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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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musste bei
diesen Grübeleien schmunzeln. Ich bin nun mal so, y basta! 
    Was hatte sie denn eigentlich? Eine Tasche mit ein paar
persönlichen Dingen, ein paar neue T-Shirts und Unterwäsche zum Wechseln. Zwei
Ringe, eine Uhr und eine schmale goldene Kette, den neuen Jeansanzug, den sie
heute trug, und die zwanzigtausend Euro von ihrem Sparkonto. Na, wenigstens
etwas! Das ist ja schon einmal ‘was!, munterte sie sich selber auf. Positiv
denken, Christina! – Aber, was sollte die ganze Grübelei? Jetzt war es sowieso
zu spät. In zwei Stunden würde sie in Deutschland sein, und dann musste es ja
so oder so weitergehen.
    Sobald sie in Köln angekommen wäre, würde sie die Bahn in
die Innenstadt nehmen. Ganz nahe am Dom gab es ein herrliches
Traditions-Fünf-Sterne-Hotel. Wie schön wäre es doch, dort zu arbeiten. Ich
gehe einfach hin. – Fragen kostet nichts, mein Kind!, hörte sie ihren Vater
sagen.
    Christina überlegte sich schon einmal eine Lebensgeschichte
für ihre erste Bewerbung. Außer ihrem Prüfungszeugnis, hatte sie keinerlei
Referenzen oder Beschäftigungsnachweise. Ihre Arbeit in der Gefängnisküche
konnte sie wohl kaum als Qualifikation für einen Luxusschuppen angeben.
Niemand, der ihr in ihrem neuen Leben über den Weg laufen würde, sollte von
ihrer Geschichte etwas erfahren. In Deutschland wäre sie Christina Klasen, eine
kinderlose ehemalige Hotelbesitzerin, die sich von ihrem spanischen Mann
getrennt hatte und nun wieder in ihrer Heimat leben wollte. Ihr war es egal,
wenn sie zunächst einmal kleine Brötchen backen müsste. Es wäre gewiss kein
Fehler, nach so langer Abstinenz, das Hotelgewerbe von der Pieke auf neu zu
erlernen. Sie brauchte irgendeinen Job, wo sie ein wenig Geld verdienen würde
und ihre Zeit gut herumbringen konnte. In einer Rezeption oder als
Zimmermädchen, das wäre  ihr gleich. Bis sie eine Wohnung gefunden hätte, würde
sie sich erst einmal in einer preiswerten Pension einmieten. Das war doch fürs
Erste wenigstens eine klitzekleine Planung!
    Und noch etwas stand für Christina schon seit langer Zeit
felsenfest: Sie wollte irgendetwas für Frauen tun, denen es genauso erging wie
ihr mit Ángel. Hätte sie damals Hilfe gehabt oder auch nur die kleinste
Möglichkeit gesehen aus dieser Situation zu flüchten, dann wäre das alles nicht
passiert. Sie selber war damals mutterseelen alleine gewesen. Ihr Schweigen war
ihr größter Fehler gewesen. Das wusste sie heute. Hätte sie beispielsweise zu
jener Zeit Pilar schon gekannt, hätte sie die Kraft gehabt, sich von Ángel zu
trennen. Sie hätte ihn verlassen, und zwar MIT den Kindern! Ja, Christina
wollte sich in Zukunft um Frauen mit dem gleichen Unglück kümmern.
    Ihr Plan war nun um einen Punkt erweitert worden: 1. Im
Hotel am Dom nach Arbeit fragen. 2. Ein Zimmer in einer billigen Pension
suchen. 3. Bei der Bank ein Konto eröffnen und ihr Erspartes einzahlen. Letzter
Punkt, Nummer 4: Mit dem Kölner Sozialamt Kontakt aufnehmen und sich nach
Möglichkeiten einer ehrenamtlichen Tätigkeit erkundigen.
    Sie überlegte erneut. Eines hatte sie noch nicht in ihr
Programm aufgenommen. Es fehlte der wichtigste und bedeutungsvollste
Programmpunkt von allen. Er sollte von nun an ihre Maxime sein. Sie setzte
diese Tatsache sofort an die erste Stelle ihrer persönlichen Lebensplanliste:
Niemals mehr würde ein Mann in ihrem Leben eine Rolle spielen! Weder eine
Haupt- noch eine Nebenrolle. Noch nicht einmal als Statist oder Komparse würde
sie einen Kerl in ihr Leben lassen. Nie wieder dürfte so ein Individuum sie
anfassen! Alleine der Gedanke daran ließ ihren Magen rebellieren. Liebe?
Gefühle für das andere Geschlecht? – Ach du meine Güte! Für Christina gab es
das alles nicht mehr. Diesen Teil ihrer Persönlichkeit hatte Ángel ihr abgejagt
und kaltgemacht.
    Die Ansage der Stewardess, mit der Aufforderung sich zur
Landung in Köln anzuschnallen, holte Christina aus ihren Gedanken. Das Flugzeug
wackelte beachtlich, als es sich durch die dicke Wolkenschicht nach unten
bohrte. Wie sollte es auch anders sein? Logisch regnete es in Deutschland!
Daran würde sie sich auch erst wieder gewöhnen müssen. Das deutsche Wetter
hatte sie wirklich nicht einen einzigen Tag lang vermisst. Christina war eine
ausgemachte Sonnenanbeterin. Selbst die größte Sommerhitze Andalusiens hatte
ihr nie etwas ausgemacht. Während die Einheimischen sich hauptsächlich im
Schatten oder in ihren abgedunkelten Häusern aufhielten, war sie zum
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