Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Pony mit Herz

Ein Pony mit Herz

Titel: Ein Pony mit Herz
Autoren: Tina Caspari
Vom Netzwerk:
der an einem Stab befestigt den lustig bemalten Steckbrief des Vierbeiners hielt.
    In einer kurzen Ansprache begrüßte Hans Tiedjen die Gäste und wies noch einmal auf das schwere Schicksal der ehemaligen Schlachtpferde und auf die Rettungsaktion hin. Dann übergab er Peter das Mikrophon, und die Vorstellung der Pferde begann.
    Peter hatte gewaltiges Lampenfieber. Sein Gesicht war blaß, die Lippen steif. Später wußte er nicht mehr, wie er seine Begrüßungssätze herausgebracht hatte. Zum Glück hatte er sie sich auf einem Zettel notiert, sonst hätte er sich vermutlich an kein Wort mehr erinnert. Er bedankte sich im Namen seiner Mitschüler für das Interesse und betonte, wieviel Freude ihnen allen die Pflege der mißhandelten Tiere gemacht hatte. Da und dort wurde geklatscht, andere fielen ein, schließlich war die Halle von herzlichem Applaus erfüllt. Peter atmete tief ein. Das Lampenfieber war verschwunden.
    „Beginnen wir mit unserer Vorstellung“, verkündete er. „Florian zeigt Ihnen jetzt König Drosselbart. Er ist der älteste von allen und verdankt seinen Namen dem kleinen Ziegenbart, den er unter dem Kinn hat. Der alte Herr ist inzwischen kerngesund. Er ist sehr gutmütig, lammfromm und intelligent. Er sucht einen Platz, wo er sein Gnadenbrot bekommt, freut sich aber über Spazierritte durchs Gelände. Ein Pferd, dem man auch kleinere Kinder anvertrauen kann. König Drosselbart kostet zwölfhundert Mark. Wer an ihm interessiert ist, gehe bitte drüben an den Tisch zu Frau Körber und Franca, um die Formalitäten zu erledigen.“ Während Peter sprach, hatte Florian den braunen Wallach im Schritt, Trab und einem kurzen Galopp vorgestellt. Der Braune ließ sich Zeit; er überanstrengte sich nicht, wirkte aber nicht steif und verbraucht. Die gute Pflege und der freie Auslauf auf den weiten Koppeln in den letzten Wochen hatten ihm die glücklichste Zeit seines bisherigen Lebens beschert. So wirkte er jetzt fröhlich und kräftig auf die Besucher. Es dauerte nicht lange, und ein Vater mit zwei kleinen Töchtern erhob sich und ging zum Verkaufstisch hinüber.
    „Ein Interessent für König Drosselbart? Danke sehr! Als Nummer zwei stellen wir Ihnen nun unsere Jüngste vor. Schneeflocke ist vermutlich viel zu früh unter dem Sattel gegangen und ständig überanstrengt worden. Sie braucht noch eine Weile liebevolle Pflege und Schonung. Aber wenn sie die bekommt, könnte aus ihr einmal ein Traumpferd werden. Nico zeigt Ihnen die Stute jetzt. Achten Sie bitte auf ihre hervorragenden Gänge! Ich möchte noch erwähnen, daß wir für Schneeflocke eine besonders einfühlsame Reiterin suchen, die viel Geduld mit ihr hat!“
    Jetzt war Peter Herr der Lage. Souverän stellte er ein Pferd nach dem anderen vor. Für jedes fand sich mindestens ein Interessent, in den meisten Fällen gab es mehrere Bewerber.
    Das vorletzte Pferd in der Reihe war King. Oliver, der zu den Ordnern auf der Tribüne gehörte, konnte sich kaum auf seine Aufgabe konzentrieren. Je näher die Reihe an King kam, desto beklommener war ihm zumute. Er hatte es ja geahnt! Die Eltern konnten und wollten die Ausgaben für ein eigenes Pferd nicht auf sich nehmen. Wenn es nur der Kaufpreis gewesen wäre! Aber da kamen die monatlichen Zahlungen für Futter und Stall, Ausrüstung und Pflege, dazu Hufschmied und Tierarzt. Wie dumm war es von ihm gewesen, sich da Hoffnungen zu machen!
    Genau aus diesem Grund hatte Oliver sich auch geweigert, King vorzustellen. Er wußte, er würde es nicht ertragen können, wenn King einen anderen Besitzer bekam. Wenn das geschah, dann konnte er seinen Freund nie wieder ansehen. Es hätte zu weh getan.
    Jetzt war King an der Reihe. Verzweifelt starrte Oliver zur Tür. Warum kamen sie nicht? Warum geschah nicht ein Wunder, und sie standen plötzlich dort und riefen laut „Hier! Wir nehmen ihn!“ Oliver hätte am liebsten laut aufgeschrien vor Verzweiflung. Doch er stand steif da, mit blassem Gesicht und zusammengepreßten Lippen und starrte in die Reitbahn hinunter, wo Beppo sich jetzt anschickte, King den Besuchern vorzustellen. Dumpf klang Oliver Peters Ansage in den Ohren. „Unser besonderes Schmuckstück! Sieht er nicht fabelhaft aus? Den hätten Sie vor ein paar Wochen erleben müssen, er war nur noch Haut und Knochen, der Arme, völlig apathisch, mehr tot als lebendig. Wir sind richtig stolz auf ihn. Unser King! Er kostet ... halt, stop mal, ich sehe gerade, er ist bereits verkauft. Tut mir leid, Leute. Trotzdem:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher