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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe
Autoren: Horst Bosetzky
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Hunholz saß mit ihrer Mutter im Garten und frühstückte. Die wenigen Tage hier am Wümme-Deich kamen ihr vor wie viele Jahre Urlaub vom Leben. Auf keiner Ägäis-Insel hätte sie sich wohler fühlen können.
    Wenn nur ihre Mutter nicht immer wieder von Mannhardt angefangen hätte.
    «Ich kann es immer noch nicht fassen, daß er zwanzig Jahre älter ist als du...»
    «Zum Enkelkind hat’s ja bei ihm noch gereicht.»
    «Nun, ja...» Ihre Mutter schien sich nur unter Qualen vorstellen zu können, daß «der alte Herr», wie sie ihn hin und wieder nannte, ihre Tochter penetrierte. «Er ist etwas älter als dein Vater...»
    Heike lachte, während sie in ihr Honigbrötchen biß. «Da muß man ja automatisch an Inzucht denken, Väter, die ihre Töchter mißbrauchen.»
    «Kind, bitte!» Hannelore Hunholz war Amtsfrau in der bremischen Senatskommission für das Personalwesen, Arbeitsgebiet Beamten- und Besoldungsrecht, und schätzte nichts mehr als «klare Verhältnisse», was in diesem Punkte hieß: Verheiratetsein mit einem Mann, der vier Jahre älter und nicht geschieden war.
    «Immerhin ist er Kriminalbeamter und bekämpft das Verbrechen», sagte Heike nicht ohne Hohn und Spott in der Stimme.
    «Aber hätte fast seinen Vorgesetzten erschlagen...»
    «Stellvertretend für einige hunderttausend Deutsche, die das liebend gerne tun würden. Da ist er doch nur Opfer kollektiver Projektion geworden. Hast du auch noch etwas abzuarbeiten? Mein mehr oder minder abgebrochenes Psychologie-Studium zum Beispiel... Daß das Kind dazwischenkommen mußte.»
    «Ich freu mich doch, daß ich endlich Oma bin.»
    «Wie schön für uns...» Heike hätte erwartet, daß ihre Mutter nun aufgestanden wäre, um sie in den Arm zu nehmen, doch soviel an spontaner Herzlichkeit gab es in Bremen-Oberneuland nicht.
    «Aber was meinst du, wie sich alle über den Vornamen aufgeregt haben: Silvester...!»
    Heike konterte mit ihrem Abwehrscherz 321 Strich 2: «Stell dir vor, es wäre schon Weihnachten passiert, dann hieße der Papst Christmas Hunholz. Na, beim zweiten Kind vielleicht.»
    Das mit dem Papst verstand ihre Mutter nicht, wagte aber auch nicht nachzufragen und wechselte statt dessen das Thema. «Nimmst du dir nachher das Rad und fährst nach Fischerhude...?»
    Heike schwankte noch. «Wenn ich so über die Wiesen sehe... Aber, nein, du, ich muß zur ‹NordConsulting› und mich da mal umhören.»
    «Was für die Zeitung?»
    «Ja und nein. Da sind doch vier Topmanager in Berlin spurlos verschwunden, und ich hab ’n Artikel drüber geschrieben...»
    «Hab ich hier im ‹Weser-Kurier› gelesen von. Das ist ja sehr mysteriös alles.»
    «Das kannste wohl annehmen.» Heike trank den Rest ihres Kaffees aus. «Und die Frau, die zu den Verschwundenen gehört, das ist eine Cousine meiner Freundin Bianca Broch...»
    Ihre Mutter erinnerte sich. «Ja, diese Sabine Becker-Bornschein.»
    «Und die hat bei der ‹NordConsulting› gearbeitet. Bei denen will ich mich mal umsehen, vorher aber noch versuchen, ob ich ihren Mann irgendwo erwische.»
    «Paß bloß schön auf dich auf.»
     
    Immo Schwier klickte mit der Maus über die Funktionsleiste – Standard, Times New Roman, 12, rechtsbündig – und begann dann zu schreiben.
    Geständnis
    Man muß alles einmal ausprobieren. Mit dieser Devise bin ich immer durchs Leben gegangen. Immo immer. Ich habe gekifft und Heroin gespritzt, ich war Fallschirmspringer und habe beim «Iron man» auf Hawaii das Ziel erreicht, ich war verheiratet und habe ein Kind gezeugt, ich habe mit Frauen und mit Männern geschlafen, ich war als Alki auf Entzug und mit einer depressiven Psychose in der Psychiatrie, ich habe das Abitur gemacht und bin Diplomkaufmann, ich habe als Bauhilfsarbeiter wie als Taxifahrer mein Geld verdient, ich habe x-mal den Arbeitgeber gewechselt und hatte nur noch eins im Sinn: endlich einmal zur Ruhe zu kommen. Da ist mir Sabine begegnet. Das war die «strenge Domina», nach der ich mich so lange gesehnt hatte. Keine Zweifel mehr, keine langen Diskussionen, sondern ein entschiedenes «Hier geht’s lang!» Kennengelernt haben wir uns am 5.Januar, einem Donnerstag, als ich abends am Flughafen auf die letzte Maschine aus Frankfurt gewartet habe. Kurz vor Weihnachten hatte ich wieder begonnen, Taxe zu fahren. Weil ich dringend Geld gebraucht habe, weil ich es satt hatte, immer nur in meinem kleinen Zimmer am Sielwall zu liegen und gegen die Decke zu starren. Meinen P-Schein hatte ich schon vor Jahren
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