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Ein nackter Arsch

Ein nackter Arsch

Titel: Ein nackter Arsch
Autoren: Christian Bauer
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Ich wollte dich auch schon…“
    „Na klar!“ Evi Katschmarek klang hörbar gekränkt.
    „Ok, es tut mir leid. Ich war vielleicht gestern Abend nicht ganz so sensibel…“
    „Stopp!“, sagte Evi. „Ich will jetzt einfach mal mein’s sagen, und dann sehen wir weiter.“
    War da etwas Drohendes in Evis Stimme? Simarek hatte ein ungutes Gefühl. Er biss in das Melonenstück, dass er immer noch in der Hand hielt und nuschelte schlürfend in den Hörer:
    „Ok, du bischt dran.“ Sofort merkte er, dass das nun wirklich nicht so klang, als ob er Evi ernst nahm. Zu spät. Das Unheil nahm seinen Lauf.
    „Also“, Evi holte am anderen Ende der Leitung tief Luft, „ich habe beschlossen, mal eine Auszeit zu nehmen. Wenn du schon nicht über uns nachdenkst, dann muss ich das wohl tun. Ich hatte mir dieses Wochenende freigeschaufelt, und du weißt, wie schwer das ist. Du bist schließlich nicht der einzige Polizist in dieser Beziehung. Nun gut, du kannst nicht nach Köln kommen. Dann habe ich ja jetzt Zeit. Ruf mich also nicht an, ich melde mich, wenn ich fertig bin mit Nachdenken.“
    „Ja, aber…“
    „Nix aber! Ich habe schlecht geschlafen, viel nachgedacht und jetzt will ich das eben zu Ende bringen.“
    Sie hatte aufgelegt. Sollte es zur Dauereinrichtung werden, dass Evi die gemeinsamen Telefonate immer auf die gleiche Weise beendete? Und überhaupt, wie war sie denn plötzlich drauf? War das die Evi, die er kannte, die Tochter polnischer Eltern, die so herzlich über Polenwitze lachen konnte? „Besuchen Sie Polen, Ihr Auto ist schon da. Hahaha!“
    Simarek aß ein weiteres Stück der Melone und beschloss abzuwarten. Evi würde sich schon wieder beruhigen und außerdem hatte er genug Arbeit am Hals. Ein bisschen mehr Verständnis hätte er toll gefunden. Aber hatte er Verständnis? Er spürte, dass Wiedergutmachung angesagt war – später. Gut, dass die Pastis-Flasche leer war. Er brauchte jetzt einen klaren Kopf. Fischmayr wartete – nicht wirklich –, aber Simarek wollte ja noch in der Rechtsmedizin vorbeischauen.
    Er brauchte dringend Frischluft. Zu Fuß konnte er es in dreißig Minuten schaffen. Simarek beschloss, etwas für seine Gesundheit zu tun.
    Der Himmel war klar und die Luft pustete den Kopf des Kommissars ordentlich durch. Evi würde sich beruhigen, er sich entschuldigen, und sie würden dieses Wochenende in Köln nachholen – oder in Saarbrücken, obwohl er ahnte, dass er sich diesen Vorschlag besser verkneifen sollte.
    In der Rechtsmedizin verströmten die Neonleuchten ihr grelles Licht. Wie konnte man in dieser Atmosphäre nur seinen Tag verbringen? Robert Simarek begriff diese Welt nicht, aber Dr. Fischmayr schien weder anders arbeiten zu wollen noch zu können.
    Der Tote lag mit einem weißen Leinentuch abgedeckt auf dem blanken Sektionstisch. Nur die Füße schauten unter dem Laken hervor und zeigten, an einen Zeh gebunden, die obligatorische Kennziffer. Einen Namen hatte er ja noch nicht.
    Simarek fröstelte, obwohl es nicht kalt war. An der Leiche lag das nicht, der Umgang mit Toten war schon lange zur Routine geworden. Aber er mochte die kargen Räume der Rechtsmedizin nicht. Sie nahmen den Toten erbarmungslos ihre Geheimnisse. Hier waren sie wirklich nackt und bloß, durchschaut in ihren Lebensgewohnheiten. Selbst die heimliche Praline oder der Cognac zum Einschlafen blieben hier kein Geheimnis mehr.
    „Ah, der Herr Oberkommissar bemüht sich persönlich.“
    Die Stimme Ralf Fischmayrs schreckte Simarek aus seinen Gedanken auf.
    „Gibt’s was Neues?“
    „Wie ich schon vermutete: Einatmen von Cyanidgas. Die Hinweise sind eindeutig. Tod durch Ersticken, das Zeug blockiert das Eisen der Zytochromoxidase der Zellen.“
    „Mhh?“
    „Na ja, die innere Atmung wird lahmgelegt. Cyanidgas bindet beim Einatmen das Eisen der Enzyme. Und dann ist ziemlich schnell Schluss. Um sicher zu sein, haben wir die Schönbeiprobe gemacht. Musste nur ein bisschen Hirn entnehmen und es mit diesem reagensgetränkten Filterstreifen erwärmen. Sehen Sie die Blaufärbung? Eindeutiger Nachweis für Cyanid.“
    Der Kommissar spürte ein leichtes Würgen, hatte er sich doch gerade die Hirnentnahme bildlich vorgestellt. Er musste sich konzentrieren.
    „Und ungefährer Todeszeitpunkt?“
    „Ziemlich eindeutiger Todeszeitpunkt.“ Was hatte der Kommissar von Fischmayr anderes erwartet? „Zwischen zweiundzwanzig Uhr und Mitternacht gestern.“
    „Können Sie was zu den Umständen…?“
    „Mein lieber Herr
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