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Ein nackter Arsch

Ein nackter Arsch

Titel: Ein nackter Arsch
Autoren: Christian Bauer
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Hier angekommen entpuppt sich die Bar dann als Puff, und die Arbeit erfordert etwas mehr körperlichen Einsatz als das Schütteln von Martinis. Und da die Mädchen natürlich kein Deutsch sprechen, können sie sich auch nicht wehren. Und das ist dann ein Fall für unser Kommissariat Sieben oder wie du es nennst, die Sitte.“
    „Aha, und…“
    „Was deine Kirchenbordsteinschwalben angeht, da reicht ein Anruf bei der Polizeistation in der Goethestraße. Denn deine Kirche gehört zum Sperrgebiet. Dann kommen die Kollegen, erklären den Damen mal eben, dass sie ihre Beine woandershin bewegen sollen und gut ist’s. Platzverweis nennt man das. Und normalerweise hören die Damen auf gut gemeinte Ratschläge. Das erspart ihnen nämlich einen Haufen Ärger.“
    „Kannst du…“
    „Klar kann ich. Ich sag den Kollegen mal Bescheid, sie sollen ein Auge auf deinen Vorhof zum Paradies haben.“
    „Alter Ketzer!“
    „Hmm…“
    Hassdenteufel ging an den Küchenschrank, öffnete eine Türe und holte eine kleine Holzkiste heraus.
    „Don Stefano. Brasil. Komm, wir rauchen eine.“
    Der Kommissar überlegte kurz und beschloss, die zum Genuss erforderlichen zwanzig Minuten noch zu investieren. Ein langes Streichholz spendete beiden Rauchern Feuer, und binnen weniger Züge lag der duftende Rauch von Zigarillos in der Luft.
    „Wolltest du nicht nach Köln?“
    Simarek verzog den Mundwinkel, und der Pastor merkte sofort, dass das Thema falsch gewählt war. Doch Simarek fasste sich schnell und meinte lakonisch: „Ist ’ne Leiche dazwischen gekommen. Lag heute Morgen nackt am Saarufer.“
    „Ganz schön kalt.“ Manchmal überraschte der Pastor den Kommissar mit seinen sarkastischen Bemerkungen.
    „Wir haben noch keine Ahnung, wer er ist“, sprach Simarek weiter. „Der einzige Hinweis auf die Identität ist bislang ein Ehering.“ Simarek berichtete von der verblassten Gravur und dass er beim Standesamt frühestens am Montag mit einer Nachfrage Erfolg haben würde. Hassdenteufel hörte aufmerksam zu. Beide wussten sie, dass der Kommissar eigentlich nicht über seinen Fall reden durfte. Aber ebenso wussten beide, dass Hassdenteufel schweigen konnte. Alter Priestertrick: Das Gespräch wurde von beiden als seelsorgerlich verstanden und fiel somit unter das Beichtgeheimnis.
    „Wieso fragst du nicht jemanden, der sich mit so etwas auskennt?“
    „Bitte?“
    „Na ja. Lisette, das klingt französisch. Und Franzosen sind in der Mehrzahl katholisch. Ein Ehering, das weist auf eine kirchliche Trauung hin. Und mit dem 21. August 1964 wissen wir auch den Hochzeitstag.“
    „Pater Brown, bitte übernehmen Sie. Und damit sind wir so klug als wie zuvor.“
    „Nicht ganz, habe ja nicht nur ach Theologie studiert mit heißem Bemühen“, nahm der Pastor das Zitat auf, „und wenn es im Raum Saarbrücken im August 1964 eine Lisette gab, die katholisch geheiratet hat, dann bin ich schneller als dein Standesamt.“
    Simarek machte große Augen, als Hassdenteufel weitersprach.
    „Ganz einfach: Jede kirchliche Trauung wird beurkundet und steht in den Kirchenbüchern. Diese werden irgendwann archiviert, weil in den Pfarrämtern der Platz knapp wird. Und dreimal darfst du jetzt raten, wo in Saarbrücken die alten Akten gelagert werden.“
    „In deinem Schlafzimmer?“
    „Nicht ganz – aber im Kellerarchiv von St. Johannes.“
    „Würdest du…?“
    „Nachgucken? Aber gerne. Sherlock Hassdenteufel wird gleich in den Keller gehen und forschen. Kann aber ein bisschen dauern. Denn aufgeräumt ist das Archiv nicht.“
    „Falls du was findest…“
    „…ruf ich dich an. Klar! Du kannst aber auch gerne heute in die Abendmesse kommen.“
    Hassdenteufel konnte es nicht lassen. Zwar akzeptierte er, dass Simarek mit Kirche nicht viel am Hut hatte. Aber die Chance, verlorene Schafe zum Kirchenbesuch zu ermuntern, nutzte er jedes Mal. Natürlich wussten beide, dass Simarek die Abendmesse würde ausfallen lassen. Aber es war immerhin gesagt worden.
    Simarek nahm einen letzten Zug und warf das, was von der Don Stefano übrig war, in den Aschenbecher. Stilvoll ließen die Freunde die Stumpen ausglimmen. Der Kommissar nahm seine Einkaufstüten und schickte sich zum Gehen an.
    „Du denkst an meine Damen…“, rief Hassdenteufel ihm noch nach.

    Der Kommissar schnitt seine Honigmelone auf und wollte gerade hineinbeißen, als das Telefon ihn störte. Hatte Doktor Fischmayr etwa schon ein Ergebnis?
    „Simarek.“
    „Ich bin’s.“
    „Ach du, Evi.
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