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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies
Autoren: Hans Dominik
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Jahrhunderts zeigte sich deutlich, daß der Welthandel nur ein vorübergehendes Aushilfsmittel sein, nur eine vorübergehende Linderung der Nahrungsnot bedeuten konnte.«
    »Gut, der folgende«, rief Doktor Bunsen, und der Gefragte hub an: »Da nun Chinesen, Neger und Inder sich ihre Messer und Hemden selber fabrizieren, so mußte auch der Europäer wieder selber für sein Essen sorgen. Die Technik des zwanzigsten Jahrhunderts mußte Mittel und Wege finden, um im eigenen Lande Brot und Fleisch zu gewinnen. Das neunzehnte Jahrhundert hatte bedeutende Erfindungen und Fortschritte auf dem Gebiet der Fabrikations- und Verkehrstechnik gemacht. An Stelle der alten Postkutschen waren Dampf- und elektrische Bahnen getreten, die in der Stunde hundert Kilometer zurücklegten. In der Industrie stellten vorzüglich konstruierte Maschinen einen Gegenstand in fünf Sekunden her, an dem vor einem Menschenalter ein Mann noch fünf Tage arbeiten mußte. Nur der Ackerbau wurde noch nach der Urväter Weise betrieben. Auf ihn warf sich die Technik des zwanzigsten Jahrhunderts.«
    »Gut, der folgende«, unterbrach Doktor Bunsen.
    »Der Acker Europas war durch zweitausendjährigen Getreidebau erschöpft. Ihm wieder die üppige Fruchtbarkeit eines Urlandes zu verleihen, war Aufgabe der Technik. Dazu mußten die Stoffe wieder in die Erde gepackt werden, die ihr in zweitausend Jahren entrissen waren. Die Technik nahm sich der Aufgabe an und löste sie glänzend. In Deutschland hatte die gütige Natur in dem großen Salzlager von Staßfurt unendliche Mengen der Nährsalze gelagert, die das Getreide aus dem Acker nimmt. Millionen und aber Millionen von Zentnern dieses Salzes wurden von den Bergleuten aus der Tiefe geholt und über die deutschen Äcker verstreut. Bereits im Jahre 1905 wurden zehn Millionen Zentner davon gebraucht, und in quadratischer Steigerung hob sich der Verbrauch von Jahr zu Jahr. Wo immer in Deutschland Hochöfen loderten, da gab es phosphorhaltige Schlacke. Aus dem Ofenloch stürzte die weißglühende Schlacke in kaltes Wasser und zerfiel unter den Stößen mächtiger Pochwerke in phosphorhaltigen Sand. Der kam dann auf die Felder neben das Staßfurter Salz. Jetzt fehlte dem Boden nur noch der Stickstoff …«
    In diesem Augenblick ertönte die Glocke, und die Stunde war zu Ende.
    »Sehr gut, von Bredow!« unterbrach Doktor Bunsen, »das nächste Mal wird weiter repetiert. Für heute Schluß.«
    Es war die letzte Stunde vor einem Schulfeiertag, und die Schüler verließen das Haus mit dem angenehmen Gefühl, einen freien Tag vor sich zu haben.
    Der zuletzt Gefragte ging mit seinem Freund Erich Lamberg zusammen die Treppe herunter. »Willst du den freien Tag mit mir zusammen verleben, Erich?« fragte er jetzt, »ich fahre heute nachmittag zu meinem Vater auf das Gut und bin morgen abend wieder zurück.«
    »Mit Vergnügen, Bredow!« erwiderte dieser, »in einer Stunde habe ich die Einwilligung meiner Eltern, und in zwei Stunden können wir fahren.«
    Noch ehe zwei Stunden verflossen waren, trug die elektrische Schnellbahn die beiden Freunde mit zweihundert Kilometern in der Stunde von Berlin fort.

2
    Ein schöner Sommermorgen scheuchte unsere Freunde Erich Lamberg und Kurt von Bredow aus den Federn. Wenn man nur einen Tag auf einem Landgut zu verleben hat, dann muß mit dem altbewährten Grundsatz, an einem freien Schultag lange zu schlafen, leider gebrochen werden. So waren unsere beiden Helden schon um sechs Uhr munter und hatten sich ein genau ausgedachtes Tagesprogramm zusammengestellt: Bis sechs Uhr dreißig ein guter Kaffee mit Sahne, Landbutter und Landbrot. Dann Marsch an den nahgelegenen See. Dort sieben Uhr fünfundvierzig Besteigung eines Bootes und Bootsfahrt mit ausgiebigem Schwimmbad bis gegen neun Uhr vom Boot aus. Dabei Ausübung der hohen und niederen Jagd auf Frösche, Kaulquappen, Salamander und dergleichen. Neun Uhr Einnahme eines soliden Landfrühstücks mit selbstgeschlachteter Wurst im Boot. Neun Uhr fünfzehn Verlassen des Sees, und nun kommt neun Uhr dreißig der Glanzpunkt des ganzen Vormittags, das Besteigen zweier wirklicher, lebendiger und richtiggehender Pferde und ein Ritt mit dem Inspektor über die Felder des Gutes bis zum Mittagessen um zwei Uhr.
    Für den Nachmittag blieben besondere Dispositionen vorbehalten.
    Nach diesem Programm handelten unsere Freunde, und die neunte Stunde sah eine Kavalkade von drei Mann den Gutshof verlassen.
    »Du, Kurt«, fing Erich nach zehn Minuten an, »wir
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