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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer
Autoren: Fielding Joy
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vorbei. Sie winkt, aber sie steht im dunklen Zimmer, die Polizisten können sie nicht sehen. Trotzdem, sie fühlt sich sofort besser, jetzt, wo sie weiß, daß sie da sind.
    Sie ist müde, so müde, daß ihr Kopf zu schmerzen beginnt. Sie geht zu Bett. Sie zieht die Decke über sich und schließt sofort die Augen. Laß die Augen offen, warnt das Stimmchen. Schlaf nicht ein! »Geh weg«, sagt Joanne ungeduldig. Ihr Kopf ist noch kaum auf das Kissen gesunken, da ist sie schon eingeschlafen.
    Joanne spielt mit ihrem Großvater Karten.
    Er gewinnt ständig, was sie nicht überrascht. Aber die vielen Menschen, die sich in seinem Zimmer im Baycrest-Pflegeheim zusammendrängen und ihnen beim Spielen zusehen, erstaunen sie. Ihre Gesichter sind ununterscheidbar, gehen ineinander über, impressionistische Skizzen ohne klare Umrisse, einfache Striche aus Farbe und Licht. Joanne betrachtet diese Gesichter und sieht immer wieder vertraute Züge zwischen ihnen auftauchen, sich verbinden, verschwinden. Unter Eves erstaunlich rotem Haar sehen sie die Augen ihrer Mutter an. An Robins Schultern angewachsen, strecken sich Lulus Arme nach ihr aus, das volle Lachen ihres Vaters ertönt aus Pauls geöffnetem Mund.
    Geht weg, befiehlt sie ihnen schweigend. Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn ihr so um mich herumwirbelt. Hört auf, euch zu bewegen, oder geht weg. Aber das seltsame Publikum bleibt; statt dessen verschwinden die Karten. Sie ist in einer schalldichten Kabine; ihr Großvater stellt ihr eine Frage. Ihr wird bewußt, daß sie an einem Fernsehquiz teilnimmt; sie zieht die Schultern zurück und den Bauch ein, denn die Kamera ist auf sie gerichtet. Wenn sie die Frage richtig beantwortet, sagt jemand, gewinnt sie eine gigantische Frühlingsrolle. Aber die Tonqualität in der Kabine ist schlecht; sie hört immer nur die Satzanfänge. Wie soll ich die Frage beantworten, wenn ich sie nicht richtig hören kann? fragt sie. Das Publikum johlt ihr aufmunternd zu.
    Wir feuern dich an, verkündet ihre Mutter mit klarer Stimme, aber Joanne kann sie nicht hören. Sie nickt, aber sie hat Angst. Sie will ihre Mutter nicht enttäuschen. Sie ist immer brav gewesen; sie hat viel gelernt. Alle ihre Freunde sind da; sie will sie nicht enttäuschen.
    Du darfst uns nicht enttäuschen, sagt ihr Vater deutlich; dann ist der Ton weg. Wir lieben dich, liest sie ihm von den Lippen ab.
    Wir müssen jetzt gehen, sagt Eve. Du mußt dich konzentrieren.
    Ich liebe dich, erklärt Paul.
    Ich brauche dich, erinnert Ron Gold sie.
    Und dann sind sie alle weg. Sie ist allein. In der Kabine kracht es seltsam, als ob sie unter Strom stünde.
    Bist du … deine Frage? sagt ihr Großvater.
    Ich kann dich nicht hören. Joanne gestikuliert wild herum, aber entweder sieht er sie nicht, oder er ignoriert sie bewußt.
    Hier ist … Frage, sagt die Stimme.
    Ich höre dich nicht. Ich habe nicht den ganzen Satz …
    Wann … Beginn des …?
    Es tut mir leid, ich höre dich nicht. Ich habe die Frage nicht mitbekommen.
    Joanne fühlt Panik in sich aufsteigen; die gläserne Kabine ist für sie zu einem luftleeren Kerker geworden. Sie will raus. Aber bevor sie sie freilassen, muß sie die Frage richtig beantworten. Entsetzt betrachtet sie die Gesichter, von denen sie plötzlich umgeben ist. Sie ist in einem Raum voller Fremder, deren Körper in die Wände überblenden, an denen sie lehnen. Der Atem stockt ihr. Sie ist in einem Raum voller Alan Crosbys.
    Die gläserne Kabine ist kein Kerker, wird ihr verzweifelt bewußt, als das Glas um sie herum sich auflöst. Sie hat Joanne bis jetzt am Leben erhalten! Jetzt steht sie allein da, ungeschützt in einem Raum voller Killer.
    Wann begann der Burenkrieg? höhnen die Stimmen, die Körper kommen immer näher.
    Ich weiß nicht, sagt Joanne flehentlich.
    Natürlich weißt du es. Frag doch Lulu! Sie hat uns gesagt, sie wird es nie vergessen.
    Von was redet ihr?
    »Linda …«
    Wir waren dabei, als du es deinem Großvater erzähltest.
    »Linda …«
    Wir kennen die Zahlenkombination deiner Alarmanlage.
    »Linda …«
    Plötzlich übertönt Eves Stimme alle anderen Stimmen. Ich sterbe, Joanne, schreit sie. Hilf mir!
    Ich komme gleich, ruft Joanne ihr zu, bahnt sich einen Weg durch den dichten Kreis aus Alan Crosbys, läuft in die Diele ihres Hauses, die Schlüssel fest umklammert. Einen Augenblick lang bleibt sie stehen, drückt auf die numerierten Tasten der Alarmanlage und rennt aus dem Haus.
    Wann begann der Burenkrieg?
    Ich habe
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