Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Magier in Nöten

Ein Magier in Nöten

Titel: Ein Magier in Nöten
Autoren: Craig Shaw Gardner
Vom Netzwerk:
wie ich«, sagte Ebenezum mit Nachdruck.
    »Dazu müssen wir wahrscheinlich in die große Stadt Vushta reisen.«
    »Vushta?« fragte ich. »Mit seinen Vergnügungsgärten und seinen verbotenen Palästen? Die Stadt der unnennbaren Sünden, die einen Mann ein Leben lang mit Fluch beladen können? Das Vushta?« Plötzlich spürte ich, wie alle Lethargie von mir wich. Flink legte ich das Holz vor der Feuerstelle ab.
    »Eben jenes.« Ebenezum nickte. »Es gibt nur ein Problem: Wir haben nicht die nötigen finanziellen Mittel für eine Reise und auch keine Möglichkeit, sie binnen kurzem zu erlangen.«
    Wie als Antwort auf unsere große Not fuhr ein starker Windstoß gegen unsere Hütte. Die Tür sprang auf und ließ einen Haufen von Blättern und Schmutz hereinwirbeln – und einen kleinen Mann mit zerrissenen Kleidern und schmutzverschmiertem Gesicht; er torkelte herein und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Flieht! Flieht!« quäkte der Neuankömmling mit zittriger Stimme. »Drachen! Drachen!« Und mit diesen Worten verdrehte er die Augen und sank ohnmächtig in sich zusammen.
    »In meiner langen Karriere als Zauberer, Wuntvor«, sagte Ebenezum, während er sich bedächtig über seinen langen weißen Bart strich, »habe ich es oft erlebt, daß, wenn man nur lange genug wartet, irgend etwas passiert.«
     
    Mit ein wenig Wasser im Gesicht und ein wenig Wein durch seine Kehle gelang es uns, unseren Gast zu beleben.
    »Flieht!« sprudelte es aus ihm hervor, als er wieder zu sich kam. Er blickte wild um sich, seine hellen Augen schnellten von meinem Meister zu mir und weiter auf den Boden und zur Decke. Er schien ungefähr so alt wie mein Meister zu sein, doch damit hörte die Ähnlichkeit auch schon auf. Statt der prachtvollen weißen Mähne meines Meisters hatte dieser Mann eine Halbglatze, und das Haar, das noch übrig war, war verfilzt und strähnig. Anstelle des hoheitsvollen Antlitzes meines Meisters war das Gesicht des anderen betont nichtssagend; kleine Nase, zurückfliehendes Kinn, stark gekrümmte Augenbrauen und eben jene Augen, die in dem schmutzverkrusteten Gesicht leuchtend blau wirkten.
    »Nun, mein guter Mann«, erwiderte Ebenezum in jener vernünftigen Art, mit der er schon oft junge Damen oder Billetkontrolleure bezaubert hatte. »Nur keine Eile. Ihr erwähntet irgendwelche Drachen?«
    »Drachen!« Der Mann stand ein wenig wackelig auf seinen Beinen. »Zumindest einer hat die Burg von Gurnish erobert!«
    »Die Burg von Gurnish?« meldete ich meine Zweifel an.
    »Du hast sie bereits gesehen«, antwortete mir Ebenezum, dessen kühle graue Augen immer noch auf unserem Gast ruhten. »Eine kleine Burg auf dem Hügel dort hinten am Wald.« Ebenezum schneuzte sich in seinen Bart. »Burg? Es gleicht eher einer Steinhütte, ist jedenfalls das Heim unseres Nachbarn, des Herzogs von Gurnish. Ein sehr kleines Herzogtum. Daher ist er auch ein sehr kleiner Herzog.«
    Ebenezums Worte hatten unseren Besucher womöglich noch mehr aufgebracht. »Ich bin nicht den ganzen Weg durch den Wald von Gurnish gerannt, um mir hier eine Unterhaltung über unsere Nachbarschaft anzuhören. Wir müssen fliehen!«
    »Der Wald von Gurnish?« fragte ich.
    »Die paar Bäume direkt hinter der Hütte«, erwiderte Ebenezum. »Bestimmt eine Idee des Herzogs. Jeder sonst weiß, daß es der Wald des Zauberers ist.«
    »Was soll das heißen, Wald des Zauberers?« schnappte der Neuankömmling. »Dieses Gebiet trägt offiziell den Titel eines ›Waldes von Gurnish‹. Genauso, wie die Burg von Gurnish eine offizielle Burg ist.«
    »Das ist Anschauungssache«, hielt Ebenezum lächelnd dagegen; mit diesem Lächeln hätte er sowohl Barbaren als auch jungfräuliche Tanten bezaubert. »Sind wir uns nicht schon irgendwo begegnet?«
    »Möglich.« Der Besucher wand sich unbehaglich unter dem durchdringenden Blick meines Meister. »Ah, sollten wir nicht unter Umständen doch lieber fliehen? Drachen, wißt Ihr.«
    »Ich wäre kein hauptberuflicher Magier, wenn ich nicht schon einmal mit dem einen oder anderen Drachen zu tun gehabt hätte.« Ebenezums Blick wurde noch eindringlicher. »Sagt, seid Ihr nicht der Herzog von Gurnish?«
    »Ich?« murmelte der kleinere Mann. Seine Augen wanderten von dem Magier zu mir und wieder zurück. »Nun – äh…« Er hüstelte. »Nun, ich glaube, ich bin es.«
    »Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt? Ich habe Euch nicht mehr gesehen, seit Ihr den Versuch aufgegeben habt, mich zu besteuern.« Ebenezums Lächeln strahlte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher