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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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dieser Art ergab sich, als ich den N’da Ali erstieg, einen vierzig Kilometer von der Basis entfernten Berg. Von eingeborenen Jägern hatte ich erfahren, daß man an den oberen Berghängen ein seltenes Tier finden konnte, das ich mir ganz besonders wünschte, den Bärenmaki, einen großen Halbaffen von reinem Kremweiß mit schokoladebraunen Beinen und Füßen. Ich wußte, daß ein lebendes Exemplar dieser Gattung in England noch nie zu sehen gewesen war, deshalb war ich entschlossen, eines zu fangen, wenn nur irgend möglich.
    Wir brachen eines Morgens sehr früh zu unserer Jagd auf, vier Jäger und ich, außerdem eine Meute von fünf ziemlich räudig aussehenden Hunden. Hinderlich bei einer solchen Jagd ist es, daß man den Hunden nicht erklären kann, was für ein Tier man wünscht, und so nehmen sie die Witterung irgendeines Waldgeschöpfes auf und folgen ihr. Dadurch kann es geschehen, daß man bei der Jagd nach einem Maki zum Schluß etwas ganz anderes fängt.
    Das war mir in der Tat beschieden. Nachdem wir etwa eine halbe Stunde lang den Wald durchstreift hatten, nahmen die Hunde eine frische Witterung auf und rannten mit erregtem Kläffen davon; das Scheppern ihrer Glöckchen widerhallte durch die Bäume. Wir nahmen die Verfolgung auf, liefen eine halbe Stunde lang den fernen Geräuschen der Meute nach, rannten so schnell, wie wir konnten, und wurden immer erschöpfter. Plötzlich blieb der vorderste Jäger stehen und hielt die Hand in die Höhe. Wir standen wie angewurzelt, rangen nach Atem und spitzten die Ohren, aber der Wald ringsum war still; von den Glocken war nichts zu hören.
    Wir fächerten aus und schlugen verschiedene Richtungen ein, um festzustellen, welchen Weg die Meute genommen hatte. Endlich ließ uns der gellende Ruf eines Jägers zu der Stelle eilen, wo er wartete, und hier hörten wir in einiger Entfernung Wasser rauschen. Während wir dorthin liefen, erklärte mir der Jäger keuchend, daß die Glöckchen vom Wasserrauschen übertönt würden, wenn die Hunde ihrer Beute zum Fluß gefolgt wären. Beim Fluß angekommen, planschten wir stromaufwärts, bis wir eine Stelle erreichten, wo das Wasser in einem sieben Meter hohen Fall schäumend herabtoste. Unten am Wasserfall häuften sich in einem Wirrwarr mächtige Felsblöcke, dicht bewachsen mit Moos und kleinen Pflanzen, und unter diesen Felsen gewahrten wir die Schwänze und Hinterteile der Hund6, die hier das Wasserrauschen mit ihrem schrillen Gekläff übertönten. Als wir zwischen die Felsblöcke spähten, sahen wir zum erstenmal, was sie gejagt hatten: einen Nilwaran, eine gewaltige Echse, deren Gesamtlänge anderthalb Meter betrug, mit peitschenartigem Schwanz und mit starken Nägeln bewehrten Füßen. Er hatte sich zwischen den Felsen in eine Sackgasse zurückgezogen und hielt die Meute in Schach, indem er mit seinem langen Schwanz peitschte und mit offenem Maul fauchte, wenn sie sich zu nahe heranwagte.
    Gerade wollten wir sie abrufen, als eine Hündin, dümmer als die andern, zwischen die Felsen vorstürzte, nach dem Hals des Warans schnappte und sich darin verbiß. Der Waran gab die Liebenswürdigkeit zurück, indem er ihr Ohr zwischen die Zähne nahm und dann, sich aufrichtend, mit den kräftigen Hinterbeinen nach dem Rücken der Hündin schlug und ihr mit den scharfen Krallen die Haut aufriß. Die Hündin ließ seinen Hals jaulend los, doch als sie zurückzuweichen begann, teilte ihr der Waran mit dem Schwanz einen Peitschenhieb aus, so daß sie über die Felsblöcke kullerte. Hastig riefen wir die übrigen Hunde ab und banden sie am nächsten Baum fest. Nun galt es zu entscheiden, wie die Echse am besten zu fangen war, die da gleich einem großen vorgeschichtlichen Ungeheuer fauchend zwischen den Felsen lag.
    Wir versuchten ein Netz über den Waran zu werfen, aber es verfing sich immerzu an den scharfkantigen Felsen, und schließlich gaben wir das als untaugliches Unternehmen auf. Mir fiel kein anderes Verfahren ein, als in die Höhe zu klettern und ihm von oben, während er von einem andern abgelenkt wurde, eine Schlinge um den Hals zu werfen. Nachdem ich den Jägern mein Vorhaben auseinandergesetzt hatte, erklomm ich die schlüpfrigen Felsen, bis ich etwa einen Meter über der Stelle hockte, wo der Waran lag. Ich brachte am Ende eines langen Seiles eine Ziehschlinge an, lehnte mich vor und ließ sie vorsichtig zu dem Waran hinunter. Anscheinend brachte er das lange Seil mit den Menschen vor ihm nicht in Verbindung, und so fiel
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