Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Pony mit Herz

Ein Pony mit Herz

Titel: Ein Pony mit Herz
Autoren: Tina Caspari
Vom Netzwerk:
Mach deine Ehrenrunde, Beppo, damit alle unseren King bewundern können!“
    Oliver hörte nicht mehr zu. Mit hängendem Kopf schlich er hinaus und flüchtete sich zu den jetzt verwaisten Paddocks hinüber. Wie vernichtet hing er über der hölzernen Umzäunung, das Gesicht in den Händen vergraben, damit niemand ihn weinen sah. In seinem Kummer hörte er weder die herannahenden Schritte noch das Hufeklappern. Erst als ihn ein warmes Pferdemaul im Nacken berührte und er den Atem in seinen Haaren spürte, hob er den Kopf.
    „Oliver! Willst du dich nicht um dein Pferd kümmern?“ Es war die Stimme seines Vaters.
    „Er muß dich wirklich sehr ins Herz geschlossen haben, er hat uns direkt zu dir geführt“, sagte die Mutter leise.
    Oliver drehte sich langsam um. Ungläubig starrte er von einem zum andern. Dann fiel er King um den Hals. Die Eltern faßten sich bei den Händen und sahen sich zufrieden an. Die Überraschung war ihnen gelungen! So glücklich hatten sie ihren Sohn noch nie gesehen. King würde es gut bei ihm haben, er würde sein schlimmes Schicksal für immer vergessen können. Das war das finanzielle Opfer wert.
    Nicht nur Oliver, alle Beteiligten waren mit dem Verlauf des Tages hochzufrieden. Die Einnahmen lagen weit über der erwarteten Summe; auch wer kein Pferd oder Pony erworben hatte, hatte seine Sympathie durch eine größere Spende für den Tierschutzverein bewiesen. Und das Flugticket für Mini war auch gesichert. Das allerdings sollte sie erst am nächsten Tag bei der großen Abschlußfeier erfahren.
    Billes Gefühle waren geteilt. Einerseits freute sie sich auf das Fest und ihre Überraschung für Simon und Hans Tiedjen. Und auch auf Minis Gesicht freute sie sich, wenn die Kleine erfuhr, daß sie das Weihnachtsfest nun doch mit den Eltern verbringen konnte. Andererseits graute ihr vor dem Gedanken an das, was danach kam: die große Leere auf dem Hof, die Stille, wenn sie alle in die Ferien abgefahren waren.
    Bille hatte den Kontakt mit ihrer Familie ängstlich vermieden. Sie wußte einfach nicht, wie sie sich verhalten sollte. Zwar sah sie ein, daß ihre Mutter allen Grund hatte, sich über ihr Verhalten in den letzten Monaten zu beschweren, doch sie fühlte sich auch enttäuscht und im Stich gelassen. Nie hatten Mutsch und Onkel Paul bisher an ihrer Leidenschaft für die Pferde und die Reiterei Anstoß genommen, im Gegenteil! Warum war das jetzt auf einmal anders? Habe ich mich wirklich so verändert, fragte sich Bille. Bin ich so egoistisch und blind geworden, daß sie glauben müssen, ich hätte sie nicht mehr lieb?
    Ja, sagte sie sich beschämt. Ich bin in letzter Zeit nach Hause gekommen wie in ein Hotel. Habe mein Essen in mich hineingestopft und mich in meinem Zimmer vergraben. Wann haben Mutsch und ich zuletzt gemütlich miteinander geredet, über ganz alltägliche Dinge? Wann habe ich mich nach ihrem Befinden erkundigt? Ob ihre Rückenschmerzen besser geworden sind oder was der Augenarzt gesagt hat? Wann einmal einen Abend für sie Zeit genommen? Früher war das anders gewesen. Da hatten sie gegenseitig an allem Anteil genommen, wie groß auch der Streß war! Scham und Trauer erfüllten Bille. Und Heimweh.
    Es war meistens Nacht, wenn Bille von diesen Gefühlen überwältigt wurde und sich alles in ihr schmerzhaft zusammenzog. Doch wenn der Wecker klingelte und sie schlaftrunken in den Stall hinüberlief, um mit dem Morgentraining zu beginnen, vergaß sie über den Pferden alles andere.
    Und so werde ich auch in den Weihnachtsferien alles andere über den Pferden vergessen, nahm sie sich vor. Keine Ferienpläne! Denn auch Simon war sie seit ihrem Gespräch trotzig aus dem Weg gegangen. Wenn sie mit ihm sprach, dann nur über die Arbeit. Und wollte er sie zur Rede stellen, dann wich sie ihm aus. Sie spürte seine Trauer und Hilflosigkeit, und es tat ihr weh zu sehen, wie er litt. Doch sie brachte es einfach nicht fertig, den ersten Schritt zu tun. Simon selbst schien sich ebenfalls von ihr zurückzuziehen. Denn warum sonst war er nie zu sehen?
    Für das große Weihnachtsreiten waren die Proben in den letzten Tagen auf Hochtouren gelaufen. Bille hatte nicht daran teilgenommen. Ihre Dressur-Kür sollte für alle eine Überraschung sein. Nur Ignaz der Schreckliche, der die Ansage der verschiedenen Nummern übernommen hatte, wußte Bescheid. Billes Auftritt würde der letzte von allen sein, und sie probte ihn unter der Aufsicht von Hannes und Johnny dem Indianer am späten Abend, wenn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher