und meine Mitspieler und ich fanden die gesamte Situation langsam wirklich nicht mehr tragbar. Der Produktionsleiter hatte aber wohl auch an jenem Morgen einen quer sitzen, rastete mal eben komplett aus und machte uns den Kinski mit doppelt geschraubtem Rittberger. Wie ein Verbalmastino kläffte er die übelsten Beschimpfungen und beleidigte meinen Filmmann Frank. Da es aber mal wieder vorgekommen war, dass die Tauben ins Essen geschissen hatten, und es mich und alle anderen Schauspieler nach wie vor fürchterlich nervte, dass die Toiletten und die Garderoben nicht nur gefühlt so weit weg wie »Indien« waren – nämlich am Ende des Ganges –, riß an diesem Tag mein Geduldsfaden und der Mond platzte. Ich stand auf und sagte nur – oder sagen wir besser, ich könnte auch gebrüllt haben, was glaube ich eher der Wahrheit entspricht: »Wenn das so ist, dann fahr ich jetzt mal nach Hause.« Das habe ich dann auch gemacht, denn für mich war eine Grenze überschritten worden. Das ganze Elend hatte
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