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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben
Autoren: Kim Wright
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beschwert durch die Last meiner Ehe, unter den richtigen Umständen noch immer packen und wegfegen lassen kann. Dass ich mich nach wie vor daran erinnere, wie es ist, einen Mann zu küssen, der scheinbar keinen Nachnamen hat.
    Doch jetzt, urplötzlich, benimmt sich dieser Mann, der vor mir steht, gar nicht mehr wie ein Aufreißertyp. Er wirkt unbeholfen, verlegen und echt. Er will mir unbedingt etwas begreiflich machen, und ich befürchte, dieses Etwas wird gar nicht gut in die Geschichte passen, die ich Kelly erzählen will. Ich lege ihm meine Finger auf die Lippen, um die Worte aufzuhalten, doch es ist lange her, seit ich zuletzt in solch einer Situation war, und vielleicht ist der Text geändert worden. Wenn hier gerade jemand einen Fehler macht, dann zweifellos ich.
    Er schiebt meine Hand weg und drückt sie einen Moment lang, um die Zurückweisung abzumildern. »Nein«, sagt er. »Du musst mir zuhören. Mein erstes Auto war ein verdammter AMC Pacer. Kannst du dich an die überhaupt noch erinnern? Die flogen in die Luft, wenn jemand in dich
reinfuhr. Einen ganzen Sommer lang schlief ich hinter dem Haus der Großmutter eines Freundes in einem Zelt, weil ein paar von uns vorhatten, nach New Orleans zu gehen und eine Blues-Band zu gründen. Allerdings konnten wir nicht einmal halbwegs ordentlich spielen und waren die ganze Zeit zugekifft, außerdem, du weißt ja, wie das ist mit dem Blues … Ich aß ständig diese japanischen Instant-Nudelsuppen. Kennst du die? Von denen gab es vier Päckchen für einen Dollar. Ich dachte nicht im Traum, dass ich einmal ein reicher Arschloch-Banker sein würde, der andauernd durch die Gegend fliegt. Heute saß ich wahrscheinlich zum ersten Mal seit fünf Jahren in der Holzklasse, kannst du dir das vorstellen? Ich hatte Mist gebaut und meinen richtigen Flug verpasst, eigentlich hätte ich gar nicht mit dieser Maschine fliegen sollen. Verstehst du, was ich dir sagen will? Ich hätte gar nicht mit dieser Maschine fliegen sollen, und das Geld ist nicht, wer ich bin. Es ist nur Energie, weißt du, eine Art rohe Energie, die manches einfacher machen könnte. Das ist alles, was ich dir sagen will, es könnte manches einfacher machen.« Er atmet heftig aus. »Bist du böse auf mich?«
    Ich schüttele den Kopf. Er küsst mich erneut. Dieses Mal reißt er sich zuerst los, und ich bleibe einsam und verlassen irgendwo zwischen seinem Kinn und seiner Schulter in der Luft hängen, mit immer noch geschlossenen Augen und offenem Mund. »Deine Karte«, sagt er in meine Haare hinein. »Ich brauche deine Karte.«
    Ich bemühe mich, nicht ohnmächtig zu werden, drücke meinen Rücken flach gegen die Gipswand und öffne die Augen. Gerry rückt seine Hose zurecht, er sieht von mir weg, während er den Inhalt neu arrangiert, sein Gesicht ist rot wie das eines Teenagers. Ich grabe in meiner Handtasche, meine Hand findet Füllfederhalter, Mintbonbons,
Tampons, alles außer der Visitenkarte, die diesen Wahnsinn in die Zukunft befördern könnte.
    »Ich zittere«, erkläre ich ihm, als er mir etwas in die Hand drückt. Dann laufen wir wieder, aus der Tür der Kapelle hinaus und durch den Flughafen zu Gate 37. Die Leute warten in einer Schlange vor der Gangway.
    »Ich begleite dich zu deinem Gate«, schlägt er vor. »Wenn du deinen Flug verpasst hast, verpasse ich meinen auch.« Ich schaue auf den Bildschirm hinter dem Schalter. Mein Flugzeug hätte vor zwei Minuten starten sollen. Ich habe also keinerlei Einfluss auf die Situation, und dieser Gedanke gefällt mir außerordentlich gut. Jetzt gehen wir nur noch. Noch fünf Gates bis zu meinem, und auf dem Schild steht CHARLOTTE, und außer einer Frau in der Uniform der US Airways ist dort niemand mehr.
    »Ist das Boarding schon abgeschlossen?«, frage ich sie und bin erstaunt, wie neutral meine Stimme klingt. Sie fragt mich nach meinem Namen, und mir wird bewusst, dass Gerry ihn jetzt gerade zum ersten Mal gehört hat. Ihr Blick geht zum Bildschirm. »Sie stehen noch am Gate, ich kriege Sie noch rein.«
    Irgendwo hoch oben in der dünnen Luft zwischen Phoenix und Dallas lasen wir abwechselnd den Redbook -Artikel über das, was eine Frau mit einem Mann im Bett alles anstellen kann. Gerry suchte sich drei Dinge aus der Liste aus. Ich kann mich nur noch an eines erinnern, nämlich, dass er es mag, wenn Frauen zeigen, dass sie es wollen. Wenn sie sich auf den Kerl stürzen, die Initiative ergreifen. Alle Männer mögen das. Ich weiß, dass ich für ihn das
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