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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Escholi aufhielt. Wir hatten fast die ganze Nacht ziemlich erfolglos gejagt, als einer der Jäger vorschlug, zu einer Klippe zu gehen, wo es seines Wissens viele Höhlen gab. Dort würden wir sehr wahrscheinlich irgendeine Beute finden.
    Dorthin strebten wir, und schließlich kamen wir zu einem breiten Fluß, den wir furten mußten. Wir wateten durch das hüfthohe kalte Wasser, und als wir uns in der Mitte befanden, schaltete der Jäger hinter mir seine Taschenlampe ein, und da waren überall rings um uns lauter Wasserschlangen, die hin und her schwammen und uns mit ihren glänzenden Augen betrachteten; wie Unterseeboot-Periskope ragten die Hälse aus dem Wasser hervor. Es waren keine Giftschlangen; allerdings konnten sie beißen, wenn sie zornig wurden. Die Afrikaner aber sind überzeugt, daß jede Schlange, gleich welcher Gattung, giftig sei, und deshalb behandeln sie alle mit großer Vorsicht.
    Als mein Jäger sah, daß er mitten in einem Fluß auf allen Seiten anscheinend von der gesamten Wasserschlangen-Bevölkerung Kameruns umgeben war, stieß er laute Schreckensrufe aus und wollte zum Ufer rennen. Es ist nicht leicht, in hüfthohem Wasser zu rennen, und so geschah es, daß ihm die Strömung das Gleichgewicht raubte und er mit einem Platsch ins Wasser fiel, wobei er die ganze Ausrüstung verlor, die er auf dem Kopf getragen hatte. Die Wasserschlangen erschraken ob dieser plötzlichen Bewegung und tauchten nach Deckung. Als der Jäger prustend und keuchend wieder auf den Füßen stand und von seinen Gefährten gefragt wurde, was denn los sei, sagte er, im Fluß wimmle es von Schlangen, worauf sie ihre Lampen einschalteten und die Oberfläche des Wassers ableuchteten; aber keine einzige Wasserschlange war zu sehen. Nach einigem Hin und Her gelang es mir, sie zu überreden, mitten im Fluß ganz still zu stehen; wir schalteten unsere Lampen aus und warteten regungslos eine Weile. Als wir die Lampen wieder anknipsten, waren die Wasserschlangen abermals da und woben rings um uns silberne Muster ins Wasser. Mit Hilfe unserer langstieligen Schmetterlingsnetze fingen wir vier oder fünf Schlangen und versenkten die zappelnden, sich windenden Tiere in unsere Säcke. Dann setzten wir unseren Weg fort.
    Wir gelangten endlich zu der Klippe und stellten fest, daß sie buchstäblich durchlöchert war von Höhlen aller Formen und Größen; die Eingänge waren fast verborgen von auf gehäuften Felsblöcken und niedrigem Dickicht. Jeder übernahm einen Abschnitt der Klippe, und so machten wir uns an die Erforschung. Als ich mich durch die Felsblöcke zwängte und erwartungsvoll den Lichtkegel meiner Lampe dahin und dorthin richtete, sah ich eine seltsame Gestalt aus einem Gebüsch springen, über den Boden huschen und dann in einer kleinen Klippenhöhle verschwinden. Ich eilte dorthin, kniete vor dem Eingang nieder und leuchtete hinein, konnte aber nichts sehen. Der Eingang war ungefähr so breit wie eine Tür, doch nur einen halben Meter hoch, und um dem Tier zu folgen, mußte ich auf dem Bauch kriechen und die Taschenlampe im Mund halten. Das war höchst ungemütlich, zumal der Boden mit scharfkantigen Steinen besät war, und so kam ich nur langsam und beschwerlich vorwärts.
    Dieser Tunnel endete in einer kleinen runden Höhle, von der ein anderer noch tiefer ins Innere der Klippe führte. Als ich durch den zweiten Gang kroch, verriet mir das Licht der Lampe, daß er ebenfalls in eine kleine Höhle mündete, die allerdings noch kleiner war als die erste. Gerade wollte ich die zweite Höhle ausleuchten, da hörte ich zwei dumpfe Schläge, denen ein Rascheln folgte, das fast wie ein Rasseln klang. Bevor ich sehen konnte, woher dieses Geräusch stammte, rasselte es abermals, und aus der düsteren Höhle warf sich etwas auf mich, schlug mir die Lampe aus der Hand und stach mich wie mit fünfzig Nadeln ins Handgelenk. Ich holte mir meine Lampe wieder und zog mich hastig zurück, um mein Handgelenk zu untersuchen, das zerkratzt und zerstochen war, als ob ich in einen Brombeerstrauch gegriffen hätte.
    Während ich durch den Gang zurückkroch, leuchtete ich mit der Lampe ringsum, und der Kegel traf das Tier, welches mich angegriffen hatte. Es war ein ausgewachsenes Stachelschwein.
    Diese merkwürdig aussehenden Tiere, deren Hinterteil mit langen, scharfen Stacheln bedeckt ist, haben einen kahlen Schwanz, der in einem Stachelbüschel endet ähnlich einer ’Weizenähre. Wenn sie dieses Stachelbüschel am Ende des Schwanzes
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