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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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Manuel stieß sie augenblicklich scharf
zurück. „Fass mich bloß nicht an, ja! – Mörderin!“ Er brüllte so laut wie er
konnte. Christina sah seine Halsadern anschwellen und wich erstarrt zurück.
    „Verzeihung! – Es,... es tut mir Leid, Manuel! Ich mache das
nicht noch einmal. Ich fasse dich nicht mehr an, okay? Beruhige dich!“ Sie
wandte sich ihrer Schwägerin zu. „Maite, könntest du uns bitte alleine lassen.“
Ihre Schwägerin wusste offenbar nicht, was sie tun sollte. Sie schaute ihren
Neffen fragend, mit hoch gezogenen Schultern an. Manuel schien sich von seinem
ersten Schrecken etwas erholt zu haben. „Ist schon gut, Tante Maite, du kannst
ruhig gehen. Ich mache das schon.“ Maite verließ außerordentlich skeptisch und
widerwillig zögernd den Raum.
     
    Christina setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch.
„Vale, hijo mío. Ich sitze hier, und du sitzt dort hinter dem Tisch. So können
wir uns nicht zu nahe kommen. – Hast du Angst vor mir?“ Manuel erwiderte
nichts, er starrte sie nur an. „Ich möchte dir gerne meine Version der ganzen
Geschichte erklären. Du und Isabel, ihr beide sollt wissen, dass ihr das
Wichtigste in meinem Leben seid. Ich habe euch Schlimmes angetan, und ihr habt
es sehr schwer gehabt. Ich weiß das. Aber, es war niemals meine Absicht, und es
ist trotzdem unentschuldbar. Ich verstehe es, wenn ihr mich – ich will es mal
so ausdrücken – nicht gerade liebt. Du sollst aber Eines wissen: In den letzten
zehn Jahren habe ich jeden Tag an euch gedacht. Jede Woche habe ich euch
geschrieben. – Leider habt ihr nie geantwortet. Vielleicht habt ihr die Briefe
nie zu lesen bekommen. – So wird es wohl gewesen sein.“
    Ihr ältestes Kind schaute sie weiterhin unvermindert
durchdringend an, ohne etwas zu sagen. Es war schon seltsam mit seinen eigenen
Waffen angegriffen zu werden. Christina wurde unsicher. „Bitte hör’ mir jetzt
gut zu, Manuel! Ich werde dir jetzt alles erzählen. Jedes Wort wird wahr sein,
und ich werde nur dieses eine Mal mit dir darüber sprechen. Nur hier und
heute.“
    Sie konnte immer noch keine Gefühlsregung an ihm ausmachen.
Sein Blick war unnahbar und inhaltslos. Das hat er von mir, dachte Christina.
Sie räusperte sich einmal kurz und schaute sicher und entschlossen zurück. 
    „Als ich damals hierher kam, war ich ungefähr in deinem
Alter, ein bisschen jünger. Dein Vater und ich, wir verliebten uns sofort
ineinander. Wir heirateten, und bald gab es auch euch. Mein Leben verlief wie
im Märchen. Ich betete deinen Vater an. Er war für mich der schönste,
attraktivste und zärtlichste Mann der Welt.“
    Ja, es war kaum zu glauben, aber Ángel hatte unglaublich
zärtlich sein können! Christinas Blick wurde nun ein wenig samtiger. „Er war
euch ein wunderbarerer Vater. Wir arbeiteten zusammen im Hotel, und unsere
Freizeit verbrachten wir hauptsächlich mit euch. Ich war der glücklichste und
zufriedenste Mensch der Welt. Alles war einfach perfekt.“
    Manuel schaute auf seinen Schreibtisch und spielte mit einer
Büroklammer herum.
    „Leider blieb das nicht so. Es änderte sich alles, als deine
Schwester ungefähr zwei Jahre alt war. Dein Vater wurde damals in den Stadtrat
gewählt, und von einem Tag auf den anderen verhielt er sich mir gegenüber ganz
anders. Wenn wir alleine waren, war er eiskalt zu mir. Kein Lächeln, kein
freundliches Wort, ohne Grund,... einfach so. Ich rätselte hin und her und
versuchte mit ihm zu reden. Es hatte keinen Sinn. Er sagte nichts. Anfangs
glaubte ich, er hätte vielleicht eine Andere. Ich wusste die Situation
überhaupt nicht einzuschätzen. Waren wir in Gesellschaft, benahm er sich wie
immer.“ Christina schluckte einmal kräftig. Mit ihrem Kind über ihr Sexualleben
zu sprechen, wäre für sie unter anderen Umständen absolut tabu gewesen. „Wenn
er ein Verhältnis zu einer anderen Frau gehabt hätte, hätte er doch kein
Interesse mehr an Sex mit mir gehabt. Er hatte aber durchaus Interesse. Wenn
wir miteinander schliefen, war er rücksichtslos und tat mir weh. Ich weinte
sehr oft. Nicht immer nur wegen der Schmerzen, nein! Es war auch die bittere
Enttäuschung. Ich wollte ganz einfach nur wissen, warum? Er meinte, es würde
unserer Beziehung einen notwendigen Impuls geben. Aber ich brauchte diesen Kick
ganz und gar nicht. Eines Tages verweigerte ich mich ihm. Ich konnte das nicht
mehr mitmachen. Er verließ wortlos die Wohnung, kam irgendwann gegen Morgen
ziemlich betrunken zurück. In dieser
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