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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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dieser
ehrenwerte Bürger von Marbella, ein Sohn aus solch gutem Hause und gleichsam so
dermaßen attraktiv wie dein Vater, hatte es doch gar nicht nötig seine Ehefrau
zu vergewaltigen. Ein gewähltes Mitglied des Stadtrates hatte auch keine
perversen Neigungen. Meine zerrissenen Kleider erklärte der Staatsanwalt mit
meiner exzessiven Lust in dieser Nacht. – Alle wendeten sich von mir ab. Sogar
meine Eltern schrieben mir, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollten.
Pilar, meine Anwältin, schöpfte alle Möglichkeiten aus, um mir zu helfen. Doch
es blieb aussichtslos. Es war wie gegen Windmühlen zu kämpfen. Für das Gericht
war Habgier das einzige und ultimative Motiv für diese Tat. Den Rest kennst du
ja.“
    Es war totenstill im Raum. Weder Sohn noch Mutter sagten ein
Wort, bis Christina sich wieder fasste. „Das war die ganze und einzige
Wahrheit, Manuel. Ich wollte, dass ihr sie kennt. Ich erwarte nicht, dass du
mich liebst. Das wäre wohl auch zuviel verlangt. Aber bitte, Manuel. Bitte
hasst mich nicht!“
    Christina stand auf und ging zur Türe. „Ich wollte
eigentlich auch noch Isabel sehen. Aber ich denke nicht, dass das so eine gute
Idee wäre. Sprich bitte mit deiner Schwester. Wenn sie es möchte, kann sie mich
bei meiner Anwältin erreichen. Ich lasse dir Pilars Telefonnummer da. Ich werde
heute dort übernachten. Morgen früh fliege ich nach Deutschland und werde nicht
mehr zurück nach Spanien kommen.“ Sie öffnete die Tür. „Adiós, Manuel!“
    „Wo wirst du leben?“, wollte Manuel noch wissen. „Ich weiß
es nicht. Irgendwo, wo mich keiner kennt. Ich werde euch schreiben.“ Christina
verließ das Büro ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Auf der Fahrt nach Estepona sprach keine der Frauen auch nur
ein Wort. Pilar wollte ihrer Freundin Zeit geben, um ihre Gedanken zu ordnen.
Zu Hause angekommen, durchbrach sie das Schweigen. „Ich glaube, wir müssen
jetzt erst einmal etwas essen. Mach’s dir bequem, Christina!“
    Christina genoss das selbstgekochte Abendessen. So lecker
hatte sie schon lange nicht mehr gegessen. Langsam kam wieder Leben in ihr
Gesicht. „War es schlimm?“, fragte Pilar vorsichtig. „Ja, schlimm“, antwortete
ihre Freundin apathisch. „Er glaubt mir nicht,... Pili  ..., und er hasst
mich!“ Christina konnte die Tränen nicht zurückhalten und begann jämmerlich zu
schluchzen. „Was hast du denn erwartet, chica? Er war doch damals noch so
klein. Er kann dich einfach nicht verstehen. Hast du ihm denn alles erzählt?“
    „Ja, alles. Die ganze Geschichte. Zuerst hat er mich eine
Mörderin genannt. Doch ich glaube, als ich fertig war, hat er schon nicht mehr
ganz so böse geschaut.“ Christina gelang jetzt sogar ein kleines Lächeln. „Und
wann willst du Isabel treffen?“ Christina schüttelte den Kopf. „Nein, lass gut
sein! Das macht, glaube ich, keinen Sinn. Sie würde sich nur erschrecken. Ich
habe Manuel deine Adresse hinterlassen. Vielleicht meldet sie sich ja.“
    „Darauf stoßen wir jetzt an!“ Durch ihre jahrelange
Alkoholabstinenz merkte Christina die Wirkung des schweren Weines schon nach
der Hälfte des ersten Glases. Nach dem Essen half sie Pilar noch beim Abspülen.
„Willst du wirklich morgen schon weg?“ Die Anwältin hatte ihre Mandantin in den
letzten Jahren ziemlich liebgewonnen und hätte Christina gerne noch um sich
gehabt. „Du kannst wirklich so lange hier bleiben wie du willst.“
    Dieses Angebot hatte sie Christina in letzter Zeit oft
gemacht. „Nein Pili, ich muss weg! Ich kann an diesem Ort nicht mehr leben. Ich
muss Arbeit finden, und hier wird mir niemand einen Job geben. Ich muss noch
einmal ganz von vorne beginnen, und das kann hierzulande niemals
funktionieren.“
    „Aber du musst mir versprechen, zu mir zu kommen, wenn es
dir nicht gut geht, einverstanden?“ Christina umarmte ihre Freundin fest. „Zu
wem sollte ich denn sonst gehen? Ich habe doch nur noch dich.“
    „Wann willst du denn morgen früh los? Ab ungefähr elf Uhr
gibt es Flüge nach Deutschland. Ich schlage Abfahrt acht Uhr dreißig vor.“
    Die beiden Freundinnen redeten noch bis tief in die Nacht
über Christinas Pläne für ihr neues Leben in Deutschland. – Das Telefon läutete
jedoch nicht ein einziges Mal.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

- 3 -
     
    Am nächsten Morgen brachen sie gleich nach einem ausgiebigen
Frühstück in Richtung Flughafen Málaga auf. Dort herrschte schon
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