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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies
Autoren: Hans Dominik
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verarbeitet und verquirlt. Hinter sich ließ die Maschine einen Ackerboden, der wieder mit Düngestoffen angereichert und bis zur Tiefe eines halben Meters gründlich umgegraben und gut gelüftet war.
    »Wir nehmen unseren Acker anders vor als unser Urgroßvater«, sagte der Inspektor, »aber dafür erzielen wir auch den fünfzigfachen Betrag des Saatkornes, und das soll doch seit Pharaos Zeiten bis zum zwanzigsten Jahrhundert nicht vorgekommen sein.
    Da ihr nun aber einmal dabei seid«, meinte der Inspektor weiter, »so könnt ihr auch gleich noch auf ein anderes Feld mitkommen, auf dem die Sämaschinen bereits in Tätigkeit getreten sind. Dann habt ihr alles gesehen, was den Fruchtbau angeht: das Pflügen und Düngen, das Säen, das Mähen und die Fahrt in die Scheunen.« Wieder ging der Ritt weiter zu anderen Feldern, auf denen eine leichte Maschine schnell dahinfuhr. Hier genügte ein kleiner Motor von zwanzig Pferdestärken, um das Ganze mit der Geschwindigkeit eines scharf trabenden Pferdes vorwärts zu bringen. Aus einigen zwanzig Röhren rieselte das Saatkorn auf die lose Ackerkrume. Gleichzeitig arbeiteten aber kleine Schaufelwerke hinter diesen Rieselrohren und brachten das Saatgut in gleichmäßiger Verteilung in der Oberfläche der Ackerkrume unter.
    »Das ist eine Körnersämaschine«, sagte der Inspektor. »Nun haben wir aber auch noch Steckmaschinen, welche Kartoffeln stecken und welche Rüben umstecken. Wir haben ferner Sämaschinen für die Hülsenfrüchte und wir haben endlich Rübenziehmaschinen, welche die reifen Rüben aus dem Acker ziehen, ohne sie zu beschädigen. Das Schönste aber sind unsere Jätmaschinen, welche die keimenden Äcker vom Unkraut befreien, ohne den Nutzpflanzen zu nahe zu treten. An solcher Maschine hat man sich das ganze neunzehnte Jahrhundert hindurch den Kopf zerbrochen. In der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ist es einem genialen Erfinder endlich gelungen, die schwierige Aufgabe zu lösen.«
    »Jetzt aber genug von diesen Maschinen!« rief Erich. »Ich dachte an einen landwirtschaftlichen Betrieb! Hier ist es ja nicht anders wie in einer Fabrik. Maschinen und wieder Maschinen. Die Schnitter haben wir uns schon abgewöhnt, nun ist auch der poetische Sämann genommen, und was sollen wir jetzt vom alten Cinna denken, der als siegreicher Feldherr bescheiden auf seinen Acker zurückkehrte und wieder hinter seinem Pflug ging.«
    »Jedes zu seiner Zeit«, sagte der Inspektor. »Die alten Römer haben ihr Getreide anders gebaut als die Zeitgenossen eines Schiller, Goethe und Bismarck. Wir bauen es wieder anders und ich glaube, wir werden es bald noch ganz anders bestellen. Ich alter Mann werde die Dinge wohl nicht mehr mitmachen, aber ihr werdet es noch erleben. Den Anfang haben wir hier schon im Spiritus- und Zuckerwald!« In der Tat langten die Reiter jetzt in einem schönen schattigen Wald an.
    »Nanu?« gab Erich auf gut berlinisch seinem Erstaunen Ausdruck. »Das sind doch hier ganz kommune Fichten und Kiefern, aus denen man allenfalls Streichhölzer machen kann. Wo ist denn der Spiritus und der Zucker?«
    »Der wird in unserer Fabrik daraus gemacht«, erwiderte der Inspektor. »Dort schleifen wir die Stämme. Aus dem geschliffenen Holzstoff gewinnen wir durch eine Natronbehandlung die reine Zellulose. Wenn wir einen Pferde- oder Rindermagen hätten, wäre das Problem der künstlichen Ernährung damit bereits gelöst, denn diese Mägen sind bekanntlich imstande, Zellulose ohne weiteres zu verdauen.«
    »Na, den könnten wir uns ja schließlich durch den berühmten Chirurgen, unseren Onkel Doktor Bail, einsetzen lassen!« warf Kurt dazwischen.
    »Mach keine faulen Witze«, verwies ihn Erich, und der Inspektor fuhr fort: »Aus der reinen Zellulose machen wir allerlei. Einen großen Teil verkaufen wir an andere Fabriken, die daraus künstliche Seide, Zelluloidwaren und endlich Sprengstoffe herstellen. Einen anderen Teil verarbeiten wir aber bei uns auf Zucker und Spiritus. Wir benutzen dabei Verfahren, die bereits im Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts bekannt waren und im allgemeinen mit einer Aufschließung der Zellulose durch Salzsäure beginnen. Ich will euch mit den Einzelheiten den Tag nicht verderben. Das Resultat ist jedenfalls ein guter Spiritus und ein ebenso guter Zucker, den ihr beispielsweise heute morgen zu eurem Kaffee bekommen habt und den ihr heute mittag wieder auf der Tafel finden werdet. Jetzt aber wollen wir nach Hause reiten; es wird
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