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Ein nackter Arsch

Ein nackter Arsch

Titel: Ein nackter Arsch
Autoren: Christian Bauer
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nebenher.“
    Pit stellte Croissants und Kaffee auf den Stehtisch vor Simarek.
    „Also, was ist jetzt mit der Leiche?“
    „Weiß ich noch nicht. Tot ist sie jedenfalls und übergewichtig!“
    „Toll!“
    Pits Petit Bistro lag gut zwanzig Meter hinter der Brücke und war Anlaufstelle für Frühaufsteher und Übriggebliebene der Nacht. In der Woche war es bei Pit ab sechs Uhr immer voll. An den Bistrotischen drängten sich dann Aktentaschen, Blaumänner und Cocktailkleidchen. Samstags war das anders. Die Stadt schlief länger und nur wenige Nachtschwärmer strandeten bei Pit. Der Kommissar mochte das Bistro. Die Croissants waren frisch und der Kaffee, den er schlürfte, war trinkbar – immerhin.
    Soso, beim Saarbrücker Morgen wurde also gestreikt. Jeder hatte so seine Probleme: der Kommissar die Leiche, die Zeitungsmacher unliebsame Konkurrenz. Keine Zeitung, das bedeutete auch, dass Simareks Morgen gerettet war. Kein Wühlen in regionalen Meldungen, stattdessen noch ein paar Kapitel Krimilektüre.
    Salvo Montalbano wartete zu Hause. Camilleris fiktiver Commissario aus dem ebenso fiktiven Vigata auf Sizilien ging gern im Meer schwimmen. Dabei kamen ihm oft gute Ideen. Hinterher fühlte er sich meist wie neugeboren. Der Kollege hatte es gut, er wohnte direkt am Strand. Sizilianische Kommissare haben halt Lebensart.
    Für Simarek musste eine Wanne genügen. Ein Bad in der Saar erschien ihm wenig verlockend. Die Wanne, das war Saarbrücker Realität. Und während Montalbano auch nie mit Körpergeruch zu kämpfen hatte, brauchte Robert Simarek die Wanne nicht nur zur Entspannung. Vor seiner Haustüre verspürte er erneut das Bedürfnis, einen fahren zu lassen. Er gab nach – ein Fehler.

    Als Simarek sich abtrocknete, fühlte auch er sich wie neugeboren. Vier weitere Kapitel hatte er gelesen, immer wieder warmes Wasser in die Wanne nachlaufen lassen und die nackte Leiche am Saarufer darüber vergessen. Beim Blick auf sein aufgeweichtes Hinterteil im Spiegel des kleinen Bades fiel ihm der Tote wieder ein. Wieso war die Leiche so sauber? Vielleicht hatte der Mann auch in einer Wanne gesessen, als er starb. Tod durch Ertrinken konnte Simarek allerdings ausschließen. Dann hätte der Tote anders ausgesehen. Und warum hatte jemand sich die Mühe gemacht, die Leiche in dieser Weise am Saarufer zu drapieren? Das war inszeniert, das hatte der Kommissar gleich erkannt.
    „Fischmayr, Rechtsmedizin.“
    „Simarek hier, wissen Sie schon was?“
    „Hab’ ihn doch gerade erst auf den Tisch gekriegt!“ Der diensthabende Rechtsmediziner bemühte sich erst gar nicht, den leicht gereizten Tonfall zu unterdrücken. Simarek war das gewohnt und kümmerte sich nicht weiter darum.
    „Und, schon einen Verdacht?“
    „Natürlich!“
    Simarek bewunderte Fischmayr. Ein Blick genügte dem Rechtsmediziner oft, um mit sicherem Instinkt die richtige Richtung zu finden. Zwar hatte der Kommissar nie verstanden, was einen Mediziner bewog, sich statt mit lebenden Patienten lieber mit Toten zu beschäftigen, aber vielleicht hatte Fischmayr, bevor er auf Leichenschau umsattelte, zu viele Hypochonder behandeln müssen. Eins war jedenfalls sicher: Leichen jammern nicht. Und sie widersprechen der Diagnose nicht. Für Fischmayr wahrscheinlich angenehme Zeitgenossen.
    „Also, was ist jetzt?“, hakte Simarek nach, weil Fischmayr von sich aus nicht mit seiner Meinung herausrückte.
    „Sie wissen, dass Sie mich jetzt noch nicht drauf festnageln können. Genaues kann ich gegen Abend sagen. Aber wenn Sie meinen Tipp hören wollen…“
    „Raus damit!“
    „… dann würde ich sagen: Einatmen von Giftgas, wahrscheinlich irgendwas in Richtung Cyanid. Darauf könnte die leicht rosa-bläuliche Hautfärbung hinweisen.“
    „Ach, ich dachte, das käme von der Kälte!“
    „Leichen frieren nicht mehr! Sind Sie sicher, dass es kein Selbstmord war?“
    „Doktor, Sie wissen, wo wir den Mann gefunden haben!“
    „Ja, und gestorben ist er da sicher nicht. Nur…“
    „Was?“
    „… er hat nicht einen einzigen blauen Fleck. Nicht die Spur einer Gewalteinwirkung von außen – wenigstens nichts Sichtbares. Ich meine, wenn einer Giftgas einatmet und dann umkippt, dann gibt es Stoßstellen, blaue Flecken, irgendwas. Der sieht aber fast so aus, als wäre er im Bett gestorben. “
    „Hmm, und das heißt?“
    „Das rauszubekommen, ist Ihr Problem. Und jetzt muss ich arbeiten. Rufen Sie gegen siebzehn Uhr noch mal an. Dann bin ich fertig.“
    Siebzehn Uhr hatte
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